„Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!“, schrieb schon – vom Volksmund leicht abgewandelt – der große Goethe. Die Bayern beherzigen das und wandern gerne mal durch die schöne Fränkische Schweiz. Witzigerweise verdankt sie ihr Romantik-Image und die Entdeckung als lohnendes Ziel zwei Berlinern: Ludwig Tieck und Wilhelm Heinrich Wackenroder. Die beiden, Studenten im damals preußischen Erlangen, machten zu Pfingsten 1793 einen Ausflug in die Fränkische Schweiz und waren total begeistert. Tieck schrieb an seine Eltern: „Hinter Ebermannstadt reitet man immer durch ein äußerst romantisches Tal, durch das sich die Wiesent in vielen Krümmungen schlängelt. Zu beiden Seiten hat man ziemlich hohe Berge, geradeaus ebenfalls Berge vor sich. Ich habe noch wenig so schöne Tage als diesen genossen; es ist eine Gegend, die zu tausend Schwärmereien einladet.“
Diese Schilderungen kreisten alsbald in den gesellschaftlichen Kreisen Berlins und lockten Romantiker und Mittelalter-Fans in die Fränkische Schweiz. Ihr Wahrzeichen wurde die Burgruine Neideck und ist es nach wie vor. Für die Anreise zum Fuß der Burg nehmen viele gerne die Museumsbahn, die von Ebermannstadt nach Behringsmühle rattert. Der Blick dort von einer Brücke auf die dahinsprudelnde Wiesent bis zur fernen Ruine Neideck entzückt wie eh und je.
Vorbei am Familienbad geht es durch schattigen Wald gemächlich bergan. Das schaffen auch die Kinder oder Mütter mit dem Baby im Tragetuch. Hellwach guckt solch eine Kleine umher. Von Nahem erweist sich die 1000-jährige Burg als gewaltiger Komplex. Durch den Wohnturm führt eine neue Alu-Treppe und die Aussicht von oben ist wunderschön. Ebenso schön ist der Rückweg nach Muggendorf. Den nahmen schon Tieck und Wackenroder. Ein Gedenkstein im Dorf erinnert an die beiden und wie seinerzeit offeriert das „Gasthaus Zur Wolfsschlucht“ frisch gefangene Bachforellen.
Die Ruine Leienfels nahe Pottenstein ist ebenfalls ein beliebtes Ziel. Diese Relikte anzupeilen bereichert die Sinne intensiver und macht den Blick von 590 Meter Höhe ins weite Land zum Naturgenuss. „Bei uns stehen aber nicht nur Ruinen rum. Wir besitzen auch bewohnte Burgen und Schlösser“, betont Begleiterin Corinna aus Nürnberg. Den Beweis dafür liefert Schloss Greifenstein in Heiligenstadt, noch immer Heimat der Schenk von Stauffenbergs.
Ein Teil des Schlosses steht Besuchern bei Führungen offen. Eine Büste erinnert an den Hitlerattentäter Oberst Claus Graf von Stauffenberg. Dem Kastellan hat es insbesondere die umfängliche Waffensammlung angetan. Mit allen Stücken kennt er sich aus. Die Paare, die in der Schlosskapelle heiraten, kennen hoffentlich nur friedfertige Gedanken.
Seinen Gedanken wollte auch Hans Freiherr von und zu Aufseß, der Gründer des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, nachgehen und beim Grübeln nicht von seinen 13 Kindern gestört werden. Daher verzog er sich oft in sein Arbeitszimmer im Turm von Schloss Unteraufseß, das original erhalten ist. Gleich könnte er wieder hineinkommen und auf dem rustikalen Herd Teewasser kochen. Inzwischen kann man im Schloss in aller Ruhe übernachten oder ausschwärmen zum Fränkischen Theatersommer.
Wallfahrten hoch im Kurs
Wie die Vaganten im Mittelalter ziehen professionelle Schauspieler und Musikanten noch bis zum 28. Oktober von Ort zu Ort und begeistern Groß und Klein. Auch Wallfahrten stehen in der Fränkischen Schweiz hoch im Kurs, so in Gößweinstein. Sonntags erfüllt schon um 7 Uhr Glockenklang das Dorf und bald ziehen Pilgergruppen mit ihrer Blasmusik zur Wallfahrtsbasilika, ein Werk des berühmten Barockbaumeisters Balthasar Neumann (1687 bis 1753). Drinnen erregt die prunkvolle Ausstattung Bewunderung. Verglichen damit wirkt das „Gößweinsteiner Gnadenbild“, das Ziel der Wallfahrer, bescheiden.
In einem verglasten Schrein steht das 500 Jahre alte Schnitzkunstwerk über dem prächtigen Hochaltar, ein Werk von Michael Küchel. Wer gute Augen oder ein Fernglas hat, erkennt die kniende Maria, die von Gott Vater und Sohn unter den Schwingen des Hl. Geistes gekrönt wird. Die Wallfahrten nach Gößweinstein begannen laut der Legende bereits 934, vielleicht auch um 1240, beim Bau der ersten Kirche. Genaues weiß man nicht, die Unterlagen gingen im Dreißigjährigen Krieg verloren.
Die 1076 erstmals urkundlich erwähnte Burg hoch über den Fachwerkhäusern kann altersmäßig mithalten. Richard Wagner nahm sie angeblich als Vorbild für die Gralsburg in seiner Oper Parsifal. Aus dem Biergarten vom Hotel-Gasthof Stern hat man sie bestens im Blick. Und genau wie manch andere Gasthöfe hat man sich hier vom fränkischen Superbillig-Image verabschiedet.
Diese Betriebe offerieren kein Schnitzel oder Schäufele für 2,50 Euro und für die Kids nicht nur Pommes mit Mayo. Dort gibt es Gutes aus der Region zu dennoch freundlichen Preisen. Der Tipp für Leckermäuler ist jedoch der „Sprüchbeutel“ im Gasthof Hötzelein in Regensberg. Der – eigentlich Ergebnis eines Backunfalls – entpuppt sich als Riesen-Windbeutel, gefüllt mit Erdbeeren, Eiskugeln sowie Schlagsahne und reicht selbst für eine Heimfahrt mit Hindernissen. (Ursula Wiegand)
Kommentare (0)
Es sind noch keine Kommentare vorhanden!