2023 war, nach 2019, das zweiterfolgreichste Jahr, das es im Bayerntourismus jemals gegeben hat, freute sich Tourismusministerin Michaela Kaniber (CSU) im Rahmen der Jahrespressekonferenz Tourismus. Insgesamt reisten im vergangenen Jahr rund 38,9 Millionen Gäste nach Bayern. Die Zahl der Übernachtungen lag bei rund 100,3 Millionen. Damit, so die Ministerin, wurde zum zweiten Mal die 100 Millionen-Marke bei den Übernachtungen geknackt. Für Kaniber ist das ein beeindruckender Beleg für die Leistungsfähigkeit der Tourismusbetriebe und die Attraktivität der Destinationen. „Wir haben unsere Position als Tourismusland Nummer eins in Deutschland 2023 weiter gefestigt.“
Bei den Gästeankünften lag Bayern um 13,6 Prozent über dem Niveau von 2022, bei den Übernachtungen um 8,7 Prozent. Was die Ministerin besonders freut: Ganz Bayern konnte von der hervorragenden Entwicklung im Tourismus profitieren. In 35 der 36 Tourismusregionen lagen die Gästeankünfte über dem Niveau von 2022, mehrheitlich (23 Regionen) sogar im zweistelligen Prozentbereich.
Bei Betrachtung des Binnentourismus, der immerhin knapp 78 Prozent der Ankünfte ausmacht, war 2023 sogar ein neues Rekordjahr, erklärte Kaniber. Noch nie haben so viele Gäste aus Deutschland in Bayern Urlaub gemacht. Das bisherige Rekordniveau aus dem Jahr 2019 konnte übertroffen und erstmals die Schallmauer von 30 Millionen Gästeankünften aus Deutschland durchbrochen werden (2023: 30,002 Millionen Übernachtungen; 2019: 29,94 Millionen Übernachtungen).
„Dass wir die Ergebnisse von 2019 insgesamt nicht ganz erreicht haben, hat vor allem mit dem schleppenden Incoming-Tourismus aus Asien zu tun“, erklärt Kaniber. „Bei Gästen aus Asien liegen wir bei den Ankünften mit minus 46 Prozent noch sehr deutlich unter dem Niveau von 2019. Aber das ist kein bayerisches Phänomen. Das trifft ganz Europa, vor allem weil die Menschen in China aufgrund der aktuellen Konjunkturschwäche dort zuletzt vor allem Urlaub im eigenen Land gemacht haben. Hinzu kommen die geopolitischen Verwerfungen, die sich auch im Reiseverhalten der Menschen abbilden.“
Unsinnige Entscheidung – Mehrwertsteuererhöhung
In anderen Incoming-Regionen falle die Bilanz deutlich positiver aus. Bei Gästen aus Europa etwa lag Bayern mit 14 Millionen Übernachtungen nur 1,6 Prozent unter 2019. Viele der wichtigsten europäischen Herkunftsländer im Incoming-Tourismus haben sogar besser abgeschnitten als 2019 wie zum Beispiel Österreich (+ 3,2 Prozent), Polen (+ 20,2 Prozent) oder Tschechien (+ 6,3 Prozent). Auch die Gästeübernachtungen aus den USA lagen mit rund 2,2 Millionen erstmals wieder über dem Vor-Corona-Niveau von 2019. „Die USA sind damit wieder unser wichtigster Incoming-Markt“, so die Ministerin. „Mit anderen Worten: Bayern ist und bleibt ein attraktives Reiseziel für Gäste aus aller Welt.“
Die gute Bilanz des Tourismusjahrs 2023, gerade auch im Vergleich mit 2019, dürfe jedoch laut Kaniber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Unternehmen heute mit deutlich höheren Kosten konfrontiert sind als noch vor vier Jahren. In diesem Zusammenhang kritisierte sie die „unsinnige Entscheidung der Bundesregierung zur Mehrwertsteuer in der Gastronomie. Die Anhebung der Mehrwertsteuer wieder auf 19 Prozent nannte sie einen „Kardinalfehler, den man unbedingt korrigieren muss“.
Trotz Inflation, steigender Ener- giepreise und wachsender Unsicherheit, die Reiselust der Menschen sei dennoch ungebrochen, so die Ministerin. Urlaub ist für viele ein Grundbedürfnis. Wer sparen muss, tue dies in erster Linie nicht beim Urlaub. Nach einer Analyse des Versicherungsunternehmens Axa stünden Urlaub und Reisen an der Spitze der Prioritätenliste der Menschen. 29 Prozent wollen dafür sogar mehr Geld ausgeben als im Jahr zuvor.
Erfreulich sei auch, dass, was den Kosten- und damit Preisdruck in der Branche betrifft, die Talsohle durchschritten ist. Die Fachleute des ifo Instituts erwarten nach den Worten der Ministerin, dass sich die Inflationsrate 2024 mehr als halbieren wird, von 5,9 (2023) auf 2,4 Prozent im laufenden Jahr. Das Interesse an Urlaub in Bayern ist insgesamt unverändert groß – das würden auch die ersten Tourismusmessen des Jahres genauso wie Anfragen in den Betrieben und die aktuelle Buchungslage für die kommenden Monate bestätigen. „Unter dem Strich erwarten unsere Tourismusregionen für 2024 eine Bilanz auf dem Niveau von 2023. Die Lage dürfte sich damit auf hohem Niveau weiter stabilisieren“, erklärte Kaniber.
