Freizeit und Reise

Eine desftige Grabinschrift auf dem Lustigen Friedhof. (Foto: Mayring)

22.02.2013

Ein Friedhof zum Todlachen

Kuriositäten und andere Entdeckungen auf dem Weg ins Alpbachtal

So mancher Abstecher lohnt sich ganz besonders, wenn man auf Tiroltour ist. Es empfiehlt sich beispielsweise, in Kramsach Station zu machen. Bei kostenlosem Eintritt kann man hier, versteckt in einem Wäldchen, den so genannten Lustigen Friedhof besuchen, der in seiner Kuriosität zum Totlachen ist. Die alpenländischen Grabdenkmäler stammen aus fünf Jahrhunderten und sind eine historische Rarität. Vom gotischen Kerzenhalter, über barocke Schmiedekunst, gut erhaltene Exemplare aus der Renaissance bis hin zu den Eisengussgrabkreuzen um 1900 kann man dort den Stilwandel verfolgen und zudem ganz unterschiedlichen Grabinschriften lesen. Manche sind überraschend schräg, manche sogar pietätlos, aber auch witzige und komische Inschriften kann man entdecken wie beispielsweise folgenden Spruch:
„Hier liegt mein Weib Gott seis gedankt, oft hat sie mit mir gezankt. Oh lieber Wanderer geh gleich fort von hier, sonst steht sie auf und zankt mit Dir.“
Begleitet von kleinen, naiven Zeichnungen charakterisieren die lockeren Sprüche treffend den Verstorbenen und erzählen ganz ungeschminkt wahre Begebenheiten aus seinem Leben:
„Hier liegt in süßer Ruh’ erdrückt von seiner Kuh, Franz Xaver Maier. Daraus sieht man, wie kurios man sterben kann.“
Die deftigen und nicht selten auch frivolen Worte zeigen, dass man um 1900 einen ganz anderen Umgang mit dem Sterben und dem Tod hatte. Die Idee zu diesem „Museumsfriedhof ohne Tote“ hatte der Sagzahnschmied Hans Guggenberger. Auf dem Areal neben seiner Schmiede- und Steinmetzwerkstätte begann er 1965 den „Lustigen Friedhof“ zu errichten. Und wenn er gut aufgelegt ist, dann führt er die Besucher auch persönlich in sein Allerheiligstes, wo noch weit wertvollere Objekte im Keller lagern. Über 950 Grabkreuze schön geordnet und in Reih und Glied aufgehängt sind der ganze Stolz des Schmieds.
„Diese Sammlung, aus Tirol, Bayern und Südtirol, ist die größte Grabkreuzsammlung in Europa“, erklärt er stolz und deutet dabei auf das älteste Prunkstück aus dem Jahr 1580. Zusammen mit seiner Ehefrau Olga und Tochter Barbara stellt er in seiner Schmiede auch moderne Grabkreuze her, die zwar edel und qualitätvoll gearbeitet sind, doch die einfachen, schmiedeeisernen auf dem Friedhof mit ihren kuriosen Sprüchen haben schon Seltenheitswert.
Nicht weit von Kramsach liegt der kleine Ort Reith, wo Georg Leitner ebenfalls ein historisches Handwerk ausübt. Der passionierte Bergkletterer verdient sich sein Geld mit Federkielsticken, das man bereits vor 200 Jahren kannte. Auf seinem „Nährössl“ wie er den Arbeitsstuhl nennt, sitzt er und zieht die gespaltenen Kiele der Pfauenschwanzfedern durch die gestanzten Löcher im Rindsleder. „Mein Arbeitsmaterial hole ich mir bei einem Bauern in der Nachbarschaft, der Pfaue züchtet“, erklärt Leitner. „Alle halben Jahre verlieren sie ihre Federn, die ich dann für meine Stickerei verwende.“ Dabei kommt es auf das manuelle Spalten der Kiele an. Werden sie mit der Maschine geschnittenen, sind sie weniger haltbar und besitzen nicht den Glanz.

Das schönste
Dorf Österreichs


Bis März 2014 ist Leitner mit Aufträgen ausgebucht. Vor allem die Trachten- und Schützenvereine legen großen Wert auf diese historische Maßarbeit. Ein Ranzen (Gürtel) mit Monogramm und reichen Verzierungen in Federkielstickerei hat seinen Wert. Bis zu 300 Arbeitsstunden stecken in der Herstellung. Ein Preis von 3000 Euro ist nicht selten. „Das sind oft Erbstücke“, sagt Leitner, „denn die halten ja auch ewig.“
In seinem Wohnzimmer, das Leitner auch als Werkstatt nutzt und wo er wegen des guten Tageslichts schon um fünf Uhr früh auf seinem Nährössl sitzt, kann man Hosenträger, Damen- und Jagdtaschen bewundern. Aber auch zahlreiche Jagdtrophäen hängen an den Wänden. „Es kommt schon vor, dass man mich in Naturalien bezahlt, indem ich zum Beispiel eine Gams schießen darf“, so Leitner.
Bei der Maria Wacker in der Natursennerei Reith gibt es danach einen kleinen Imbiss. Die reiche Auswahl bietet unter anderem Bier-, Horn- oder Bergkäse. Sie schmecken allesamt kräftig sowie würzig und sind aus Heumilch gemacht und damit silofrei. Noch ein Glas Buttermilch dazu und die Jause ist perfekt.
Jetzt wartet Alpbach, das schönste Dorf Österreichs, auf einen Besuch. Die Bauernhäuser im Ferienort sind nämlich besonders schmuck, da sie allesamt nach alter Zimmermannstradition errichtet wurden. Seit 1953 gilt die örtliche Bauordnung für jedes Haus, das heißt das Parterre im Mauerwerk, der erste Stock aus Holz. Zudem unterliegen die Dachplatten, Dachschrägen und auch die Höhe der 150 Bauernhöfe bestimmten, vorgegebenen Maßen. Nur so ist der einheitliche Traditionsstil geblieben und Alpbach konnte seinen Tiroler Charme erhalten.
Die Gemütlichkeit und Atmospähre wissen auch die Skifahrer zu schätzen, für die seit diesem Winter neue, große Pistenabfahrten erschlossen wurden. Durch den Zusammenschluss der beiden Skigebiete Ski Juwel Alpbachtel und Wildschönau wedeln die Gäste jetzt 145 Pistenkilometer ins Tal. In diversen urigen Hütten erwartet sie deftige Kost wie Breznsuppn, Pressknödel und Kasspatzn. Und wer möchte, der testet auch den historischen Rübenschnaps Krautinger, für den noch Kaiserin Maria Theresia die Brennrechte erteilte.
(Eva-Maria Mayring) (Georg Leitner beim Federkielsticken - Foto: Mayring)

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