Bauen

Der Neubau des Kurhauses Bad Alexandersbad. (Foto: Constantin Meyer)

11.05.2018

Weite und Geborgenheit

Bad Alexandersbad hat ein neues Kurhaus erhalten

In dem Augenblick aber, wo sie den Stich empfand, fiel Dornröschen auf das Bett nieder und lag in einem tiefen Schlaf. Und dieser Schlaf verbreitete sich über das ganze Schloss …“ Ein bisschen erinnert das Märchen von der wunderschönen, schlafenden Prinzessin auch an Bad Alexandersbad, einen kleinen traditionsreichen Kurort mit etwa 1000 Einwohnern im Fichtelgebirge, schreibt das mit der Planung des neuen Kurhauses beauftragte Würzburger Architekturbüro Brückner & Brückner Architekten. Die Kur gibt es bereits seit der Antike und in Bad Alexandersbad, einem Moor- und Mineralheilbad, wurde 1734 eine Heilquelle entdeckt. Schon der europäische Hochadel vergangener Jahrhunderte kurierte hier seine Leiden. Eine zweite Blüte erlebte das oberfränkische Kurbad in den 1970er- Jahren. Die große Welt kam ins kleine Alexandersbad. Das neue Kur- und Sporthotel brachte Kurgäste, aber auch Prominente ins Fichtelgebirge. 2008 stand die Gemeinde mit Bürgermeister Peter Berek vor der richtungsweisenden Entscheidung, entweder das Heilbad aufzugeben oder in die Offensive zu gehen.

Die Chancen und Möglichkeiten dieses einmaligen Ortes wurden wiedererkannt. Bad Alexandersbad startet in den größten zusammenhängenden Entwicklungsprozess seiner Geschichte, betont das Architekturbüro. Am Anfang jeder Bauaufgabe begaben sich die Planer auf Spurensuche und fragten, was will an diesem Ort sein? Bad Alexandersbad gab viele Antworten. Seine Qualitäten und seine Authentizität. Der kleinste Kurort Bayerns liegt mitten im Fichtelgebirge, einer einmaligen Landschaft mit weiten Wäldern, Felsenmeeren, den durch Wollsackverwitterung typisch geformten Granitfelsen, Weihern und Bächen, Mooren und Sümpfen. Weiter Horizont, Weitblick und echte Perspektive. Mineral- und Moorheilbäder sind eine Spezialität von Bad Alexandersbad, ergänzt durch weitere natürliche, wissenschaftlich anerkannte und bewährte heilende Schätze der Natur zu Therapiezwecken und eine hohe Kompetenz in moderner Präventionsmedizin. Dieses Potenzial zu nutzen, war die Chance und Herausforderung für Brückner & Brückner Architekten. Die innere und die architektonische Erneuerung mussten Hand in Hand gehen: Kraft tanken in Natur und Architektur. so lautet das Konzept. Aufgabe des Planungsbüros war es, „etwas Unverwechselbares zu schaffen, das nur an diesem Ort, nur in Bad Alexandersbad stehen kann“, betont das Architekturbüro. Auf der Suche nach der richtigen Position des neuen Fußabdrucks analysierten die Planer den Ort, zogen die städtebaulichen Linien weiter und setzten so den neuen Baustein präzise wie eine barocke Intarsie, mit dem Alten verwoben. Das Entstandene fügt sich ganz selbstverständlich ein, als wäre es schon immer da gewesen, heißt es in der Baubeschreibung der Planer. „Ein Dreiklang aus Schloss, altem Kurhaus und neuem Kurhaus. Neue Plätze entstehen.“ Die architektonische Antwort von Brückner & Brückner: „Wir setzen ein Haus, das an einen wollsackverwitterten Granitfelsen erinnert, in den Kurpark, verwachsen mit der Erde. Mehr eine Addition einzelner, steinerner Skulpturen als ein Haus, bildhauerisch gearbeitet. Die neue Schicht findet ihren Halt in der Vergangenheit, ist aber im Heute angekommen und für das Morgen gewappnet. Etwas wirklich Neues.“ Die Fassade des neuen Kurhauses nimmt dieses Bild auf, die mineralisch funkelnde Tiefe – der mit Granitsteinchen versetzte, grobe Putz reflektiert die Sonne. Die gläsernen Fugen spiegeln den Himmel und symbolisieren das Wasser. „Das Innere lässt sich erahnen und tritt gläsern in den Dialog mit den Menschen und dem Ort – schafft Neugierde. Die gläserne Mitte verbindet das Alte mit dem Neuen und empfängt die Besucher. Es ist ein Ort dazwischen, zwischen den Häusern, zwischen den Jahrhunderten, zwischen außen und innen“, erklären die Architekten. Man betritt diesen Ort, um sich zu informieren, sich für seine Anwendungen anzumelden, das Bad zu besuchen oder einfach, um zu verweilen. Das Herzstück, der historische Heilwasserbrunnen. Am Abend vielleicht ein Treffpunkt für ein kleines Konzert. Ein Ort der Kommunikation, der Begegnung, aber auch der Orientierung – ein Ort, der alle Bereiche und Funktionen verbindet. Brückner & Brückner holen das Fichtelgebirge auch ins Haus, lassen sich inspirieren. Es gibt Ruheräume, Bewegungsräume, Therapieräume, Wasserräume, Schwitzräume – Sinnesräume. Sie sind wie Höhlen, Wälder, Felsen, Moore oder Gewässer, schaffen Ruhe, Geborgenheit, Entspannung – bieten Rückzug. Die Planer nennen sie, wie sie sich anfühlen – nach lokalen Fluren oder Mooren. Fuchsbau. Bienerswiese. Doktorswiese. Schwarzes Moos. Im Erdgeschoss des neuen Kurhauses riecht und sieht man das erdige Moor, fühlt Holz und Stein. Das architektonische Konzept setzt sich im Inneren fort. Fuge und Stein. Hell und dunkel. Weite und Geborgenheit. Im ersten Obergeschoss des Kurbads befinden sich drei Schwimm- und Therapiebecken – innen und außen –, ein Gefühl wie im Freien. Man blickt am Tag in die grüne, umgebende Landschaft des Fichtelgebirges und am Abend in den Sternenhimmel. Loslassen. Abtauchen. „Den Sorgen entkommen. Das Bad, keine große Halle, sondern Einblicke, Ausblicke und Durchblicke wie in einem Felsenlabyrinth. Verborgene, steinerne Höhlen. Räume, die neugierig machen, einladen, sie zu entdecken. Sie stiften Beziehungen und erzeugen Gefühle. Es gibt Enge und Weite. Die Blicke wandern und finden Halt. Trotzdem strahlt der Raum Ruhe aus, jede Linie ist an ihrem Platz, jede Höhe hat ihren Sinn. Der Raum spielt mit Farbe, Licht, Schatten und den Jahreszeiten. Zwischenräume. Natürliches, echtes Licht. Gerahmte Blicke in die Landschaft, aus den Becken, von der Dachterrasse oder den Ruheliegen. Freiraum“, liest man in der Baubeschreibung.

