Freizeit und Reise

Das Weinparadies des Winzers Matthias Hirn ist ein Hundertwasser-Bau. (Foto: Friedrich H. Hettler)

23.08.2021

Von Hundertwasser zu Maria im Weingarten

Unterwegs im Fränkischen Weinland rund um die Volkacher Mainschleife

Rund um das markante Maindreieck mit seiner Kulturmetropole Würzburg bis zu den Rändern des Steigerwalds erstreckt sich das Fränkische Weinland, das Hauptweinanbaugebiet des Frankenweins. 87 Gemeinden, vom kleinen Weinstädtchen bis hin zur ehemaligen Residenzstadt der Würzburger Fürstbischöfe, bieten neben Weinkultur und Genuss vor allem abwechslungsreiche Natur und zahlreiche Möglichkeiten für Aktivreisende: Wandern, Radfahren oder E-Biken entlang des Mainufers und durch die Weinberge. Zusätzlich zu den zahlreichen Weinfesten und spannenden Einblicken in die traditionelle Handwerkskunst der Weinherstellung finden sich in der Region auch zahlreiche historische Schätze und ein modernes Kulturleben.

Urlaub in Deutschland ist derzeit gefragter als je zuvor – die Volkacher Mainschleife ist für einen erlebnisreichen Spätsommer und Herbst bestens dafür gerüstet. Ob zu Fuß, per Rad, per Auto, Fähre oder sogar Kanu – die Volkacher Mainschleife – übrigens die einzige Stelle am gesamten Main mit seinen 527 Flusskilometern, an der der Fluss tatsächlich eine Schleife macht – bietet eine große Vielfalt in Sachen Freizeitsport, Kulinarik, Historie und Kultur, die es mit und ohne Führer zu entdecken gilt.

So lockt die Weinstadt Volkach – das Zentrum der Mainschleife – mit einer über 1100-jährigen Geschichte und seinem historischen Stadtkern. Anziehungspunkte sind der Marktplatz mit dem historischen Rathaus, das Schelfenhaus (ein Stadtpalais aus dem 17. Jahrhundert) und das Museum Barockscheune. Geschichte, Landschaft und Kultur der Mainschreife sind hier in einer wunderbaren Symbiose aus Tradition und Moderne in einer Dauerausstellung vereint. In dem stadt- und regionalgeschichtlichen Museum werden Objekte zu verschiedenen Themen wie der Vor- und Frühgeschichte, Alltags- und Stadtgeschichte sowie zum Weinbau präsentiert.

Markantes Mansardwalmdach

Highlight des denkmalgeschützten Gebäudes mit seinem markanten Mansardwalmdach ist das „Salbuch“ des Stadtschreibers Niklas Brobst aus dem Jahr 1504. Diese fast fünf Kilogramm schwere Handschrift beschreibt auf 1050 Seiten das Alltagsleben um 1500 in Volkach, einer typisch fränkischen Kleinstadt. Mit seinen 128 farbigen Illustrationen ist das Volkacher Salbuch eine echte Rarität und wurde 2018 als „Bayerischer Heimatschatz“ ausgezeichnet.

Wer Volkach erkundet, trifft natürlich auch auf fränkische Gastronomie und Gemütlichkeit sowie auf eine große Auswahl an Vinotheken und Weinbars. Um den Gästen des Fränkischen Weinlands die kulinarischen Angebote näherzubringen gibt es die sogenannten Genießer-Touren. In Volkach und Nordheim am Main gibt es beispielsweise die Vinotheken-Tour-Tickets „Ganz in weiß“. Hierbei besuchen Passinhaber*innen auf eigene Faust die teilnehmenden Weingüter, Vinotheken & Weinbars im Ort. Überall stehen unter dem Motto „Ganz in weiß“ zwei Weißweine zur Auswahl. Insgesamt gibt es 13 Anlaufstationen in Volkach und zehn Stationen in Nordheim. Der Passinhaber entscheidet sich jeweils vor Ort für einen der beiden vorgeschlagenen Weine. Das Tour-Ticket wird vorgelegt, das betreffende Weingut quittiert im Pass den Ausschank und der ausgewählte Wein (0,05 l) wird ins Glas geschenkt.

