Kommunales

Das Hotel Hohenaschau liegt zu Füßen des aus dem 12. Jahrhundert stammenden Schlosses. (Foto: Weindl)

20.11.2015

Aschau bangt um sein touristisches Image

In einem frisch renovierten, aber nicht ausgelasteten Hotel werden Asylbewerber untergebracht – das sorgt für Unmut

Komplizierte Eigentumsverhältnisse und eine unglückliche Kommunikation sorgen in der kleinen Gemeinde Aschau im Chiemgau für Unruhe. Wegen der kurzfristig notwendigen Unterbringung von Asylbewerbern in einem gerade erst wiedereröffneten Hotelbetrieb sehen viele Bürger und Gemeinderäte den Tourismus gefährdet.
Bis zum letzten Sitzplatz gefüllt war die Gemeinderatssitzung kürzlich in Aschau im Landkreis Rosenheim. Daran hatte vor allem ein Tagesordnungspunkt seinen Anteil, der Bürger und Gemeinderäte in dem Tourismusort in den Chiemgauer Bergen besonders beschäftigt: Das traditionsreiche Hotel Hohenaschau im gleichnamigen Ortsteil – direkt zu Füßen des aus dem 12. Jahrhundert stammenden Schlosses gelegen – beherbergt seit Kurzem nicht nur Feriengäste sondern auch 22 Asylbewerber.
Dass dieser Umstand für Diskussionen sorgt in der Gemeinde mit knapp 5600 Einwohnern, liegt nicht an der generellen Asylproblematik, sondern an sehr speziellen Umständen. Zum 1. Mai 2015 übernahm Heike Schillbach das Drei-Sterne-Hotel. Sie investierte 250 000 Euro in das Haus, das vor allem Aktivurlauber und Geschäftsreisende ansprechen soll. „Wir hatten einen guten Start und im August eine Auslastung von rund 80 Prozent“, sagt Hotelchefin Schillbach.
Vor wenigen Wochen bekam sie dann sehr kurzfristig die Mitteilung des Landratsamtes Rosenheim, dass in elf der insgesamt 80 Apartments Asylbewerber einziehen würden. Dass sie erst einen Tag vor deren Ankunft informiert wurde, erzürnt die Unternehmerin besonders.
Schuld an diesem ungewöhnlichen Vorgang sind vor allem die komplizierten Eigentumsverhältnisse des Hotels. Die Apartments gehören verschiedenen Privatleuten, die wiederum zum Großteil in einer Eigentümergemeinschaft organisiert sind. Die Eigentümerin der restlichen Appartements ist jedoch nicht Mitglied in besagter Gemeinschaft und hatte – offensichtlich ohne Absprache – ihre Apartments direkt an das Landratsamt Rosenheim verpachtet, das damit eine Chance sah, die mit Asylbewerbern gefüllten Turnhallen in Prien am Chiemsee etwas zu entlasten.
Dass Heike Schillbach so spät informiert wurde, das sieht man auch im Rosenheimer Landratsamt als unglücklich, ändert jedoch nichts an der Entscheidung der Behörde. Nicht glücklich sind auch die Aschauer Gemeinderäte, die den für den Ort sehr wichtigen Tourismus bedroht sehen. Das war auch das Argument, als es bereits Ende 2014 Bestrebungen der Regierung von Oberbayern gab, dieses Hotel – ebenso wie das Aktivhotel in Aschau – als Asylantenunterkunft zu nützen. Damals konnte das von den Einwohnern noch abgewendet werden.

Doch nun haben sich nicht nur die Zahlen der ankommenden Flüchtlinge, sondern auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen geändert. Das am 24. Oktober 2015 in Kraft getretene Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz hat auch Auswirkungen auf das Baurecht und erleichtert unter anderem auch die Nutzungsänderung von baulichen Anlagen für die Unterbringung von Flüchtlingen. „Ein erheblicher Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung“, hieß es dazu erbost im Aschauer Gemeinderat. Der Geschäftsführer der Eigentümergemeinschaft, Joachim Konrad, hat bereits juristischen Widerstand angekündigt und beruft sich darauf, dass die Apartments ausschließlich für touristische Zwecke zugelassen seien. Das Landratsamt hält dagegen, dass es einen Beherbergungsvertrag mit der Eigentümerin gebe.
Ohne Widerstand wollen auch die Aschauer das nicht hinnehmen, wobei es hier ganz offensichtlich nicht gegen die Asylbewerber, sondern gegen den Verlust der beiden Hotels als wichtige Gastbetriebe geht. „Das ist ein Schlag ins Gesicht für unseren Tourismus“, kommentierte es ein Gemeinderat. „Aschau gehört zu den wichtigsten Tourismusorten in der Region und braucht diese Hotels“, sagt ein anderer. Bei der Unterbringung von Asylbewerbern sieht Bürgermeister Peter Solnar Aschau auf einem guten Weg, die vorgegebenen Zahlen auch zu erfüllen.Vergleiche mit anderen Orten hält er jedoch für schwierig, da die Voraussetzungen sehr unterschiedlich seien und Aschau zum Beispiel über keine Turnhallen für die Unterbringung größerer Gruppen verfüge. Mit den im Hotel untergebrachten Asylbewerbern sind in Aschau derzeit rund 70 Flüchtlinge wohnhaft.
Weniger optimistisch in die Zukunft schaut die Hotelpächterin Heike Schillbach. Da die Apartments der ausschließlich jungen und männlichen Asylbewerber auf das gesamte Hotel verteilt sind, machen sich deren Lebensgewohnheiten auch entsprechend bemerkbar. „Die meisten sind sehr höflich. Es gibt aber auch Ausnahmen“, sagt sie. Vor allem Eritreer hätten offensichtlich ein hierzulande schwer nachvollziehbares Frauenbild. Vereinzelt seien damit auch weibliche Hotelgäste konfrontiert gewesen. Das Hotelpersonal ist mittlerweile nur noch zu zweit im Haus unterwegs.
Erste negative Hotelbewertungen bei Internetportalen konnte Heike Schillbach noch neutralisieren. Wenn sich die Kritik jedoch häuft, dann sieht sie große Probleme auf sich zukommen. „Dann kann ich in Insolvenz gehen.“ Derweil hat der Gemeinderat mit 19:2 Stimmen dafür gestimmt, dem Rosenheimer Landrat Wolfgang Berthaler (CSU) und dem Regierungspräsidenten von Oberbayern, Christoph Hillenbrand, einen offenen Brief zukommen zu lassen. Das Aschauer Hotel und die Asylbewerber dürften in der Region noch länger ein Thema sein. „Das ist bei uns online zur Zeit der meistgelesene Artikel“, verrät Redakteurin Heike Duczek vom Oberbayerischen Volksblatt. (Georg Weindl)

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