Im Dialog mit der Natur

Und weiter: „Dazwischen immer wieder Bereiche der Ruhe. Bühnen für die Therapeuten. Von der Weite zurück in die Geborgenheit. Je nach Gefühl. Daneben die Möglichkeit, einzutauchen wie ins Erdreich. Sauna. Sanarium. Dampfbad. Darüber die untergehende Sonne – Urquelle des Lichts, Symbol für Vitalität und Lebensfreude – ein magischer Raum. In den Achsen Eisbrunnen und echtes, loderndes Feuer im Ruheraum.“ Der Neubau – ein gebautes Stück Fichtelgebirge – tritt in Dialog mit der Natur nicht nur über Ein- und Ausblicke, sondern auch über die verwendeten Materialien – „ein sinnliches Konzert der Elemente“, so die Planer. Dargestellt von regionalen, traditionellen Materialien. Naturanalogien wie Wald, Wasser, Steinfelsen und Moor. Granit, Holz und Glas. Himmel und Erde. Innen wie außen. Die Materialien sind wertig und nachhaltig. „Sie können vor dem Morgen bestehen. Material und Oberflächen sind die Worte. Licht und Schatten ihre Melodie. Das Haus ist Kraft und Ruhe. Das Haus ist mit der Landschaft. Kraft tanken in außergewöhnlicher Natur und Architektur.“ Die Erneuerung des kleinen Heilbads von innen und außen trägt erste Früchte. „Ein schlafendes Bad Alexandersbad“, so Brückner & Brückner, „das war einmal … vor langer, langer Zeit. Ein neues Kapitel des Märchens beginnt … Dornröschen wurde wachgeküsst.“ (FHH) (Die verwendeten Materialien sind wertig und nachhaltig. Kraft tanken in Natur und Architektur, so lautet das Konzept - Fotos: Constantin Meyer; die Treppe im Neubau - Foto: MJU-Fotografie, Marie Luisa Jünger)

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