Kommunales

Wang Yipei vor einem seiner Fotos: Der Wissenschaftler hat das Leben der Menschen vor der Flutung dokumentiert. (Foto: Schweinfurth)

04.09.2023

Das versunkene Erbe

Das Amt für Internationale Beziehungen der Stadt Nürnberg präsentiert eine Dokumentation über den Drei-Schluchten-Staudamm in China

Über 20.000 Fotos hat der chinesische Wissenschaftler Wang Yipei in den 20 Jahren vor Fertigstellung des weltweit umstrittenen Drei-Schluchten-Staudamms in Zentralchina gemacht. Nur einen Bruchteil davon zeigt er bis 19. September 2023 im Internationalen Haus Nürnberg.

Das Amt für Internationale Beziehungen der Stadt Nürnberg und das Konfuzius-Institut Nürnberg-Erlangen haben die Ausstellung ermöglicht. Bayerns ehemaliger Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) lobte bei der Vernissage dieses Engagement für einen kritischen Umgang mit der Volksrepublik. Er selbst habe im Jahr 2000 mit seiner Frau bei einer China-Reise ein paar Tage eine Flusskreuzfahrt auf dem Jangtsekiang unternommen. Damals konnte er viele der jetzt versunkenen Orte noch sehen.

Das dokumentarische Engagement und die Hingabe Yipeis stößt in China aber nicht auf Gegenliebe. Heute lebt er in San Francisco in den USA. Denn in der Volksrepublik wird seine Arbeit nicht gewürdigt und er hatte dort einige Probleme, wie er sagt, ohne sie genauer zu benennen. "Bis vor ein paar Jahren konnten die Chinesen meine Fotos noch online sehen. Heute ist das nicht mehr möglich", sagt er zur Staatszeitung.

Yipei hat historische Orte und das Leben der Menschen dokumentiert, bevor diese Orte für das Staudammprojekt geflutet wurden und für immer verschwunden sind. Die Ausstellung präsentiert Alltagsgeschichten aus dem Leben der Fischer- und Bauernfamilien am Ufer des Jangtsekiang durch Bild- und Tonaufnahmen.

Die Armen haben nichts vom Strom

Die 32 Turbinen (sie stammen von Voith Hydro, einem Joint-Venture von Voith und Siemens) des Megastaudamms haben zusammen eine Kapazität von 22,5 Millionen Kilowatt. Doch die arme Bevölkerung vor Ort hat nichts von dem Strom. Der wird an wohlhabendere Chinesen in die Städte weitertransportiert.

Der Jangtsekiang ist mit 6380 Kilometern der längste Strom Chinas und der drittlängste der Erde. Kein anderes Großprojekt war um die Jahrtausendwende so umstritten wie diese Talsperre des Drei-Schluchten-Staudamms und die damit verbundenen Zwangsumsiedlungen. 1,3 Millionen Menschen haben ihre Heimat verloren. Das haben nicht alle verkraftet. Unter den Älteren gab es laut Yipei etliche Selbstmorde. Selbst wertvolle antike Tempelbauten wurden einfach den Fluten übergeben. "Ich konnte zum Glück noch eine alte Stadtmauer sehen, die heute unter Wasser ist", erinnert sich Günter Beckstein. Inzwischen denkt man in China darüber nach, diese historisch wertvollen Orte mittels Unterwasserröhren begehbar zu machen.

Aber nicht nur die Menschen leiden unter dem Projekt. Viele Fischarten sind dort inzwischen ausgestorben. Und Yipei verweist darauf, dass die Hänge am Flussufer abrutschen. Denn das bis zu 112 Meter hoch aufgestaute Wasser durchweicht diese. Damit geht fruchtbare Erde verloren.
(Ralph Schweinfurth)

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