Bauen

Michael Kordon, 1. Vizepräsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. (Foto: Tobias Hase)

28.01.2025

„Sekundärbaustoffe müssen den umweltrelevanten Anforderungen genügen“

Ingenieurekammer-Bau-Kolumne zu Recycling im Straßenbau

Nach dem aktuellen Monitoring-Bericht der Kreislaufwirtschaft Bau sind im Jahr 2020 16,9 Millionen Tonnen Bauabfälle in Form von Straßenaufbruch angefallen. Hiervon wurden 92,9 Prozent recycelt, 3 Prozent wurden anderweitig wie im Deponiebau oder zur Verfüllung von Abgrabungen verwertet und 4,1 Prozent wurden auf Deponien beseitigt. Also alles gut im Straßenbau in Sachen Recycling? Es lohnt sich eine differenzierte Betrachtung der Thematik:

Beim achtstreifigen Ausbau der A99 zwischen den Anschlussstellen Aschheim-Ismaning und Kirchheim im Zuge der Ostumfahrung von München konnten der vollständige Erdbauaushub von rund 200 000 Kubikmeter in der Maßnahme wiederverwendet und sämtlicher Betonaufbruch aus hydraulisch gebundenen Tragschichten, Brückenabbrüchen und alten Fundamenten von in Summe rund 47 000 Tonnen Beton auf der Baustelle zu Ersatzbaustoffen aufbereitet und bei der Herstellung von Frostschutzschichten, von Banketten und für den Wegebau vollständig verwertet werden. Im Bereich Asphaltstraßenbau erfolgt die Wiederverwendung von Ausbauasphalt in Form von Asphaltgranulat bereits seit mehreren Jahrzehnten. Beim achtstreifigen Ausbau der A99 beträgt der Granulatanteil bei Betrachtung des gesamten Asphaltaufbaus bestehend aus einer mit 100 Prozent Asphaltgranulat hergestellten Asphaltfundationsschicht und der weiteren Asphaltbefestigung aus Asphalttrag-, Asphaltbinder- und einer offenporigen Asphaltdeckschicht rund 75 Prozent. Voraussetzung waren jedoch nicht unerhebliche Aufwendungen im Asphaltgranulatmanagement und bei der Qualitätssicherung. Zusammengefasst wurde bei dieser Baumaßnahme weder Erdaushub noch Betonaufbruch von der Baustelle entsorgt und mehr Asphaltgranulat (Alt-Asphalt) eingebaut als Asphaltfräsgut ausgebaut.

Im Asphaltstraßenbau wurden die Herausforderungen angenommen, gute Lösungen entwickelt und wie das Beispiel an der Autobahnbaustelle an der A99 zeigt, in der Praxis umgesetzt. Die Zukunft hält aber weitere Herausforderungen bereit, auf die wir als Ingenieure reagieren müssen: Es ist anzunehmen, dass sich die Wiederverwendung des Bitumens im Asphaltgranulat nach mehreren Erhaltungszyklen aufgrund der Alterungsprozesse des Bindemittels nicht endlos ohne chemische Verjüngungsmittel wiederholen lässt. Außerdem liegen aktuell noch keine Erfahrungswerte vor, wie sich die aufgrund des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ab 1. Januar 2027 erforderliche temperaturabgesenkte Herstellung von Asphaltschichten auf die zukünftig möglichen Asphaltgranulatquoten auswirken wird.

Neben bautechnischen Anforderungen müssen Sekundärbaustoffe auch den umweltrelevanten Anforderungen genügen. Seit dem Jahr 2023 regelt die Ersatzbaustoffverordnung bundeseinheitlich die Verwendung von Ersatzbaustoffen. Die Anwendung der teilweise komplexen Anforderungen und Regelungen ist in der Praxis durchaus fordernd, zum Teil wären praxisnähere und fachübergreifendere Regelungen wünschenswert. So ist beispielsweise die Festlegung der auf Basis des mit statistischen Methoden zu ermittelnden höchsten zu erwartenden Grundwasserstandes und der Art der Bodendeckschichten abhängigen zur Verwendung zulässigen Ersatzbaustoffklassen im Rahmen der Bauvorbereitung teilweise mit erheblichem Aufwand verbunden, beziehungsweise zum Teil auch gar nicht darstellbar. Auch die zielsichere Ermittlung der Ersatzbaustoffklasse vorhandener Bauteile erfordert einen erheblichen Aufwand bei kostenintensiven Beprobungen; zur möglichen Verwertung bei Verfüllungen beziehungsweise zur Entsorgung auf Deponien müssen die Stoffe zum Teil auch noch zusätzlich nach Länderregelungen beprobt werden. Allerdings bieten die Regelungen zur Güteüberwachungen hinsichtlich der umweltrelevanten Zustandsmerkmale sowohl Auftraggebern als auch Auftragnehmern Sicherheit.

Recyceltes Material möglichst einfach und effektiv als Baustoff wiederzuverwenden, sollte das Ziel aller Beteiligten sein.

 

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