Bauen

Warnemündes Wahrzeichen, der Teepott und der Leuchtturm. (Foto: Wiegand)

25.02.2016

Vom Fischerhäuschen zur Bettenburg

Warnemünde - Seebad mit echt maritimer Architektur

Die Bauten zeigen es – Warnemünde ist kein Seebad mit „Fließband-Architektur“, sondern ein Ort mit langer und weitgehend bewahrter Geschichte. Schon 1195 wurde das ursprüngliche Fischerdorf erstmals urkundlich erwähnt und 1323 von der Hansestadt Rostock gekauft. Was an historischen Bauten erhalten ist, entstand jedoch nach der zerstörerischen Sturmflut von 1625 und zeigt, dass viele Warnemünder bescheiden lebten. Erst im 20. Jahrhundert, beim Aufblühen des Badebetriebs, entfaltete sich der Wohlstand, wie die Strandvillen an der zwei Kilometer langen Promenade erkennen lassen. Nun boomt Warnemünde erneut, zumindest im Sommer. Besonderen Charme besitzen die ehemaligen Kapitäns- und Fischerhäuser mit ihren spitzen oder gerundeten Giebeln. Manche als Fachwerkbauten, die meisten verputzt. Weiß leuchtende Fassaden, einige mit maritimem Blau akzentuiert, stehlen den dezent farbigen die Schau. Die Kapitäne bauten ihre Domizile in der ersten Reihe (plattdeutsch „vörreeg“), insbesondere am Alten Strom. Die Fischer mussten sich mit der zweiten Reihe („achterreeg“) begnügen. Der Gang durch den sanierten Ortskern wird dadurch zu einer Entdeckungstour. Kleine Perlen, einige von 1760, reihen sich in der Alexandrinenstraße. Um das historische Flair zu bewahren, haben die Eigner die Hofbauten in Ferienwohnungen verwandelt. Ungewöhnlich groß im Vergleich zu den Fischerhäuschen erscheint die Vogtei von 1605, das älteste, noch erhaltene Haus Warnemündes. Das bei der Restaurierung entdeckte, auf großen Granitsteinen basierende Fundament wurde schon um 1300 gelegt. Noch weiter zurück reicht die Geschichte der 1871 erbauten neogotischen Kirche als Nachfolgerin der zu klein gewordenen Fischerkirche von 1220. Deren Kostbarkeiten, der Schnitzaltar von 1475 aus Danzig und der 3,72 Meter hohe Christophorus aus jener Zeit, schmücken auch das jetzige Gotteshaus. Im Gegensatz zum ruhigen Kirchplatz hat sich der 1423 ausgebaggerte Alte Strom zu einer quicklebendigen, farbenfrohen Flaniermeile rund ums Wasserleben entwickelt. Die früheren Kapitäns- und Fischerhäuser an beiden Seiten beherbergen nun Hotels und Restaurants mit Ostsee-Ambiente.
Warnemündes Wahrzeichen ist jedoch der 1967 von Bauingenieur Ulrich Müther errichtete Teepott mit seiner geschwungenen, hyperbolischen Dachkonstruktion. Müther, ein Experte der Hyperschalenarchitektur, hat rund 50 Bauten dieser Art im In- und Ausland realisiert. Wie ein großer Bruder bewacht der 31 Meter hohe Leuchtturm von 1898 dieses im Juli 2002 wieder eröffnete Juwel der Moderne. Neues Bauen war aber schon Anfang des 20. Jahrhunderts ein Thema, wie zum Beispiel das 1928 eröffnete Kurhaus, geplant von Gustav Wilhelm Berringer. Von dessen klaren geometrischen Formen distanzierte sich jedoch der Rostocker Architekt Achim Mansfeld und setzte 1998 bei der Instandsetzung ein wellenförmiges Dach auf das strenge Gebäude. Eine eigene zeitgemäße Lösung fanden die Architekten von Flumdesign Hamburg für das Projekt Hohe Düne jenseits der Warnow, das 2005 mitsamt dem neuen Yachthafen eröffnet wurde. Während die langen Apartmentzeilen trotz Fassadenauflockerung etwas eintönig wirken, überrascht das Kongresszentrum. Der gestreckte Bau mit dem gerundeten Eingangsbereich verschmälert sich schließlich zu einem kantigen Schiffsbug. Alle diese mäßig hohen Bauten bilden einen Kontrast zum 1971 eröffneten DDR-Nobelhotel Neptun, einem 18-stöckigen ortsfremden Betonklotz zwischen Promenade und Altem Strom. Der Clou der DHBT-Architekten: Alle Zimmer des heutigen 5-Sterne-Hotels haben zumindest eingeschränkten Seeblick.

Großartiger gotischer Backsteinbau


Beim benachbarten, 2013 eröffneten, a-ja Resort ist das dem Berliner Architekturbüro Seeger Müller durch eine leichte Schrägstellung des Baus noch besser gelungen. Aus allen 233 Zimmern und Suiten geht der Blick entweder Richtung Leuchtturm oder den Strand entlang. Mit seinen zwei Staffelgeschossen, vorragenden Dächern und versetzten Bändern wirkt es gefälliger als das Neptun.
Echte Bewunderung verdient vor allem das nahe gelegene Doberaner Münster. Der großartige gotische Backsteinbau, geweiht 1232, steht schon seit 2013 auf der Vorschlagsliste für das UNESCO-Welterbe, insbesondere wegen seiner einzigartigen hochgotischen Innen-Ausstattung. Innen ist noch alles authentisch. Das 15 Meter hohe Triumphkreuz mit dem kupfergrünen Blattwerk ebenso wie der güldene, exquisit gearbeitete Hochaltar, geschnitzt um 1300. Der gilt als der wohl älteste Flügelaltar der Kunstgeschichte. (Ursula Wiegand) (Alte Häuschen; das Neptun und das a-ja-Resort; das Kongresszentrum Hohe Düne - Fotos: Wiegand)

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