Kommunales

Das Innere des sogennaten der zentralen Münchner Wasserversorgung im Mangfalltal bei Weyarn, ungefähr 40 Kilometer südlich von München. Die Grundwasserfassung wurde 1913 fertiggestellt. (Foto: dpa)

17.12.2024

Land versus Stadt

Der Landkreis Miesbach und die Stadt München streiten ums Wasser

Es ist eine gigantische Menge: Gut 100 Millionen Kubikmeter Trinkwasser fließen pro Jahr vom Landkreis Miesbach nach München. Das ist der Großteil des gesamten Münchner Trinkwassers. Seit über 140 Jahren verdankt die Landeshauptstadt dem Bayerischen Oberland, dass sein Trinkwasser im bundesweiten Vergleich eines der saubersten und bekömmlichsten ist. Doch im Münchner Rathaus geht mitunter die Angst um, dass man sich womöglich künftig nach weiteren Lieferanten umschauen muss.

Denn um die sogenannten Altrechte, die es den Stadtwerken München (SWM) erlauben, Wasser zu entnehmen, wird seit Längerem gestritten. Manche im Landkreis Miesbach fühlen sich ausgenutzt oder zumindest zu billig abgespeist.

Bauern haben Angst vor zu strengen Auflagen

Klar ist: Um die hervorragende Qualität des Münchner Trinkwassers nicht zu gefährden, soll im Mangfalltal schon seit einiger Zeit ein Schutzgebiet erweitert werden. Doch der Landkreis Miesbach wehrt sich gegen die Ausweitung des Schutzgebietes Thalham-Reisach-Gotzing. Vor Ort ist der Widerstand teils beträchtlich. Örtliche Landwirte befürchten Probleme für sich. Auch über mögliche Auswirkungen für Klärwerke und ein Gewerbegebiet wurde diskutiert. Das Landratsamt Miesbach argumentiert, vor einer Ausweitung des Schutzgebiets müssten erst einmal die mittlerweile seit über ein Jahrhundert existierenden Altrechte der Stadtwerke München zur Wassergewinnung geprüft werden.

Zuletzt beschäftigte sich der Umweltausschuss des Landtags mit einer Petition zu dem Thema. Diese wurde unter anderem von der Stadt Miesbach und mehreren Gemeinden aus der Region eingereicht. Die Oberländer wollen, dass sich die Münchner, die Entnahme des Wassers erneut genehmigen lassen. Die Miesbacher Seite verwies auch auf ein Rechtsgutachten eines Umweltrechtsprofessors aus dem vergangenen Jahr, das zu dem Ergebnis kam, dass die behaupteten Altrechte faktisch nicht existierten. Der Ausschuss nahm im November die Petition an, wonach vor der Ausweisung des Schutzgebiets erst die Gültigkeit dieser Altrechte juristisch geklärt werden soll.

Zur Frage nach der Gültigkeit der Altrechte ist aktuell eine Klage am Verwaltungsgericht München anhängig. Doch der Rechtsstreit kann noch sehr lange dauern. Und damit zieht sich nach dem Willen des CSU- und FW-dominierten Umweltausschusses auch die Ausweitung des Schutzgebiets weiter hin – dieses sei jedoch dringend nötig, um weiter sauberes Trinkwasser zu haben, argumentiert die Stadt München.

Ein Sprecher der Stadtwerke München sagt der Staatszeitung: „Aus unserer Sicht ist es weiterhin notwendig, dass das Landratsamt Miesbach das Verfahren zur Ausweisung eines Wasserschutzgebiets für die wichtigste Wassergewinnungsanlage Münchens zügig fortführt.“ Dies verlange „die geltende Rechtslage, wie sie auch in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zum Ausdruck kommt“. Bei der Entscheidung des Umweltausschusses habe dies jedoch „offenbar keine entscheidende Rolle gespielt.“

Stadtwerke: Die Altrechte sind immer noch gültig

Schon länger betonen die SWM und das grün-rot dominerte Rathaus der Stadt München, dass auch das CSU-geführte bayerische Umweltministerium sowie die Regierung von Oberbayern und das Landesamt für Umwelt ihre rechtliche Auffassung teile. Die Stadtwerke verweisen auf eine „ausführliche rechtliche Stellungnahme“ des Landratsamts Miesbach, in der 2017 festgestellt worden sei, „dass das Altrecht der SWM bezüglich der Grundwasserfassung besteht“.

Auch die Regierung von Oberbayern habe 2022 die Altrechte bestätigt. Doch unabhängig von der Frage der Altrechte müsse das Landratsamt Miesbach das Verfahren vorantreiben, „um die gesetzliche Pflicht – Schutz des Grundwassers für Trinkwasserzwecke – zu erfüllen“.

Die Vollversammlung des Münchner Stadtrats hat nach der Entscheidung des Petitionsausschusses Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gebeten, das Landratsamt Miesbach als für die Ausweisung des Wasserschutzgebiets zuständige Behörde „zum Abschluss des Verfahrens zum Erlass einer Wasserschutzgebietsverordnung aufzufordern“. Reiter schrieb deshalb in dieser Woche einen offenen Brief an den Miesbacher Landrat Olaf von Löwis of Menar (CSU). Darin heißt es: „Die Landeshauptstadt München ist besorgt, dass die gesetzlich geforderte Ausweisung eines Wasserschutzgebiets für die wichtigste Gewinnungsanlage Münchens aufgrund der Entscheidung des Umweltausschusses sich erneut über Jahre verzögern könnte.“ Reiter betont in dem Schreiben, dass die Altrechte noch immer gültig seien. „Die zuständigen Behörden des Freistaats haben dies über die Jahrzehnte, die die Diskussion um die Wasserschutzgebiete andauert, immer wieder bestätigt.“

Reiter verweist ebenfalls auf die Begutachtung des Miesbacher Landratsamts von 2017. Für ihn ist klar, dass das Landratsamt auch ohne Klärung der Altrechtsfrage nun umgehend tätig werden muss. „Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets setzt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht voraus, dass eine wasserrechtliche Gestattung zur Grundwasserentnahme vorliegt.“

Das Landratsamt Miesbach betont auf Anfrage, dass eine Aussetzung der Verfahrens seitens des Landratsamtes bislang nicht erfolgt sei. Vielmehr seien die von den SWM erstellten Unterlagen bereits im März an das Landesamt für Umwelt weitergeleitet worden. „Die Begutachtung wurde Stand heute noch nicht abgeschlossen, so dass weitere verfahrensleitende Maßnahmen des Landratsamtes Miesbach momentan nicht veranlasst sind“, so der Sprecher. Vor dem Hintergrund der erfolgreichen Petition werde „das weitere Vorgehen aber eingehend geprüft“. Eine spätere Aussetzung des Neuausweisungsverfahrens bis zur Klärung der Altrechtefrage sei „durchaus denkbar“. Das würde sich der Behörde zufolge „vollumfänglich mit der rechtlichen Bewertung unseres Bevollmächtigten im Altrechteverfahren decken“.  (Tobias Lill)

Der Artikel erschien am 13. Dezember in der gedruckten Ausgabe der Bayerischen Staatszeitung.

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