Unscharf, weil schnell erwischt: Der blaue Mercedes mit dem Kennzeichen, dessen Buchstaben und Zahlen in Neonazikreisen an Adolf Hitler erinnern. (Foto: Sören Pellmann)
"L-AH 1818": An einem blauen, alten Mercedes Kombi prangen zwei Kennzeichen, die Linksdenkende als Neonazisymbolik werten. Umso mehr, wenn ein AfD-Politiker auf Wahlkampftour mit dem Vehikel geht, auf dem deutlich Parteiname, sein Konterfei und der Spruch „Freiheit statt Sozialismus“ prangen.
„Dreimal Adolf Hitler“ erkennt beispielsweise Birgit Mayr, eine renommierte Nürnberger Neonazi- Forscherin, in dem Kennzeichen. "AH" ist klar: Adolf Hitlers Initialen. Aber "18"? Verschlüsselte Zeichen für den ersten und den achten Buchstaben im Alphabet - eben noch zweimal "AH" oder Adolf Hitler.
„Wenn sich jemand mit Vornamen A und mit Nachnamen H dieses Kennzeichen wünscht, dann stellen wir das eben aus“, erklärt Leipzigs Stadtsprecher Matthias Hasberg das Nummernschild. Denn das Fahrzeug gehöre gar nicht Siegbert Droese, AfD-Politiker, und Leipziger Kreisvorsitzender der Rechtspopulisten. Der sei nur damit unterwegs. Halterin sei eine Dame mit genau jenen Initialen "AH".
Außerdem, ergänzt Hasberg, habe es das Kennzeichen bereits vorher schon einmal gegeben: Da habe es ein Autohändler genutzt. Die Verkäufer ließen gerne ihre Dienstwagen mit "AH"-Kennzeichen zu, so die Erklärung des Stadtsprechers. Nur zwei "AH"-Nummern seien in Leipzig komplett verboten. Die "1898": In dem Jahr sei Hitler geboren worden. Und eben noch der Geburtstag des Naziführers, also die "2004".
Eine etwas abenteuerliche Begründung schiebt Hasberg auch noch nach: „Wenn jemand am 18. Geburtstag hat und sich ein solches Kennzeichen wünscht und es nicht bekommt, dann kommt er damit wohl vor jedem Gericht durch.“ Dabei kennt man hierzulande kein Recht auf Wunschkennzeichen. Vielmehr ist das Angebot für viele Kommunen ein Zubrot, das die KfZ-Behörde einnehmen kann. In Leipzig kosten Wunschkennzeichen übrigens 12,80 Euro zusätzlich.
In Bayern versucht das Innenministerium, solche wie die kritisierte Leipziger Nummernkombination zu verhindern. „Bei den Buchstabenkombinationen AH sowie HH sollte kein Erkennungszeichen in Kombination mit den Zahlenkombinationen 18 oder 88 erfolgen, nachdem bestimmte Erkennungsnummern in den letzten Jahren bei Rechtsextremisten einen versteckten Zahlencode darstellen“, schreibt die Pressestelle und ergänzt: Die Buchstabenkombinationen "HH" und "AH" seien zwar nicht generell gesperrt, aber „die genannten Zahlenkombinationen sind in Verbindung mit HH und HA jedoch generell nicht zur Zuteilung freigegeben.“
Ob wirklich alle KfZ-Zulassungsbeamten die Vorgabe des Ministeriums 100-prozentig umsetzen? Christian Vogel, SPD-Bürgermeister von Nürnberg, will nach dem Aufschrei um "AH 1818" in Leipzig seine Behörde extra noch einmal darauf hinweisen, „dass nach AH oder HH auch Kombinationen aus 18 und 88 nicht genehmigt werden sollen“. Will sich doch seine Kommune als Stadt der Menschenrechte profilieren. Vor Jahren wurden sogar Kombinationen von „N-SU“ in Nürnberg durch andere ersetzt, als die Neonazi-Mördergruppe NSU aufgeflogen war.
Klar ist für Bayerns Staatsregierung wie für die Nürnberger Verwaltung: Die Buchstabenkombinationen „HJ“, „KZ“, „NS“, „SA“ und „SS“ gehören nicht auf Nummernschilder. Dass die Stadt aber die Buchstabenkombinationen „AH“ und „HH“ mit anderen Zahlenkombinationen zuteilt, auch da geht sie mit den Regeln des Freistaats konform. Das Innenministerium fordert aber: „Die Zulassungsbehörde sollte im Einzelfall auf den Antragsteller achten. Bei erkennbar nationalsozialistischer Gesinnung sind nach eigenem Ermessen weitere Beschränkungen möglich.“
„Erkennbar nationalsozialistisch“: Das will natürlich auch der Leipziger AfD-Mann Droese nicht sein. Ob er an Nazisymbole denke bei den Nummernschildern an dem blauen Mercedes? „Von diesem Gedankengang absolut distanzieren“ will sich der Funktionär. Denn: „Das ist das Fahrzeug einer Freundin mit den Initialen AH. Das Kennzeichen ist schon länger im Gebrauch.“
Doch nachdem es jetzt öffentlich wurde, ist es Siegbert Droese „insgesamt unangenehm. Das Kennzeichen möglichst schnell tauschen“ wolle er jetzt, erklärt der AfD-Funktionär am Telefon.
Für Leipzigs Linke verstößt "L-AH 1818" deutlich gegen diese guten Sitten: „LAH war bei den Nazis die offizielle Abkürzung der 1. SS Panzerdivision - Leibstandarte Adolf Hitler."
PS: Den Spruch „Freiheit statt Sozialismus“ haben Siegbert Droeses Autobemaler übrigens bei der CDU geliehen. Die zog 1976 mit genau diesem Motto und Helmut Kohl vorndran in den Bundestagswahlkampf. Genau vierzig Jahre ist das jetzt her.
(Heinz Wraneschitz)
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