Am 10. September 2024 sahen sie ihre neue Schule zum ersten Mal von innen. 1350 Schülerinnen und Schüler strömten in den Neubau des Staatlichen Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums an der Münchner Fideliostraße, der nach siebenjähriger Planungs- und Bauzeit fristgerecht zum Schuljahr 2024/25 fertiggestellt worden ist. Der Entwurf des markanten Ensembles im Bogenhausener Klimapark stammt von Hascher Jehle Architektur, für die Planung und Realisierung der umliegenden Grünanlagen, der Biodiversitätsdächer und der Fassadenbegrünung zeichnen ver.de Landschaftsarchitekten verantwortlich sowie köhler architekten + beratende ingenieure für die Ausführung.
Innen folgt der Schulneubau dem bewährten Raumprogramm des Münchner Lernhauskonzepts. Mit der Gliederung in insgesamt neun Lernhäuser als eigenständige, kleine Einheiten innerhalb der großen Schule, mit den flexiblen Raumgrößen und der Eignung für die Ganztagsbildung werden im Staatlichen Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium ideale Voraussetzungen für eine Pädagogik der Vielfalt, für offene Lern- und Unterrichtsformen und für vertiefte Beziehungen innerhalb der Lernhausfamilien geschaffen.
Das Schulgelände
ist frei zugänglich
Die äußere Form des Schulbaus nimmt die Formen und Materialien des umgebenden Klimaparks auf und verzahnt sich harmonisch mit den angrenzenden Frei- und Grünflächen. Es gibt vier organisch geformte Bauteile, drei davon liegen auf einem verbindenden Sockel auf, in dem die gemeinschaftlichen Funktionen Aula, Mensa und die Sporthalle untergebracht sind. Die sternförmige Anordnung der Nutzungen um den zentralen Eingangs- und Aulabereich ermöglicht kurze Wege und direkte Verbindungen zu allen Bereichen.
Für den möglichst flächenschonenden Umgang mit dem Klimapark haben die Planer nicht nur den Neubau vier- beziehungsweise fünfgeschossig entworfen, sondern den Allwetterplatz und einen Teil des Pausenhofs auf dem Dach des eingeschossigen Sockels untergebracht. Insgesamt sind so 14 500 Quadratmeter Nutzfläche auf einer Bruttogrundfläche von 23 900 Quadratmetern entstanden.
Mit dem Bau gelingt der Landeshauptstadt München ein großer Wurf in Hinblick auf klimafreundliches Bauen, moderne Pädagogik und der Öffnung der Schule ins Quartier. Besonders die begrünte Freitreppe, die vom Schulhof auf dem Dach des Sockelgebäudes zu den Sportaußenanlagen führt, ist als Treff- und Begegnungsort für das ganze Quartier konzipiert. Das Schulgelände ist frei zugänglich, eine Einzäunung ist nicht vorgesehen. Man vertraut hier der Sorgfalt und Wertschätzung der Nutzerinnen und Nutzer im Umgang mit dem Schulgelände.
Der Gebäudekomplex ist in Ortbeton-Massivbauweise geplant. Trotzdem überwiegen natürliche Baustoffe im gesamten Gebäude. Die markanten Streben in der äußeren Fassadengestaltung bestehen aus Lärchenholz, die Fassadenhaut aus Rauspundfichtenbrettern, die im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss im kräftigen Rotton gehalten sind. Auch die Fußböden sind mit Naturmaterialien ausgestaltet.
Für die Bühne im Eingangsbereich wird dunkles Hartholzparkett genutzt. Das Parkett bildet einen farblichen Kontrast zum Terrazzoboden der Mensa, dem ein auffälliger Anteil dunkelroter Gesteinselemente beigemengt ist – eine bewusste Anspielung auf die mit Lehmbau und Ziegelbrennerei eng verbundene Geschichte des Münchner Ostens. In den Klassenzimmern und Verwaltungsräumen liegt mit Linoleum ein weiterer ökologischer Bodenbelag.
Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und eine im Ballfangzaun integrierte Anlage generieren Strom. Für natürliche Verschattung und Kühlung sorgt im Erdgeschoss eine Fassadenbegrünung mit etwa 5 Meter hohen Rankpflanzen vor den Räumen. Zusätzlich verfügen die Klassenzimmer über einen außenliegenden textilen Sonnenschutz. Die Klassenräume sind mit Öffnungsflügeln versehen, die zur Nachtauskühlung geöffnet werden können und mit horizontalen Holzlamellen geschützt sind. Natürlich ist auch die Belüftung organisiert. Sie funktioniert in fast allen Räumen über Unterdruck.
Auch Kunst am Bau gibt es bei dem Neubau. 62 Bäume mussten gefällt werden – dafür wurden 76 neue angepflanzt und vier im Park umgesetzt. Einige der gefällten Bäume leben als Kunstobjekte im Schulhaus fort. Ihre Äste dienen als Aufhängung eines großen „Schwarms“ von geschnitzten Tierfiguren, die die Stuttgarter Künstlerin Gabriele Oberkofler Darstellungen auf historischen Biologieschautafeln nachempfunden hat und die in der Aula montiert sind.
Intensiver
Bürgerdialog
Der intensive Bürgerdialog rund um den Neubau zahlt darauf positiv ein. Insgesamt fünf Runde Tische hat das Baureferat organisiert, um die Anwohnerinnen und Anwohner sowie die Vertreter des Stadtbezirks bei Planung und Bau einzubeziehen, der letzte fand im März 2024 statt. Sogar die Entscheidung für die Gebäudeform überließ man der Bürgerabstimmung.
Das Staatliche Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium München (WHG) liegt im Herzen des Stadtteils Bogenhausen. Gegründet wurde die Schule im Jahr 1970 und benannt nach dem Diplomaten, Kunsthistoriker und Journalisten Wilhelm Hausenstein. Auf dem Weg zum bayerischen Abitur ermöglicht das Gymnasium seinen Schülerinnen und Schülern eine fundierte naturwissenschaftlich-technologische oder neusprachliche Ausbildung.
„Der Neubau des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums ist ein weiterer Höhepunkt unserer Bildungsbauoffensive und gleichzeitig beeindruckende und vor allem auch flächenschonende Architektur“, sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). „Bis heute hat die Landeshauptstadt München fünf Schulbauprogramme aufgelegt. Das sechste wird derzeit vorbereitet.“ Das Gesamtvolumen dahinter: über 9 Milliarden Euro. „Das ist schon eine Hausnummer. Mehr Geld investiert keine andere Kommune in Deutschland in ihren Bildungsbau, da ist München absolut führend“, so das Stadtoberhaupt.
Und Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer ergänzt: „Mit Biodiversitätsdächern, Photovoltaik im Ballfangzaun und Fassadenbegrünung setzt dieses Projekt nicht nur neue Maßstäbe im klimafreundlichen Schulbau, sondern zeigt auch, wie Bürgerbeteiligung gelingen kann.“ (BSZ)
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