Der Hochwasserschutz Hirschaid für den Gemeindeteil Regnitzau war bereits 1980 Thema. Damals stand die Ansiedlung eines BMW-Zweigwerks zur Diskussion. Nachdem die Ansiedlung nicht zur Realisierung kam, wurden auch die Hochwasserschutzplanungen zurückgestellt. Ein Grundschutz für ein etwa 20-jährliches Hochwasser bestand. Nach größeren Hochwässern in den 1990er Jahren, die ohne Überflutungsschäden gerade noch bewältigt wurden, hat man konkrete Planungen vorangetrieben.

Beim jüngsten größeren Hochwasserereignis kurz vor Baubeginn am 9. Januar 2011 stand das Hochwasser bereits an der Uferstraße an. Hierbei handelte es sich um ein etwa 20- bis 30-jährliches Hochwasserereignis.
Die Genehmigungsplanung für die Maßnahmen erstellte das Wasserwirtschaftsamt Kronach. Nach dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses war für die weiteren Planungsleistungen aufgrund des Kostenvolumens der Hochwasserschutzmaßnahme eine europaweite Ausschreibung erforderlich. Das vom Wasserwirtschaftsamt Kronach selbst durchgeführte VOF-Verfahren gewann eine Planungsgemeinschaft, bestehend aus drei Planungsbüros. Auch die Bauleistungen wurden anschließend komplett europaweit ausgeschrieben.
Vor Baubeginn ließ das Wasserwirtschaftsamt Kronach ein Beweissicherungsverfahren der Gebäude in unmittelbarer Nähe der Baumaßnahme durchführen. Die Bauarbeiten der Gesamtmaßnahme wurden in fünf Hauptbauabschnitten unterteilt: Schöpfwerke, Sammelkanal, Uferstraße (Bauabschnitt 1); Technische Ausrüstung (Bauabschnitt 2); Hochwasserschutzmauer, Hochwasserschutzdeich, Rohrleitungs- und Wegebau (Bauabschnitt 3); Gestaltungsarbeiten, Nebengebäude, Landschaftsgärtnerische Arbeiten (Bauabschnitt 4) sowie Altlastenentsorgung (Bauabschnitt 5).
Im Zuge der Maßnahmen ließ das Wasserwirtschaftsamt Hochwasserschutzdeiche mit rund 1,2 Kilometern Länge errichten. Weiterhin wurden etwa 630 Meter Hochwasserschutzmauern, zwei Schöpfwerke und rund 2,7 Kilometer Rohrleitungen hergestellt. Zudem baute man ein binnenseitiges Rückhaltebecken mit rund 11 000 Kubikmetern Volumen und führte einen Retentionsraumausgleich in einer Größenordnung von rund 35 000 Kubikmetern durch. Hierfür wurden etwa 45 000 Kubikmeter Erdreich bewegt, rund 11 000 Quadratmeter Spundwand eingebracht, 760 Kubikmeter Beton und 140 Tonnen Stahl verbaut.
29 Hektar Siedlungsfläche vor Hochwasser geschützt
Durch mehrere Informationsveranstaltungen beginnend vor Baubeginn, einem Baustellenfest mit Führungen und einem öffentlichkeitswirksamen Pumpentest informierte das Wasserwirtschaftsamt in enger Absprache mit dem Markt Hirschaid stets umfassend die Bevölkerung über die anstehenden, laufenden und bereits abgeschlossenen Arbeiten. Zudem waren der Projektverantwortliche des Wasserwirtschaftsamts und sein Vertreter stets für Anliegen oder Fragen der Beteiligten sowie der

Anwohner zu erreichen. Die außergewöhnlich gute Kommunikation mit dem Partner Markt Hirschaid sowie mit den Betroffenen vor Ort ermöglichte einen reibungslosen Bauablauf in einer Rekordbauzeit von nur elf Monaten. Anschließend ließ das Wasserwirtschaftsamt Kronach in enger Abstimmung mit dem Markt Hirschaid noch die enorm in Mitleidenschaft gezogene Uferstraße mit entsprechenden Elementen nach dem heutigen Stand neu errichten.
Besonders nennenswert ist die technische Baubegleitung bei den schweren Erdbauarbeiten wie das Einbringen der Spundwände in den Untergrund, auf die nicht nur die Ufermauern gegründet wurden, sondern die auch die Funktion einer zusätzlichen Dichtungs- und Stützfunktion der Hochwasserschutzdeiche im Falle von Materialabspülungen im extremen Hochwasserfall übernehmen werden. In der Summe traten durch diese schweren Erdbauarbeiten nur äußert geringfügig Schäden an den Gebäuden auf, die vom Vorhabensträger übernommen wurden.
Die Ausführungsplanung, Bauoberleitung und örtliche Bauleitung erfolgte durch die ARGE Hirschaid bestehend aus aquasoli (Siegsdorf), m4 Ingenieure, vormals Dr. Linse (München) und Arnold Consult (Kissing). Verantwortlich für die Grundwassermodellierung war das Sachverständigeninstitut für Geotechnik (Nürnberg), die Beweissicherung führte das Sachverständigenbüro Jürgen Müller (Walldorf) durch. Prüfsachverständiger war Oehmke + Herbert (Nürnberg).
Mit den Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Regnitz im Bereich des Hirschaider Gemeindeteils Regnitzau werden von nun an etwa 29 Hektar Siedlungsfläche vor Hochwasser geschützt. Das sind rund 250 Wohnhäuser und zehn gewerbliche Betriebe sowie soziale Einrichtungen mit einem Schadenspotential von etwa 20 Millionen Euro. Die technischen Hochwasserschutzmaßnahmen bieten dem Gemeindeteil Regnitzau einen Schutz gegen ein 100-jährliches Hochwasserereignis der Regnitz. In Bayern ist der Hochwasserschutz in dieser Größenordnung üblich. Ein Aufschlag wegen der zunehmenden Einflüsse durch den Klimawandel wurde berücksichtigt. Insbesondere Hochwasserschutzmauern und -deiche gewährleisten in der Regnitzau die ausreichenden Sicherheiten. Aber auch der Bau weiterer Bauwerke wie Deichverteidigungswege, -überfahrten, zwei Schöpfwerke, Deichsiel, Kanäle und ein Rückhaltebecken waren zum Hochwasserschutz notwendig. Zudem sind wasserwirtschaftliche und naturschutzfachliche Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt worden (Retentionsraumausgleich und die Neuschaffung von auwaldartigen Strukturen und Flachland-Mähwiesen).
Das Vorhaben wurde von der Europäischen Union kofinanziert. Die Gesamtkosten der Maßnahme beliefen sich auf rund acht Millionen Euro, blieben im geschätzten Rahmen und teilen sich der Freistaat, die Europäische Union und der Markt Hirschaid.
(Hans-Joachim Rost)
(Schöpfwerk an der Uferstraße und die Uferstraße - Fotos: Wasserwirtschaftsamt Kronach)
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