Kommunales

Viele Katzenkinder kommen infiziert auf die Welt, weil die Mutter nicht geimpft war – meist das Todesurteil. Auf den ersten Blick erkennt man die Krankheit nicht, aber ihr Verhalten ist untypisch. (Foto: dpa/Bernd Wüstneck)

25.09.2020

Auch Katzen haben ihr "Corona"

Immer mehr Stubentiger im Freistaat leiden unter dem Virus Parvovirose

Nicht nur das Coronavirus mit seinen Folgen hält derzeit die Menschen in Atem. Katzenschützer kämpfen seit längerer Zeit schon gegen eine andere Art von Virus, das die Samtpfoten befällt: die Parvovirose. Dieses Virus, das für junge und ungeimpfte Katzen lebensbedrohlich ist, hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr verbreitet. Das bestätigt auf Anfrage auch Ilona Wojahn, Präsidentin des bayerischen Landesverbands des Deutschen Tierschutzbunds, und fordert von den Kommunen dringend eine Katzenschutzverordnung nach dem Vorbild der oberbayerischen Stadt Pfaffenhofen a. d. Ilm.

Manuela Braunmüller, die Vorsitzende des Tierschutzvereins Pfaffenhofen und Präsidiumsmitglied im Landesverband, hat nach eigenen Worten tagtäglich vor Augen, was die Katzenseuche anrichten kann. Sie sieht es an ihrer eigenen Katze Amy. Die rund drei Monate alte graugetigerte Kätzin aus dem Tierschutz blickt mit bernsteinfarbenen Augen vorwitzig in die Welt und benimmt sich beim Kuscheln und Fressen wie eine ganz normale Hauskatze.

Jungtiere stecken sich im Mutterleib an

Doch tut sie ein paar Schritte, so sind ihre kleinen Pfoten sehr wackelig und sie schwankt hin und her. Amy hatte Parvovirose, sie hat sich – wie viele kleine Katzen – im Mutterleib angesteckt und hatte großes Glück, die Katzenseuche zu überleben. Denn in der Regel verläuft sie bei so jungen Tieren tödlich. Manuela Braunmüller hat es geschafft, das Katzenkind durchzubringen. Allerdings hat die kleine Amy deutliche Spätfolgen: Sie leidet unter neurologischen Ausfällen. „Ob das je wieder besser wird, wissen wir noch nicht“, sagt ihr neues Frauchen.
Seit längerer Zeit kämpft Manuela Braunmüller mit ihrem Team schon gegen das Parvovirus. Viele Katzenkinder kommen infiziert auf die Welt, weil die Mutter nicht geimpft war – in der Regel das Todesurteil. „Der Organismus ist oft zu schwach und schafft es nicht, gegen das Virus anzukämpfen“, erklärt Manuela Braunmüller.
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Die gefährliche Krankheit verläuft in der Regel akut, die Symptome dagegen sind recht unspezifisch. Erkrankte Katzen haben oft keinen Appetit, magern ab, leiden an Apathie und Fieber, gefolgt von Erbrechen und Durchfall. Der Durchfall, nicht selten blutig, kann sehr schwer verlaufen. Problem sei, dass der Infektionsdruck umso größer werde, je mehr Tiere zusammen sind – dies gelte gerade bei Katzen auf dem Land, die von ihren Besitzern oft nicht geimpft und kastriert werden und die sich stetig vermehren und so auch das Virus weitergeben.

Ilona Wojahn ist seit November 2019 Präsidentin des Landesverbands Bayern des Deutschen Tierschutzbunds und kann bestätigen, dass die Fälle von Parvovirose in den letzten Jahren zugenommen haben. Sie kennt nur eine Lösung: „Kastrieren, Kastrieren und nochmals Kastrieren, damit sich die Katzen nicht ungehindert vermehren können und so noch mehr Katzenelend entsteht.“

Vorbild Pfaffenhofen a. d. Ilm

Wojahn, die aus dem Landkreis Dingolfing-Landau stammt und hier auch die Regie über das Tierheim Quellenhof Passbrunn hat, fordert die Kommunen auf, endlich Katzenschutzverordnungen zu erlassen. In Pfaffenhofen, wo eine solche seit 1. Januar dieses Jahres gilt, wird unter anderem gefordert, dass der Besitzer von Katzen verpflichtet ist, diese im entsprechenden Alter kastrieren, impfen und chippen zu lassen. Durch die Impfung würde auch das Parvovirus eingedämmt werden.

Der Freistaat Bayern erkennt inzwischen laut Wojahn an, dass es in Bayern ein Katzenproblem gibt. Flyer des bayerischen Umweltministeriums klären über die Notwendigkeit der Kastrationen auf. Im bayerischen Doppelhaushalt 2019/20 wurden Fördermittel in Höhe von 200 000 Euro speziell für Kastrationsaktionen freilebender Tiere zur Verfügung gestellt, die von Tierschutzvereinen als Zuschüsse zu Kastrationsaktionen beantragt werden können. Für die Präsidentin ist dies allerdings noch lange nicht ausreichend: „Es hat sich leider gezeigt, dass es zu wenig ist, auf Freiwilligkeit zu setzen und auf Verantwortungsbewusstsein zu hoffen.

Nur eine konsequente Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht bietet Chancen, dem Katzenelend ein Ende zu setzen. Wir appellieren an alle Kreisverwaltungsbehörden und Kommunen des Freistaats, diesem Beispiel zu folgen und Katzenschutzverordnungen zu erlassen. Wichtig ist es aber auch, diese dann mit Leben zu erfüllen und deren aktive Umsetzung zu gewährleisten“, fordert die Landesvorsitzende.

Erreger können in Körbchen monatelang überleben

In Sachen Umsetzung gebe es aber auch in Pfaffenhofen noch Nachholbedarf. Perspektivisch würde dies zudem auch zu einer spürbaren Entlastung der Tierheime führen und dürfte damit letztlich auch den Kommunen zugutekommen, in deren Zuständigkeitsbereich Fundtiere und die damit verbundenen Kosten fallen, glaubt Wojahn.

Auch Manuela Braunmüller begrüßt eine Impfpflicht: „Nur so ist das Parvovirus in den Griff zu bekommen.“ Das Problem bestehe nicht nur in Pfaffenhofen, „sondern kreuz und quer in ganz Bayern.“ Wurde das Virus erst einmal eingeschleppt, kann es im Haus – zum Beispiel in Textilien und Körbchen – monatelang überleben und Katzen, die nicht geimpft sind, können sich infizieren. Nur durch eine teure und aufwendige Behandlung mit Ozon kann das Problem in den Griff bekommen werden.

Laut Präsidentin Wojahn kämpft auch das Tierheim Regen im Bayerischen Wald derzeit mit der Parvovirose und baut Teile der Einrichtung deshalb neu. Katzenschutzverordnungen in allen Gemeinden und Städten Bayerns sollen das Problem künftig erleichtern – aber bis dahin ist es laut Ilona Wojahn noch ein weiter, steiniger Weg, der viel Aufklärungsarbeit bedeutet. (Melanie Bäumel-Schachtner)

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