Völlig ohne Zwang kann der Passinhaber im Anschluss die Vinothek oder die Weinbar verlassen und die nächste Anlaufstelle besuchen. Der Pass kostet maximal 15 Euro und ist in der Touristinformation Volkacher Mainschleife im Rathaus direkt am Marktplatz erhältlich. Wichtig: Der Pass muss nicht auf einmal eingelöst werden. Bis zum Jahresende kann der Passinhaber je nach Lust, Laune und Zeit die einzelnen Anlaufstellen besuchen. Kurzum: Bei jedem Wetter, an jedem Wochentag und in x-beliebiger Reihenfolge kann der Pass eingelöst werden.

Darüber hinaus gibt es noch ein zweites Genießer-Angebot: Die Volkacher Gourmet-Häppchen-Tour. Mit einem Gästeführer tauchen Interessierte in die bunte Gastronomie- und Weinwelt der Volkacher Altstadt ein. Fünf kulinarische Stationen warten während der zweistündigen Tour auf die Teilnehmer*innen. Es gilt fünf Häppchen beziehungsweise Speisen und drei Weine zu verkosten. Neben den kulinarischen Genüssen gibt es Wissenswertes rund um die Geschichte der Altstadt. Die Volkacher Gourmet-Häppchen-Tour kann zum Wunschtermin für Gruppen ab zehn Personen gebucht werden (31 Euro pro Person). Wichtig: Alle Häppchen werden bei jeder Witterung im Freien eingenommen. Es besteht auch kein Anspruch auf überdachte Plätze oder Sitzplätze.

Nicht allzu weit von der Volkacher Altstadt entfernt liegt am rund sechs Kilometer langen Panoramaweg nach Fahr (ein Ortsteil von Volkach) in den Weinbergen die Wallfahrtskirche Maria im Weingarten. Tilmann Riemenschneider hat hierfür die berühmte „Madonna im Rosenkranz“ geschnitzt.

Die Iphöfer Weinentdeckerrunde

In puncto Wanderrouten geizt das Fränkische Weinland nicht mit Optionen. Einer der schönsten Pfade ist die Iphöfer Weinentdeckerrunde. Hier dreht sich alles um den edlen Rebensaft: Die Route führt entlang der Wein-Höhepunkte von Iphofen. Speziell sehenswert: Der Geschichtsweinberg sowie der terroir-f-Aussichtspunkt, an dem sich ein herrlicher Blick über die Weinlandschaft bietet und Besucher*innen zum Beispiel von der Gästeführerin Ruth Holfelder mehr über den Weinanbau erfahren.

17 „terroir f“ Punkte gibt es mittlerweile in Franken und jeder erzählt seine ganz persönliche Geschichte zur Region zu einem Thema in Bezug auf den Wein. Wer einen davon aufsucht, wird atemberaubende Fernsichten genießen und den besonderen „Geist des Ortes“ fühlen.

Der Begriff „terroir“ wurde bereits im 16. Jahrhundert von den Mönchen in Frankreich geprägt und hier speziell für landwirtschaftliche, kulinarische Produkte wie Käse, Fleisch oder Kräuter verwendet. Beim Wein umschreibt dieser Begriff alle Faktoren, die einen Wein prägen. Sich mit dem „terroir“ eines Weines beschäftigen, heißt also ihn „erspüren“, seine Herkunft, seinen Boden, die klimatischen Gegebenheiten, das Kleinklima im Boden, die Exposition des Weinbergs, die Rebsorte und natürlich die Philosophie und Arbeitshaltung des Winzers. Das kleine „f“ steht dabei für Franken.

Am Standort Iphofen wird es dabei international. Unter dem Motto „Die Ferne so weit. Der Wein so nah. Wein verbindet.“ lenkt dieses terroir f den Blick nicht nur über die berühmte Lage Julius-Echter-Berg und über Iphofen, sondern auch auf die große Welt des Weines. Ein Stelengarten präsentiert die Mengen, die in den größten Weinländern der Welt produziert werden, auf dem Aussichtsturm lassen sich die Entfernungen Frankens zu den jeweiligen Weinländern ablesen. Die Medienpräsentation widmet sich dem Weinbau in exotischen, neuen und klassischen Ländern. Ein Elefant im Weinberg? Ein Weinberg in Dänemark? Ja, auch das gibt es.