Gleichzeitig will die Ministerin darüber hinaus neue Initiativen anstoßen, um den Tourismus weiterzuentwickeln. Dabei nannte sie die Kongresswirtschaft, den Gesundheitstourismus, die Digitalisierung, den Bürokratieabbau/Gaststättengesetz und die Verleihung des Preises der bayerischen Tourismuswirtschaft.
Die Akquise neuer Veranstaltungen gestalte sich derzeit schwierig, denn die Wettbewerbsintensität habe merklich angezogen, zumal andere Kongressstandorte im In- und Ausland teilweise erhebliche Anreize setzen und Kongressveranstalter finanziell unterstützen, berichtete die Ministerin. „Dabei dürfen wir nicht tatenlos zusehen. Ich will, dass Bayern als Kongressstandort auch in Zukunft in der Champions League spielt. Deshalb werden wir hier nachziehen und die Kongresswirtschaft in Bayern mit einer zielgenauen Initiative fördern. Wir zünden sozusagen den Kongressturbo, um die nationale und internationale Sichtbarkeit Bayerns als Kongressstandort weiter zu erhöhen.
Dazu wird ein Förderprogramm aufgelegt, das in diesem Sommer starten soll. Der auf fünf Jahre angelegte Fonds soll ein Fördervolumen von bis zu 25 Millionen Euro umfassen. Gefördert werden sowohl kleinere Veranstaltungen als auch große Events. „Wir wollen kein Strohfeuer entfachen, wir wollen nachhaltig unterstützen“, betonte Kaniber.
Das gelte auch im Bereich des Gesundheitstourismus, insbesondere für die Kurorte und Heilbäder, denn Gesundheit ist ein Megatrend, so die Ministerin. Das Gesundheitsbewusstsein der Menschen nehme immer mehr zu und damit auch die Bereitschaft, vorbeugend in den Erhalt der Gesundheit zu investieren. Gleichzeitig wachse der Bedarf an Kuren. Positiv auf die touristische Nachfrage dürfte sich laut Kaniber auch auswirken, dass Kurbehandlungen inzwischen wieder kassenfinanzierte Pflichtleistungen sind. „Wir haben damit die Chance, an eine alte Kurtradition in Bayern anzuknüpfen und die Nachfrage neu zu beleben.“
Eine herausragende Rolle im Tourismus spielt für Kaniber die Digitalisierung. Sie transformiere den Tourismus. „Und wir sind bereits mittendrin. Mit der Kompetenzstelle Digitalisierung und der BayernCloud Tourismus haben wir einen Rahmen gespannt, um die Chancen der Digitalisierung und insbesondere die Chancen von Open Data, also des freien Zugangs zu strukturierten Daten, für den Bayerntourismus zu nutzen.
Eigenes Bayerisches Gaststättengesetz
Der Freistaat will den Mehrwert der BayernCloud Tourismus und den Nutzen von Open Data noch bekannter machen. Hierfür wurde zusammen mit der TH Deggendorf ein neues Projekt aufgesetzt („Gezielte Unterstützung der bayerischen Tourismusorganisationen bei der Nutzung der BayernCloud Tourismus“). Mit dem Projekt werden konkrete Hilfestellungen entwickelt, um die Touristiker bei der Erstbefüllung der BayernCloud Tourismus und bei der Datenpflege zu unterstützen. „Die 300 000 Euro, die wir hierfür in die Hand nehmen, sind hervorragend angelegt. Denn am Ende des Projekts stehen mehr Daten zur Verfügung, die in passgenaue Reiseerlebnisse umgemünzt werden können. Das bedeutet zufriedenere Gäste. Und zufriedene Gäste kommen wieder.
Wo die BayernCloud Tourismus künftig auch zum Einsatz kommen kann, ist der Bereich der Vermarktung heimischer Produkte. Regionale Produkte bedeuten nicht nur weniger CO2-Emissionen, so die Ministerin, sondern unterstützen auch heimische Landwirte und Genusshandwerker. „Und sie sind ein Stückchen Bayern für den Gaumen.“
Ein Punkt liegt Kaniber besonders am Herzen, der die Tourismuswirtschaft und insbesondere das Gastgewerbe enorm belastet: Die Flut an bürokratischen Vorgaben. „Wir haben im Koalitionsvertrag den Auftrag erhalten, ein eigenes Bayerisches Gaststättengesetz als Beitrag zur Entbürokratisierung umzusetzen. Wir werden die neue Aufgabe angehen und uns dabei genau ansehen, wie wir hier bürokratische Anforderungen reduzieren können.“
Die erfolgreiche Tourismusbilanz 2023 spiegelt für die Ministerin nicht nur die enorme Widerstandskraft der Branche wider, sondern verdeutlicht auch die hohe Attraktivität Bayerns als Urlaubsland. Sie ist überzeugt, dass auch 2024 zu einem sehr guten Jahr für den Bayerntourismus wird. „Die Herausforderungen sind groß, aber unsere Möglichkeiten sind größer.“ (Friedrich H. Hettler)
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