Bauen

Die Burg Veldenstein. (Foto: Ralf Lange)

25.09.2020

Wie eine offene Operation am Patienten

Baustelle Burg Veldenstein in Neuhaus an der Pegnitz

Als im Mai 2013 rund 300 Tonnen Steine und Geröll in Neuhaus an der Pegnitz vom Steilhang der Burg Veldenstein auf die Plecher Straße stürzten, war jedem klar: Jetzt muss gehandelt werden. Schließlich ging es um die Verkehrssicherheit und die damit verbundene Substanzsicherung der Burg in der mittelfränkischen Marktgemeinde. Die Ursachen für den Felssturz waren vielfältig. Nicht nur Regenwasser und der Jahrhunderte alte Kalkstein am Hang setzten der 1269 erstmals urkundlich erwähnten Burg mächtig zu, sondern auch die Stilllegung des Hotel- und Gaststättenbetriebs 2012 im Hauptgebäude der denkmalgeschützten Anlage, dem sogenannten Herrenhaus.

Viel hat die Burg in ihrer bisher fast tausendjährigen Geschichte erlebt, lange Zeit im Mittelalter fürstbischöfliche Burg, im Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) von den Schweden besetzt, dann die Säkularisation und die Preußen, bis die ersten privaten Burgbesitzer kamen. Zwei Namen haben besondere Spuren hinterlassen: Hermann Göring und Hermann von Epenstein, letzterer königlich preußischer Stabsarzt – deutsch-österreichischer Abstammung und Onkel sowie Taufpate von Hermann Göring, dem zweiten Mann im Dritten Reich.

Mit Epensteins Tod 1934 vermachte seine Witwe Elisabeth 1938 Veldenstein an Göring, der unter anderem hier aufgewachsen war und in Neuhaus zeitweise die Schule besuchte. Noch heute sind Spuren eines bombensicheren Bunkers, der in den Kriegsjahren 1942 unterhalb des Herrenhauses errichtet wurde, zu erkennen.

Mit der deutschen Kapitulation übernahm die US-Army 1945 die Burg als Hauptquartier im Ort, bevor der Freistaat fünf Jahre darauf die Anlage erwarb und Teile davon zu Beginn der 1970er-Jahre an die ortsansässige Brauerei Kaiser-Bräu verpachtete. Mit dem Erwerb durch den Freistaat war die Burg für die Öffentlichkeit zugänglich. Eine Falknerei veranstaltete schon Ende der 1960er-Jahre Vorführungen und ab 2002 fand zwischen dem Bergfried, zu dessen Füßen die Kernburg liegt, die nach Süden und Westen durch zwei Zwinger und nach Norden durch tiefe Steilwände flankiert ist, das jährliche Burgfestival statt.

Das Konzept ist nicht schlüssig

Der erwünschte Tourismusbetrieb – Neuhaus gehört zum Verkehrsverbund Nürnberg (VGN) – blieb nicht aus und ein Neuhauser Gastronom schloss als Betreiber des Hotel- und Gaststättenbetriebs im Herrenhaus mit der Kaiser-Bräu einen Pachtvertrag. Allerdings lief der Vertrag mit dem Land 2012 aus und wurde nicht verlängert. Diese Tatsache traf nicht nur die Burg wie ein Blitzschlag – der erstmals 1708 den als Pulverturm dienenden südlichen Wehrturm zerstörte – sondern auch die Betreiber der Anlage.

Die Brauerei wies die vom Freistaat geforderte Pachterhöhung als Grund des Scheiterns entschieden zurück. „Nein, nicht die Pachterhöhung war der Grund, sondern wir konnten uns nicht einigen“, erklärt Brauereigeschäftsführer Josef Laus. Er vermisst in den substanzerhaltenden Maßnahmen des Freistaats – die in zwei Phasen durchgeführt werden sollen – nach seinen Worten ein konkretes Konzept: „Das Dach ist weg. Damit existiert im Herrenhaus kein zweites Stockwerk mehr. Die Grundlage für einen funktionierenden Hotelbetrieb fehlt jetzt.“

Johannes Kick vom zuständigen Staatlichen Bauamt Nürnberg-Erlangen erklärt: „Auch die Dachsanierung sowie die Arbeiten in der zweiten Etage sind nicht nur aus baurechtlichen Gründen notwendig geworden.“ Kick verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Aufgabe der Baubehörde in der Generalsanierung der Anlage besteht und nicht in der Suche nach einem neuen Pächter.

Um die Burg vor dem Verfall zu retten, hat der Freistaat gegenwärtig 7,6 Millionen Euro investiert. Nicht nur das marode Mauerwerk wurde hergerichtet: Zimmermannsarbeiten, Freilegung der Balken, Elektroinstallationen, Maurer- und Tiefbauarbeiten – „die gesamte Maßnahme gleicht einer offenen Operation am Patienten Burg“, so Kick. Eine besondere Herausforderung war die Entwässerung des Geländes. Um unter anderem nicht nur einen neuen Felssturz zu verhindern, wurde im Innenteil der Burg ein unterirdisches Leitungssystem installiert, mit einem Rückhaltebecken und einem 200 Kubikmeter fassenden Wassertank. Kick: „Das gesammelte Wasser steht nicht nur der Feuerwehr für Löscharbeiten zur Verfügung, sondern wird bei Bedarf durch ein aufwendiges Rückhaltesystem in die Pegnitz geleitet.“

Der Jugendherbergsplan ist vom Tisch

Eine gegenwärtig laufende Ausschreibung soll Klarheit für die zukünftige Nutzung der Burg bringen. Für Bürgermeister Josef Springer (CSU) steht fest, dass die Burg auch durch den bisher noch nicht gefundenen Pächter der Öffentlichkeit zugänglich bleiben wird. Der Rathauschef bezieht sich dabei ebenfalls auf die „gute Zusammenarbeit“ mit dem Freistaat. Springer: „Ich habe an allen Sitzungen teilgenommen .“ Demnach gibt es Verhandlungen über die Zukunft der Burg – konkrete Ergebnisse stehen jedoch noch aus.

2017 stellte der damalige Heimatminister Markus Söder (CSU) Pläne vor, die Burg künftig als Jugendherberge zu nutzen. Springer ergänzte auch die Möglichkeit einer Bewirtschaftung als Jugend- und Familienhotel. Die Kreistagsfraktion der Grünen im Nürnberger Land bezeichneten das Projekt damals „als unsinnig“ und hielten nichts von einem Beherbergungsbetrieb für Jugendliche.

Klare Antworten kommen auf Anfrage vom Verbandssprecher des deutschen Jugendherbergswerks (DJH), Marko Junghänel: „Das ist für uns kein Thema mehr. Wir haben damit nichts mehr zu tun.“ Das DJH sieht nach Junghänels Worten weder das Potenzial noch den gewünschten Ertrag im Betrieb einer Jugendherberge.

Die ersten neuen Bewohner sind im März dieses Jahres kurzfristig eingezogen. Falken, im Turm mit ihren Jungtieren. Ob es auch die letzten sein werden, ist eng mit dem Ergebnis der laufenden Ausschreibung, die durch die Regionalvertretung der „Immobilien Bayern Mittelfranken“ geführt wird, verbunden. Deren Leiter Oliver März: „Die Burg wird nicht leer stehen, es gibt Nutzeranfragen, die Verhandlungen laufen.“ März weiter: „Auch der öffentliche Zugang wird auf jeden Fall für die Außenanlagen möglich sein.“ (Ralf Lange)

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