Das Kreuz+Quer, das ehemalige Kirchengebäude am Bohlenplatz in Erlangen, hat in seiner Geschichte bereits mehrere Umorientierungen erfahren. Nach den jüngsten Baumaßnahmen präsentiert es sich nun als herausragender Veranstaltungsort in der Erlanger Innenstadt. Ursprünglich war das Gebäude eine der beiden reformierten Kirchen in Erlangen und ist mit der Geschichte der Stadt als Hugenottenstadt eng verknüpft.
Nach der Ansiedlung von Glaubensflüchtlingen aus Frankreich durch Markgraf Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth kam es in der neuen, barocken Planstadt Erlangen zunächst zur Errichtung der

französisch-reformierten Kirche am Hugenottenplatz (Grundsteinlegung 1686). Im Zuge des spanischen Erbfolgekriegs kamen dann deutschsprachig-reformierte Glaubensflüchtlinge aus der Pfalz und später auch aus der Schweiz nach Erlangen. Deshalb fanden ab 1693 in der Hugenottenkirche auch reformierte Gottesdienste in deutscher Sprache statt.
Die größere Zahl der Gläubigen, aber auch Streitigkeiten untereinander, führten schließlich zum Kirchenneubau am Bohlenplatz. Am 1. August 1734 wurde die nach dem Plan des markgräflichen Baumeisters Wenzel neuerrichtete deutsch-reformierte Kirche eingeweiht. Sie war eine geräumige, helle Hallenkirche mit über drei Seiten reichenden Emporen sowie einer Stuckdecke und entsprach dem Stil der Erlanger Markgrafenkirchen.
Bereits zu ihrer Einweihung erhielt die Kirche eine Orgel des bedeutenden Nürnberger Orgelbauers Johann Glis. Als sich 1921 die beiden reformierten Kirchengemeinden wieder zusammenschlossen, wurde der Kirchenbau an die Lutheraner verkauft. Diese kauften das nicht benötigte Gebäude, wie ein erhaltener Brief zeigt, aus Angst, sie könnte eine römisch-katholische Kirche werden. 1927 gab es Renovierungsmaßnahmen in der jetzt lutherischen Christuskirche.

Nach dem Krieg nutzen sie amerikanische Truppen zum Gottesdienst. Als die Neustädter Kirchengemeinde sich entschloss, die Kirche zum Gemeindehaus umzugestalten, kam es 1953 zu einem großen Umbau. Nach den Plänen des Architekten Hans Reissinger wurde eine Zwischendecke aus Stahlbeton eingezogen, die die ehemalige Kirche in zwei Ebenen teilte. Kanzel und Empore wurden beseitigt, die Orgel in die St. Markuskirche überführt. Im Obergeschoss entstand ein Saal mit einer neuen Empore an der Rückwand. Einige Fenster wurden dabei zugemauert. Im Untergeschoss entstanden Gemeinderäume. Als Verbindung der Ebenen diente das neue, großzügige, geschwungene Treppenhaus. Viele Jahrzehnte wurde das Gemeindehaus für Dekanatsveranstaltungen, aber auch als Gottesdienstraum, Proben- und Konzertsaal genutzt. Renovierungen im Innen und Außenbereich standen 1979, 1982 und 1998 an, veränderten den Charakter des Hauses aber nicht wesentlich.
2014 wurde das Gemeindehaus am Bohlenplatz von der Kirchengemeinde Erlangen-Neustadt an die Gesamtkirchengemeinde Erlangen übertragen. Das Architekturbüro Haid+Partner hatte bereits 2012 das Potenzial für einen größeren Umbau geprüft. Moderne Anforderungen für einen herausragenden Veranstaltungsort mit optimierten Räumlichkeiten waren mit der historischen Bausubstanz in Einklang zu bringen. Eine ursprünglich favorisierte Unterkellerung wurde aus finanziellen Überlegungen verworfen. Ein Glück, da neben den bereits bekannten Gruftanlagen beim Umbau noch weitere Grüfte unter der Kirche entdeckt wurden.
Großzügiges Foyer
Beim Umbau wurde besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass die Raumwirkung der ehemaligen Hallenkirche wieder deutlicher zu Geltung kommt. Dazu trägt die Errichtung eines großzügigen Foyers (mit Garderobe und Cateringbereich) im 1. Stock bei, das nur durch eine große Glaswand vom Saal

abgetrennt ist. Die Stuckdecke der ursprünglichen Kirche wirkt nun wieder als Ganzes. Die ursprünglichen Fenster der Kirche wurden wieder geöffnet. Schon auf der wieder hergestellten geschwungenen Treppenanlage kann die Dimension der Kirche neu wahrgenommen werden. Der anschließende große Katharinensaal ist ein Schmuckstück geworden. Neben der barocken Stuckdecke wurden die denkmalgeschützten Lüster der 1950er Jahre erhalten.
Der Katharinensaal, ausgestattet mit modernster Technik sowie Ausleuchtung und variabel bestuhlbar, strahlt eine große Klarheit aus. Historische Bauteile verschiedener Zeiten harmonieren mit modernen Elementen.
Im Erdgeschoss wurden mehrere flexibel nutzbare Räume unterschiedlicher Größe geschaffen, die nach den Reformatoren Martin Luther, Phillipp Melanchton, Jan Amos Comenius und Johannes Calvin benannt wurden. Eine Küche, Sanitäranlagen und ein Büroraum stehen zur Verfügung. Durch den Einbau eines Aufzugs ist das Haus barrierefrei.
Der großzügige Eingangsbereich mit Infopoint und Bistrofunktion empfängt die Besucher einladend. Schon nach kurzer Zeit hat sich das den Bohlenplatz prägende Haus, das nahe zu Klinik- und Universitätsgebäuden sowie dem Schlossgarten liegt, zu einem beliebten Veranstaltungsort entwickelt.
Das Gebäude dient weiter der Neustädter Kirchengemeinde als Gemeindehaus, ist aber auch für die Kirchengemeinden und Gremien des Evangelisch-Lutherischen Dekanats und Bildung-Evangelisch als Standort für Bildungsarbeit ein zentrales Haus. Die Räume werden daneben von der Stadtöffentlichkeit sowie Firmen und der Friedrich-Alexander-Universität genutzt und bieten Platz für Feste und Feiern. So ist ein Ort der Kirche in der Öffentlichkeit, mitten und für die Stadt entstanden, der evangelisch pointiert Kreuz+Quer steht. Der Leiter des Hauses, Hans-Jürgen Luibl, drückt es so aus: „Das Kreuz und Quer ist ein Spielraum des Evangeliums in der Zivilgesellschaft. Hier ist Kirche unter sich, aber sie bleibt nicht unter sich. Vielmehr werden Themen aufgegriffen, die kirchlich wichtig und für die Gesellschaft relevant sind“.
Der Umbau, der aus kirchlichen Mitteln finanziert wurde, bekam einen Zuschuss von der Bayerischen Landesstiftung und ist eine gute Investition in die Zukunft. In diesem Jahr war das runderneuerte Gebäude auch im Rahmen der Architektouren zu besichtigen.
(Christian Düfel)
(Der Eingangsbereich mit Treppe und das Foyer vor dem Katharinensaal - Fotos: Bernd Böhner / Der Katharinensaal - Foto: Ralph Dieter Bischoff)
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