Über 150 selbstvermarktende Winzer

Der Wein und der Main – das ist eine Liebesgeschichte, die schon sehr lange sehr gut harmoniert und herrliche Früchte trägt. Rund ein Viertel der fränkischen Rebflächen werden an der Mainschleife bewirtschaftet, die damit das größte zusammenhängende Weinanbaugebiet Frankens ist. Vier Winzergenossenschaften und über 150 selbstvermarktende Winzer sind hier im Umkreis von 15 Kilometern beheimatet. Einige der besten Winzer Deutschlands und der Welt sind hier zu Hause und verwöhnen Kenner und Genießer mit den feinsten und edelsten Tröpfchen.

Hervorragenden Wein keltert zum Beispiel die junge Winzermeisterin Franziska Galena aus Sommerach. Vorzügliche Tropfen kommen auch von der Weinbau & Edelobstdestille Gehring aus Volkach-Fahr sowie vom Weingut Horst Sauer aus Escherndorf.

Setzt man bei Wipfeld mit der Fähre über den Main und fährt weiter bis nach Untereisenheim, gelangt man zu einem architektonisch sehr außergewöhnlichen Weingut, dem Weinparadies Hirn. Außergewöhnlich deshalb, da Matthias Hirns Weinparadies ein Hundertwasser-Bau ist. Inspiriert von einem Buch über Friedensreich Hundertwasser, den der Winzer in den 1990er-Jahren in Wien auch kennenlernte, entstand der Wunsch, ein Idyll in den Weinbergen zu schaffen. Seine Idee fiel bei dem Künstler auf fruchtbaren Boden.

1998 begannen die Planungen für das neue Weingut und es wurde der Bauantrag gestellt, der jedoch nach den Worten des Winzers bei der zuständigen Baugenehmigungsbehörde auf wenig Gegenliebe stieß. Eins der Argumente für die Ablehnung lautete, so Hirn: „Wo ist der fränkische Giebel?“ Hirn ließ jedoch nicht locker und so wurde der Hundertwasser-Bau schließlich zum Politikum. Letztlich entschied der damalige Landrat, dass der doch etwas extravagante Bau umgesetzt werden durfte.

Leider verstarb Hundertwasser im Februar 2000 auf dem Weg nach Europa. Die Gestaltung des Weinparadieses wurde von dem Hundertwasser-Freund, dem Architekten Heinz M. Springmann, vollendet, der zusammen mit dem Künstler schon über ein halbes Dutzend Bauwerke realisiert hatte. Nach einem Jahr Bauzeit wurde das Weinparadies im September 2003 eröffnet. Für Matthias Hirn ging ein Lebenstraum in Erfüllung.

Schon von fern grüßt das Weinparadies mit einem Feuerwerk an Farben: goldgelb, rubinrot und dezente Lachsfarben zieren die Fassade. Im Hof und am Gebäude selbst gibt es kaum Ecken und Kanten. Die Architektur mit ihren weichen Rundungen und geschwungenen Linien mutet organisch an, sorgt für Wohlbehagen, heißt es in einer Pressemitteilung des Weinguts.

Matthias Hirns Weinparadies ist lediglich eins von zwei Weingütern im Hundertwasser-Stil weltweit. Zunächst wurde das Weinparadies belächelt beziehungsweise sogar strikt abgelehnt. Mittlerweile ist „dieses Kunstwerk in einem kleinen fränkischen Nest“, wie Hirn es bezeichnet, ein absoluter Besuchermagnet in der Region.

Es müssen nicht immer die Berge oder der Bayerische Wald sein, auch die nördlichen Gegenden des Freistaats haben einiges zu bieten. Das Fränkische Weinland glänzt mit malerischen Wanderwegen, tollen Radrouten, interessanten Orten sowie Geschichten und – wie der Name schon sagt – traditioneller Weinkultur. Diese Kombination macht die Region zu einem idealen sowie lohnenden Reise- und Urlaubsziel für Jung und Alt. (Friedrich H. Hettler)   

 

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