Kommunales

Der Grund fürs Heiraten ist – jedenfalls meistens – der gleiche. Die Konstellationen bei den Paaren dagegen werden immer vielfältiger. (Foto: dpa)

11.03.2016

Ehen werden bunter

Binationale Ehen, Patchwork-Paare, große Altersunterschiede – neue Paarkonstellationen stellen Bayerns Standesämter vor Herausforderungen

Auf Bayerns Standesämtern erscheinen längst nicht mehr vorwiegend zwei ledige Deutsche, um ihre Heirat anzumelden. Im Gegenteil – noch nie gab es so viele Konstellationen an Heiratswilligen wie heute. Nicht selten hat einer der Partner bereits eine Ehe hinter sich. Oft existiert ein gemeinsames Kind. Und immer häufiger stammt einer der Partner aus einem Land außerhalb der EU. Damit wächst der Zeit- und Arbeitsaufwand, sagt Wolfgang Zeiler vom Bürgeramt in Aschaffenburg.

Je nachdem, aus welchem Land einer der Partner stammt, ist das Beurkundungswesen mehr oder weniger langwierig. Unproblematisch sind Herkunftsländer wie Liechtenstein, Kroatien oder auch Mosambik. Das dort ausgestellte „Ehefähigkeitszeugnis“ wird in Deutschland ohne weiteres anerkannt. Doch mehrere Länder gelten Wolfgang Zeiler zufolge als „Herkunftsstaaten mit unsicheren Urkundenwesen“. Indien gehört zum Beispiel hierzu: „Das sind dann oft langwierige Verfahren, an denen externe Stellen beteiligt werden.“

Konkret erfolgen die Urkundenprüfungen im Herkunftsstaat unter Einschaltung von Vertrauensanwälten durch die deutschen Botschaften. Heiratet ein Ausländer eine Deutsche, kann er dadurch einen Aufenthaltstitel erlangen. Dies ist denn auch ein nicht seltener Grund für die Entscheidung zu heiraten. „Eben dadurch nimmt auch die Zahl der Scheinehen zu“, so der unterfränkische Bürgeramtsleiter.

Gründe, warum der deutsche Partner einer Scheinehe zustimmt, reichen von einer finanziellen Notlage über Mitleid bis hin zu Gewaltandrohung. Der Nachweis einer Scheinehe wiederum sei sehr zeitintensiv: „Er kann nur durch getrennte Befragungen beider Heiratswilliger erfolgen.“ Skeptisch werden Behörden vor allem , wenn der Altersunterschied eklatant ist.

Von einem solchen Fall weiß Standesbeamtin Margit Krämer aus dem unterfränkischen Kitzingen: „Bei uns wollte eine Deutsche einen Tunesier heiraten. Der Mann war sehr jung, die Frau viel älter. Zudem lebte er noch immer in Tunesien. Darum wurde während des Beurkundungsverfahrens auf Scheinehe getippt.“ Beide Partner wurden befragt: „Der Verdacht hat sich allerdings nicht bestätigt.“

Neben Schein- kommt es immer wieder auch zu Zwangsehen. Mehr als 3000 Frauen sollen in Deutschland jedes Jahr Opfer werden. „Auch wir in Aschaffenburg hatten 2015 einen Fall“, so Wolfgang Zeiler. Bei diesem Thema ist besondere Sensibilität gefragt, ergänzt sein Kollege Robert Brümmer, Standesbeamter aus Augsburg: „Man darf schließlich keine Personengruppe unter Generalverdacht stellen.“ Die Mitwirkung an der Eheschließung dürften Standesbeamte prinzipiell nur dann verweigern, wenn es „offensichtlich“ sei, dass es bei der Eheschließung nicht mit rechten Dingen zugeht.

In Augsburg haben rund 40 Prozent aller Einwohner laut Brümmer einen Migrationshintergrund. Aus diesem Grund werden auch in der schwäbischen Bezirkshauptstadt die Konstellationen heiratswilliger Paare immer bunter – mit allen damit verbundenen Komplikationen. „Geht es um die Anerkennung einer ausländischen Scheidung, treten auch bei uns oft Probleme auf“, gibt Brümmer zu. Auch könne es vorkommen, dass eine bestehende Ehe verschwiegen wird: „Drängt sich das durch die vorgelegten Papiere nicht geradezu auf, wird dies jedoch auch durch die Prüfung der Unterlagen nicht aufgedeckt.“

Ämter werden fusioniert

Zu schaffen machen Standesbeamten schließlich Querelen mit Bürgern, die sich über den hohen bürokratischen Aufwand bei der Eheschließung empören, so Wolfgang Zeiler aus Aschaffenburg. Nach seinen Worten scheitern Eheschließungen nicht selten an fehlenden Identitätsnachweisen oder angeblich nicht beschaffbaren Urkunden: „Die Betroffenen sehen nicht ein, warum gewisse Nachweise im Original beschafft werden müssen.“ Dies sei für sie natürlich auch aufwendig und teuer: „Das will man vermeiden und hofft, durch eine nachhaltige Verweigerungshaltung bei den Behörden doch noch ans Ziel zu kommen.“

Längst sieht ist nicht mehr jedes kleine Rathaus in der Lage, mit der komplexen rechtlichen Materie rund um die Eheschließung umzugehen. Immer mehr Gemeinden lagern diese Aufgabe deshalb aus. Dies geschah vor einem Jahr in der unterfränkischen Verwaltungsgemeinschaft Kreuzwertheim mit den Gemeinden Kreuzwertheim, Schollbrunn und Hasloch. Wer in einem dieser drei Orte wohnt und heiraten möchte, muss die Ehe nun auf dem Standesamt des nahegelegenen Marktheidenfeld anmelden.

Dies bedeutet zunächst einen längeren Weg, gibt Bürgermeister Klaus Thoma (parteilos) zu. Doch unterm Strich profitierten die Bürger: „Die Anmeldungen der Eheschließung ist auch bei uns sehr kompliziert geworden, weil eher selten zwei ledige Erwachsene mit deutschem Pass heiraten.“ Es brauche also oft ohnehin einen Spezialisten, der sich etwa auf dem juristischen Feld der „Ehefähigkeit“ auskennt. Ein solcher Spezialist sitze in Marktheidenfeld.

Zu Beginn des Jahres 2016 wurde das Standesamt der unterfränkischen Marktgemeinde Reichenberg auf die Stadt Würzburg übertragen. „Bei einem kleineren Standesamt verursachten die geringen Fallzahlen heute einen unverhältnismäßig hohen Personal- und Sachaufwand“, so Würzburgs Pressesprecher Christian Weiß.

Immer komplexere Personenstandsfälle und Rechtsvorschriften erforderten eine höhere Fallbearbeitungszeit: „Auch steigen die EDV-Kosten wegen der Einführung des elektronischen Personenstandsregisters und der damit verbundenen elektronischen Beurkundungen stetig an.“

Bereits 2008 übertrug das Standesamt Pettendorf im Landkreis Regensburg seine Aufgaben an den Markt Lappersdorf. Wellheim im oberbayerischen Landkreis Eichstätt übertrug die Aufgaben seines Standesamtes vor fünf Jahren an Eichstätt. Auch der Markt Erkheim im Landkreis Unterallgäu entschloss sich zur Aufgabenübertragung ans Standesamt Mindelheim. (Pat Christ)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll die tägliche Höchstarbeitszeit flexibilisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.