Beruf & Karriere

Die Verbreitung des Internets hat Bürokommunikation grundlegend verändert – lange Texte werden heute kaum noch toleriert. (Foto: dpa)

03.03.2017

"Veraltete Bürosprache wirkt unsympathisch"

Kurz, klar und strukturiert: Warum es für Bewerber und Unternehmen immer wichtiger wird, sich durch gute Kommunikation abzuheben

BSZ: Herr Freund, was bringt es Unternehmen, ihre Mitarbeiter zu Kommunikationstrainings zu schicken?
Uwe Freund: Gute Kommunikation ist heute eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale auf dem Arbeitsmarkt und in Unternehmen. Wer gut kommunizieren kann, wird besser wahrgenommen und akzeptiert. Und er ist erfolgreicher im Kontakt mit Kunden, Partnern, Kollegen und Vorgesetzten. Ein Aufstieg in Unternehmen ist ohne gezielte Kommunikation nicht möglich. Deshalb fragen auch Bewerber immer öfter schon im Bewerbungsgespräch nach Bildungsangeboten gerade für Kommunikation.

BSZ: Seminare kosten Geld. Wie rechnet sich die Investition für Firmen?

Freund: Auf jeden Fall – und das schon in alltäglichen Situationen. Wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel im Kontakt mit Kunden undiplomatisch oder ungeschickt formuliert, kann das einen lange Kette von E-Mails nach sich ziehen. Das ist Zeit und Aufwand, der ein Unternehmen Geld kostet. Bei einem Finanzdienstleister wurden Schreiben an alle Kunden verschickt, die einen unklar formulierten Absatz enthielten. In den nächsten Tagen riefen mehr als 50 Kunden an und fragten nach. Ein immenser Aufwand, der leicht vermieden werden kann.

BSZ: Welche Formulierungen in Briefen oder E-Mails weisen denn gleich darauf hin, dass der Schreiber ein Kommunikationstraining braucht? Und wer legt überhaupt fest, was heute richtig oder falsch ist?
Freund: Alle großen Unternehmen wollen zielgerichtet kommunizieren. Deshalb gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Studien zur Lesbarkeit von Texten sowie von Erkenntnissen aus dem Marketing von Unternehmen. Im Kundenkontakt ist es natürlich besonders wichtig und recht leicht zu ermitteln, welche Formulierungen besser oder schlechter wirken. Und hier zeigt sich: Formelles, Verschachteltes und Bürosprache der 1950er bis 1990er Jahre wirken heute einfach unsympathisch. Schreiben mit falschen Formulierungen wie „anliegend erhalten Sie“, mit unterwürfigen wie „Für Rückfragen stehen wir Ihnen zur Verfügung“ oder mit unsinnigen wie „wir verbleiben“ wirken heute nicht mehr zeitgemäß.

BSZ: Und – was schreibt man stattdessen?
Freund: Das Schreiben orientiert sich heute sehr stark am Sprechen. Und im täglichen gehobenen Sprechen werden wir nie Begriffe wie „anliegend“ oder „anbei“ verwenden, sondern: „Mit dieser E-Mail erhalten Sie ...“. Am Ende des Gesprächs sagen wir wahrscheinlich: „Wenn Sie noch Fragen haben, rufen Sie mich bitte einfach an.“

BSZ: Wie gelingt ein guter Einstieg und ein modernes Schreiben?

Freund: Schreiben Sie kurz, klar strukturiert und am Sprechen orientiert. Die große Verbreitung des Internets hat unsere Art zu lesen grundlegend verändert. Wir tolerieren kaum noch lange Texte. Alles so möglichst kompakt und leicht verständlich sein. Das gilt auch für E-Mails, Briefe, Faxe, Web-Texte, Informationstexte und so weiter in gleicher Weise.

BSZ: Was gibt es bei Absagen und Ablehnungen zu beachten?
Freund: Hier hat sich in den letzten zehn bis 15 Jahren wahrscheinlich das meiste geändert. Früher fiel man gern direkt mit der negativen Aussage in Haus, zum Beispiel mit „Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass Sie nicht ...“. Die wird vom heutigen Leser als grob, unfreundlich und desinteressiert gewertet. Deshalb steht das negative Ergebnis im Schreiben heute am Ende der Argumentation – und davor geben Sie diplomatisch aufgebaute Informationen, die den Leser Schritt für Schritt ins Verständnis leiten. Das bringt messbar weniger Beschwerden und Konflikte.

BSZ: Warum ist es am Telefon gut, sich mit „Guten Tag“ zu melden?
Freund: Der erste Text der Meldung ist meist nicht optimal zu verstehen. Deshalb soll am Anfang der Meldung eine möglichst leicht erschließbare Information stehen, also der Tagesgruß. Als nächstes möchte der Anrufer wissen, dass er beim richtigen Unternehmen ist und dann den Namen des Ansprechpartners: „Guten Morgen, Uwe Freund Seminare, Sie sprechen mit Tanja Schmidt.“ Sie können noch „was kann ich für Sie tun?“ anhängen – wenn Sie es auch beim 20. Gespräch nicht leiern, sondern motiviert und freundlich sagen können.

BSZ: Wie schafft man es bei Präsentationen, Informationen auf den Punkt zu bringen?

Freund: Eine Präsentation ist nicht daraufhin ausgerichtet, dass dem Zuschauer nachher alle Detailinformationen präsent sind. Er kann sich Kernaussagen merken, und zwar maximal fünf bis sieben. Also muss ich diese Kernaussagen bei der Vorbereitung der Präsentation herausarbeiten und sie währenddessen häufiger wiederholen: am besten gleich am Anfang und natürlich am Schluss. Wenn jede Folie zusätzlich einen Aktionstitel hat, wird es besonders leicht zu präsentieren – und die Informationen aufzunehmen. Ein Aktionstitel ist die Kernaussage der Folie in einem Satz. Also nichts Allgemeines wie „Grundlagen“ oder „Resümee“, sondern Konkretes wie „Durch optimierte Vorlagen lässt sich der Rücklauf um 12 Prozent steigern.“

BSZ: In vielen Trainings werde heute Modelle eingesetzt, um Ansprechpartner zu kategorisieren. Aber sollte Kommunikation nicht komplett individuell sein?
Freund: Selbstverständlich. Gerade dabei helfen Modelle wie „Insights MDI“ oder „Lumina Spark“. Gerade im Telefontraining und im Dialogtraining Live Chat geht geht es darum, den Kunden genau dort zu erreichen, wo er gerade steht. Dabei arbeiten wir mit einem einfach und schnell erlernbaren und anwendbaren Modell mit vier Farben. Und wenn ich am Telefon feststelle, dass mein Anrufer gerade als kühler Datentyp anruft, dann muss ich ihm mehr Daten zur Verfügung stellen, aber keine blumige Sprache verwenden. Wenn er gerade eher der lebhafte Erzähler ist, wären kurze, knappe Sätze ungünstig und ich muss stärker mit Beispielen und Bildern arbeiten. Gerade dadurch wird die Kommunikation besonders individuell und wirkungsvoll. (Interview: David Lohmann)

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