Kommunales

Vor dem Wechsel ins Landratsamt war Herbert Eckstein Abgeordneter im Landtag. (Foto: dpa/Sven Hoppe)

29.03.2023

Dienstältester Landrat Bayerns gibt Amt nach 30 Jahren auf

Herbert Eckstein (SPD) regierte den Kreis Roth seit 1993

Er gehörte zum selten gewordenen Teil der Landräte – meist sind es ältere Männer –, die man als Mensch von der Presse bei einer dringenden Recherche einfach so anrufen konnte; nicht wie bei vielen seiner meist jüngeren Kolleg*innen, wo inzwischen vorab erst umständliche schriftliche Anfragen per Mail an die Presseabteilungen geschickt werden müssen. Wenn Herbert Eckstein (SPD) dann wirklich ausnahmsweise auch keine fünf Minuten extra Zeit hatte, dann rief er garantiert noch im Laufe des Tags zurück; notfalls auch am späten Abend. Zitate waren Zitate und wurden nicht hinterher glattgebügelt. Am heutigen Freitag absolviert Bayerns dienstältester Landrat nach 30 Jahren im Amt seinen letzten Arbeitstag im Landratsamt des Kreises Roth.

Das offene Wort galt auch, wenn es um Kritik an seiner eigenen Partei ging. Dass etwa der frühere Landesvorsitzende Florian Pronold nicht unbedingt ein Segen für die schwächelnde Bayern-SPD war, konnte er von seinem knorrig-ehrlichen Genossen aus Mittelfranken mehrmals lesen. Dass sein Verband, der Bayerische Landkreistag, im Zweifel immer vor der Partei rangierte, honorierten seine Kolleg*innen auch damit, dass sie den Rother vor einem Jahr – trotz des nahenden Amtszeitendes – noch einmal zum 2. Vizepräsidenten wählten. Als der studierte Jurist und leidenschaftliche Hobby-Fußballschiedsrichter 1993 erstmals zum Landrat gewählt wird, ist er gerade 37 Jahre alt. Zuvor war er Abgeordneter im Landtag.

 

Eine der ersten Energieberatungsagenturen im Freistaat gegründet



Eine der härteren Entscheidungen war, die sechs kleinen Krankenhäuser, die es früher mal im Landkreis Roth gab, zu schließen. Stattdessen sollte ein größeres und breiter aufgestelltes Kreiskrankenhaus eröffnet werden – ein damals sehr umstrittener Plan, den Eckstein aber letztlich doch durchsetzen konnte. Ein anderes Beispiel ist die Energieberatungsagentur des Landkreises, die er 1995 installierte. „Da war Energie noch kein Thema. Und wenn ich heute sehe, wie groß der Bedarf ist, waren wir der Zeit im Endeffekt voraus.“

Aber es war genau diese Bodenständigkeit, die Herbert Eckstein bei der Bevölkerung vier Wiederwahlen bescherte – mit meist aussichtslosen Gegenkandidierenden. Wenn er jetzt gesundheitsbedingt nach fünf Amtszeiten in den Ruhestand geht, stellt die einstige Volkspartei gerade noch zwei von 71 bayerischen Landrät*innen. In der mittleren kommunalen Ebene des Freistaats findet die SPD inzwischen faktisch nicht mehr statt.

Dass dies auch mit daran liegt, dass seine Partei das Gefühl für die Menschen im ländlichen Raum verloren hat – für die Bauernschaft, die Trachtler, die Landfrauen, die Stammtische und die Schützenvereine –, und sich in ihren Ambitionen inzwischen als traurige Kopie der Grünen auf die urbane akademische Mittelschicht fokussiert: das würde Herbert Eckstein vermutlich nicht verneinen. „Man muss die Leute mögen“, lautet sein Motto. „Das Wichtigste ist: Draußen bei den Leuten unterwegs sein. Nicht immer bei den Großkopferten hocken, sondern bei den anderen“, sagt der 67-Jährige. (André Paul)

 

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