Kommunales

Von wegen schwammas obi: Mit einem milliardenschweren Schuldenpaket will Schwarz-Rot Deutschland aus der Krise führen. Das ist nicht nur in Berlin umstritten. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger ist ebenfalls skeptisch. (Foto: dpa/Armin Weigel)

13.03.2025

Infrastruktur-Paket: Aiwanger stellt sich quer

Mit einem hunderte Milliarden Euro schweren Schuldenpaket will Schwarz-Rot Deutschland aus der Krise führen. Doch der FW-Chef Hubert Aiwanger stellt sich sturr und will nicht, dass Bayern im Bundesrat zustimmt. Dabei sehen sich eigentlich ja gerade die Freien Wähler als die Stimme der Kommunen. Und letztere stehen weitgehend hinter dem von Union und SPD anvisiertem Infrastruktur-Paket. Droht eine Entfremdung der FW und der Kommunen?

Die gigantischen schwarz-roten Schuldenpläne auf Bundesebene lösen Diskussionen auch innerhalb der Freien Wähler in Bayern aus. Parteichef Hubert Aiwanger hatte nach einer Sondersitzung der Freien Wähler im Landtag erklärt, man könne den Plänen von Union und SPD in der vorliegenden Form nicht zuzustimmen. Verbände bayerischer Kommunalpolitiker - die auch Mitglieder der Freien Wähler vertreten - fordern nun aber, dass das milliardenschwere Paket nicht scheitern dürfe.

"Wir brauchen zügige Strukturreformen und das geplante Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen in unsere Infrastruktur. Nur durch entschlossene Maßnahmen kann eine wirtschaftlich starke und lebenswerte Zukunft für alle Bürgerinnen und Bürger gesichert werden. Der Wandel muss jetzt stattfinden", sagte der Präsident des bayerischen Landkreistags, Landrat Thoms Karmasin (CSU). Hinter dessen Aussage stehen nach Angaben des Spitzenverbandes alle 71 bayerische Landräte - darunter sind auch 13 von den Freien Wählern.

Die Kommunalpolitiker fordern angesichts der Diskussionen über die Pläne von Union und SPD alle Verantwortlichen zur Vernunft auf und warnen vor einem Scheitern der Regierungsbildung. Nachdem sich die Freien Wähler als in der Kommunalpolitik verwurzelte Partei verstehen, dürfte der Ruf aus den Kommunen für zusätzliche Diskussionen sorgen.

Die Landräte hatten sich den Angaben zufolge in einer gemeinsamen Ausschusssitzung über die Positionierung des kommunalen Spitzenverbandes abgestimmt. Dabei hätten sich auch die Freien Wähler ausdrücklich dafür ausgesprochen, am Ende sei das Vorgehen einstimmig abgesegnet worden, hieß es auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur. Diese Darstellung wiesen die Freien Wähler später aber kategorisch zurück.

Unter den Freie-Wähler-Landräten ist auch die Lebensgefährtin von Aiwanger, die Regensburger Landrätin Tanja Schweiger, sowie der Landshuter Landrat Peter Dreier und die Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller. Die beiden Letztgenannten hatten wie Aiwanger erfolglos versucht, bei der Bundestagswahl ein Direktmandat zu ergattern, damit die Freien Wähler erstmals in den Bundestag hätten einziehen können.

Landrätin Schweiger distanziert sich ausdrücklich von Positionierung

Schweiger wies die Darstellung explizit zurück, sie stehe hinter der Forderung des Landkreistags. Mehr noch, in einer Stellungnahme distanzierte sie sich "ausdrücklich von der Interpretation". Karmasin habe in der Sitzung seine Meinung zu den Beschlüssen dargelegt. "Ich habe sehr deutlich gemacht, dass es einen Reformwillen auf Bundesebene braucht. Diesen kann ich nicht erkennen", sagte Schweiger.

Diese bestehenden Defizite durch neues Geld zu manifestieren halte sie für falsch. "Außerdem halte ich es für fraglich, dass diejenigen, die das meiste initiiert haben, nämlich Union und SPD, jetzt alles richten sollen.  (...) Einigkeit bestand heute darin, wenn Geld bereitgestellt wird, muss es vor allen Dingen zu den Kommunen."

Auch Städtetag fordert Umsetzung des Schuldenplans

Auch der bayerische Städtetag positionierte sich pro Schuldenplan: "Mit dem Ergebnis der Sondierungen öffnet sich eine Chance, den Investitionsstau anzupacken. Zusätzliche Mittel aus einem neuen Sondervermögen des Bundes sind auch für Investitionen in die kommunale Infrastruktur notwendig. Die Zeit drängt, denn die Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden ist in Gefahr", teilte der Vorsitzende Markus Pannermayr mit. Auch in diesem Verband sind Kommunalpolitiker der Freien Wähler organisiert.

Ohne bayerische Stimmen droht Scheitern im Bundesrat

Sollten die Freien Wähler um Aiwanger im Landtag bei der Position bleiben, müsste sich Bayern bei der für die Verfassungsänderung notwendigen Abstimmung im Bundesrat enthalten - dadurch ist die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit von 46 Ja-Stimmen in Gefahr, und das von der CSU im Bund mitverhandelte Paket könnte ausgerechnet an fehlendem Rückhalt aus Bayern scheitern. In der Folge würde dann auch kein Geld aus Berlin bei den hiesigen Kommunen ankommen.

Aiwanger hatte die ablehnende Haltung unter anderem damit begründet, dass die geplante Lockerung der Schuldenbremse "mehr Gefahr als Chance für die Stabilität unseres Landes" bedeute. Auf Nachfrage erklärte Aiwanger aber, dass das letzte Wort noch nicht gefallen sei, da in Berlin noch an dem Entwurf von Union und SPD gearbeitet werde. "Wir werden uns in den nächsten Tagen mit der CSU zusammensetzen", sagte er am Mittwoch.

Aus der CSU war bisher nichts Konkretes zur Skepsis der Freien Wähler zu hören, Parteichef und Ministerpräsident Markus Söder hatte nur erklärt, an Bayern werde die Abstimmung im Bundesrat nicht scheitern. Fakt ist aber, dass CSU und Freie Wähler in ihrem Koalitionsvertrag neue Schulden klar ablehnen.

SPD-Chefin Endres: Sind Freie Wähler keine Kommunalpartei mehr?

Dagegen fand SPD-Landeschefin Ronja Endres klare Worte: "Es ist mir egal, ob Hubert Aiwanger sich an seinem Koalitionspartner rächen oder sein missglücktes Bundestagsmanöver mit diesem Frustfoul verdauen will. Aber Bayern darf einem solchen Paket im Bundesrat keinesfalls die Stimmen versagen." Offenbar rede Aiwanger nicht mehr mit seinen Leuten in den Städten und Gemeinden. "Ich dachte mal, er würde einer Kommunalpartei vorstehen. Ich hoffe, er bekommt den entsprechenden Gegenwind von der Basis, wenn seinen Leuten auf kommunaler Ebene der ersehnte finanzielle Rettungsanker von 100 Milliarden Euro vom Chef versagt wird."

"Die kommunale Ebene steht vor existenziellen Herausforderungen, die kurzfristig nur durch frisches Geld beantwortet werden können", sagte Karmasin. Das betreffe etwa die notwendigen kommunalen Investitionen beispielsweise in die Gesundheitsversorgung in ländlichen Gebieten. Die im Sondierungspapier auch für die Kommunen vorgesehenen 100 Milliarden Euro seien hierfür von entscheidender Bedeutung.
(Marco Hadem und Christoph Trost, dpa)

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