Viele sammeln gerne Welterbestätten, und die werden in Hessen leicht fündig. Sechs bietet das Bundesland und auch einiges, das zum UNESCO-Weltdokumentenerbe zählt, wie die Märchen der Brüder Grimm. Kloster Lorsch, östlich von Worms und seit 1991 Weltkulturerbe, ist bei der Anreise von Süden das nächstgelegene Ziel. Die dortige Benediktinerabtei war das Reichskloster Karls des Großen. Erhalten blieb die Torhalle von 764, ein Beispiel karolingischer Baukunst. Momentan wird sie herausgeputzt, naht doch 2014 ihr 1250. Geburtstag. Die Baustellenführung lenkt den Blick auf Besonderheiten. So die Verwendung recycelter römischer Kapitelle oder die Kratzspuren auf einer Säule, an der Soldaten ihre Schwerter schärften. Im 1. Stock zieren freigelegte Malereien die Wände. Kloster Lorsch war ein Zentrum von Macht und Wissen. Das Museum zeigt eine Replik des Lorscher Arzneibuchs, die älteste noch erhaltene Sammlung von Klosterrezepten im deutschsprachigen Raum. Das Original verwahrt die Staatsbibliothek Bamberg.

Nächste Station, die Grube Messel nordöstlich von Darmstadt. Seit 1995 ist sie ein Weltnaturerbe, auf den ersten Blick nur eine große grüne Mulde. Erst im Besucherzentrum wird klar, dass sich hier 47 Millionen Jahre Erdgeschichte zurückverfolgen lassen. Forscher entdeckten uralte Hölzer und Überbleibsel von Amphibien, Insekten, Vögeln und Säugetieren aus tropischer Zeit. „Mit bislang rund 10 000 Funden ist Messel weltweit eine der ergiebigsten Fossilienlagerstätten“, schreibt die Deutsche UNESCO-Kommission. Hinter Glas sind ein Insektenfresser und ein Mini-Krokodil im Original zu sehen. Das berühmt gewordene Urpferdchen (Replik) wäre der Star in jedem Streichelzoo.
Pausenbrot als Wegzehrung
Nun ein Schwenk – am besten mit „Navi“ – vorbei an Wiesbaden nach Lorch am Rhein, einem hübschen Weinstädtchen. In Windungen fließt der Strom dahin, Lastkähne sind unterwegs. An den Sonnenhängen reihen sich Weinstöcke. Das ist die Rheingauer Riesling-Route, hier darf man sich auf einen guten Schluck im „Hotel im Schulhaus“ freuen. Das Gebäude im Bauhausstil war wirklich eine Schule und ist nun eine komfortable Bleibe. Wanderer und Abreisende bekommen sogar ein „Pausenbrot“ als Wegzehrung.

Auf dem gegenüberliegenden Rheinufer ragen die Burgen Reichenstein und Rheinstein empor. Zwei von 40 auf den 65 Kilometern zwischen Rüdesheim und Koblenz. Sie sind das i-Tüpfelchen dieser malerischen Landschaft, dem Welterbe Oberes Mittelrheintal.
Von Assmannshausen schwebt die Seilbahn zum Jagdschloss Niederwald, wo 1948 Konrad Adenauer – damals Oberbürgermeister von Köln – und die Länderchefs das deutsche Grundgesetz erarbeiteten. Von dort führt ein breiter Waldweg zum 38 Meter hohen Niederwalddenkmal, eingeweiht 1883 von Kaiser Wilhelm I. Besucher aus aller Welt bestaunen diese Riesenskulptur mit der Germania. Während der sechsjährigen Bauzeit gab es einen Zwischenfall: Ein Arbeiter wurde verschüttet, überlebte aber im Bein des Kriegers links unten. Er hätte die Zeit lieber im Bein der Friedensgöttin gegenüber verbracht, so sein Kommentar nach der Rettung.
Germania und Herkules
Mit wehenden Locken schaut die Germania Richtung Rüdesheim und genau so schön ist der Blick vom Niederwaldpavillon. Über Weinhänge schwebt eine weitere Seilbahn zu Tal. Unten angekommen, eilen die meisten zur Drosselgasse oder pausieren im Gasthaus „Rüdesheimer Schloss“. Das Obere Mittelrheintal – ein Welterbe zum Wohlfühlen.

Das nächste liegt 400 Kilometer weiter nordwärts bei Bad Homburg/Taunus, das Römerkastell Saalburg und der Limes, die Grenzbefestigung der Römer zum Germanengebiet. Die unter Kaiser Wilhelm II. rekonstruierte Burg ist das perfekte Postkartenmotiv. In der Nähe lässt ein Lattengebilde erahnen, wie der 550 Kilometer lange Limes in etwa ausgesehen hat. Als Obergermanisch-Raetischer Limes ist er seit 2005 ein UNESCO-Welterbe.
Als Kontrast bitte mal handfestes Mittelalter-Ambiente. Das bietet nach 300 Kilometern Schloss Waldeck über dem Edersee. Dass diese Burg aus dem 11. Jahrhundert zum Hotel umgewandelt wurde, erfreut die Gäste. Von hier lässt sich der Nationalpark Kellerwald-Edersee erkunden, ein wahres Wanderparadies. Und der Urwaldsteig führt in ein weiteres Welterbe: die alten Rotbuchenwälder.
Letzte Ausfahrt Kassel sozusagen, nur noch 48 Kilometer und möglichst gleich zum Bergpark Wilhelmshöhe, einem barock möblierten Landschaftspark aus dem 18. Jahrhundert mit 250 Meter langer Kaskade und einem Herkules hoch auf dem leeren Riesenschloss. Seit dem 23. Juni 2013 trägt auch dieses Ensemble den Welterbe-Titel, doch der 8,30 Meter große Bronzeheld schaut griesgrämig drein. Denn die Wasserspiele haben jetzt Winterpause, und liebend gerne würde er jetzt mal durch den Park joggen. (
Ursula Wiegand)
(Burg Rheinstein; Lorch am Rhein mit der St. Martinskirche und der Herkules auf dem Bergpark Wilhelmshöhe - Fotos: Wiegand)
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