In diesen Tagen öffnen in vielen bayerischen Kommunen wieder die Freibäder. Doch ein ordnungsgemäßer Betrieb wird immer schwieriger. Grund: Es fehlt an qualifiziertem Aufsichtspersonal. Das liegt am leergefegten Markt, aber auch an der sinkenden Attraktivität der Tätigkeit.
Vor drei Jahren hatte die Gemeinde Uettingen im Landkreis Würzburg ein Problem: Kaum jemand war bereit, die Badeaufsicht im Freibad zu übernehmen. Über das gemeindliche Mitteilungsblatt begann man, nach rüstigen Rentnern, Hausfrauen, Studenten und volljährigen Schülern zu fahnden, die diesen Job gegen ein Entgelt übernehmen würden. Inzwischen hat sich die Situation etwas verbessert. „Wir haben im Moment vier Zusagen, damit sollte die Freibadsaison 2018 abgedeckt sein“, freut sich Bürgermeister Heribert Endres (CSU).
Badeaufsicht kann nicht jeder werden. Interessierte müssen nicht nur einiges an Zeit mitbringen. Voraussetzung sind weiter das silberne Rettungsschwimmabzeichen, das höchstens zwei Jahre zurückliegen sollte, und ein aktueller zweitägiger Erste-Hilfe-Kurs. Das haben nicht mehr allzu viele Menschen vorzuweisen.
Die Gemeinde Uettingen bot Interessenten an, beide Voraussetzungen auf Kosten der Gemeinde zu erwerben. Offensichtlich half das, Personal zu finden. Denn Badeaufsicht zu sein, gilt nicht mehr überall als super attraktiver Job. Vorbei die Zeiten, wo vor allem sportliche junge Männer dadurch hoffen konnten, mit hübschen Mädchen anzubandeln.
Immer wieder gibt es Haus- und Badeverbote
Denn nicht alle Badegäste benehmen sich angemessen. Immer wieder müssen Haus- und Badeverbote ausgesprochen werden. Zum Beispiel, weil Badegäste Absperrungen ignorieren, Müll einfach auf den Boden werfen, miteinander in Streit geraten, andere Badegäste belästigen oder stark betrunken sind. „Wir hatten zwar bisher keinen größeren Ärger zwischen Badegästen und Badeaufsichten“, so Uettingens Bürgermeister Endres. Allerdings sei „allgemein eine gewisse Respektlosigkeit zu verzeichnen“. Ob und wie man an ausreichend Freiwillige für die Badeaufsicht kommt, trieb auch den Verein Naturfreibad Haunstetten in Augsburg um. Im März 2011 übernahm die Organisation das Naturfreibad von der Stadt, um es für die Bürger zu erhalten und zu betreiben. Vor allem dank der Wasserwacht gelingt es, die Badeaufsicht sicherzustellen. Teilweise übernehmen Wasserwachtler sowohl ehrenamtlich als auch nebenberuflich Aufsichtsschichten.
Wasserwachtler Benjamin Weber engagiert sich schon seit langem für das Naturfreibad. Vor zwei Jahren beschloss der 32-jährige Polizist, sich an den von der Wasserwacht nicht abgedeckten Zeiten gegen eine Aufwandsentschädigung als Badeaufsicht zu engagieren. Etwa an jedem dritten Wochenende hat er Dienst. Der Job gefällt dem jungen Mann gut, da er die Badegäste – abgesehen von sehr wenigen Ausnahmen – als nett und kooperativ erlebt.
Was daran liegt, dass das Naturfreibad Haunstetten eine besondere Badeeinrichtung ist: „Schätzungsweise 80 Prozent unserer Gäste gehören dem Verein an.“ Die Aufsicht findet in zwei Schichten statt. Die erste Schicht beginnt, je nach Witterung, oft schon um 8 Uhr morgens und zieht sich bis spätestens 13 Uhr hin. Danach wird gewechselt. Der Dienst endet um 20 Uhr.
Zwischen 30 und 70 Hilfsfälle pro Saison
Oft ist es ruhig, was das Arbeiten angenehm macht. „In den letzten Jahren kam es jährlich im Durchschnitt zwischen 30 bis 70 Mal vor, dass jemand Hilfe brauchte oder medizinisch versorgt werden musste“, so Weber. Meist handelt es sich um Bagatellen. Hier stach eine Wespe zu, dort ist ein Pflaster notwendig. Im vergangenen Jahr jedoch sorgte ein echter Notfall für Aufregung: Ein junger Mann wäre ohne die Hilfe der Badeaufseher ertrunken. „Er konnte sehr schlecht schwimmen“, sagt Benjamin Weber.
Was deutschlandweit als zunehmend größeres Problem angesehen wird. Laut Achim Wiese von der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft konnten 1990 noch 90 Prozent aller Kinder schwimmen. Inzwischen gelten nur noch 40 Prozent der Grundschüler im Alter von zehn Jahren als sichere Schwimmer. Eine Ursache wird darin gesehen, dass immer weniger Kinder in der Schule das Schwimmen lernen. Deshalb richtete die Staatsregierung vor kurzem eine Arbeitsgruppe ein, die zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden künftige Fördermöglichkeiten für kommunale Schwimmbäder erörtern möchte. Denn vielen droht aufgrund roter Zahlen die Schließung.
In Nürnberg wird viel dafür getan, dass die Menschen schwimmen lernen. An den verschiedenen Kursen in den kommunalen Schwimmbädern nahmen im vergangenen Jahr rund 45 000 Bürger teil, berichtet Werkleiter Gerhard Albert vom Eigenbetrieb NürnbergBad. Schwierig für die Angestellten, die darüber wachen, dass in den Bädern nichts passiert, seien manchmal Flüchtlinge, die in ihren Heimatländern nie gelernt haben, wie man sich über Wasser hält.
In Nürnberg möchte man nicht mit Zeitarbeitsfirmen kooperieren
In Nürnberg engagieren sich rund 80 unbefristet angestellte Mitarbeiter, großenteils Fachangestellte für Bäderbetriebe, für die vier Hallen- und drei Freibäder der Stadt. „In der Schichtleitung und Betriebsführung beschäftigen wir ausschließlich Meister für Bäderbetriebe, denn wir legen Wert auf hohe Fachlichkeit“, so Albert. Um immer ausreichend Fachkräfte zu haben, werden jährlich drei bis vier junge Leute ausgebildet. Im Sommerhalbjahr ergänzen etwa ein Dutzend Saison- und Rufkräfte das fest angestellte Team.
Bislang ist es laut Gerhard Albert auch immer gelungen, genug Saisonkräfte zu gewinnen: „Mit Ausnahme von diesem Jahr.“ Zehn Saisonkräfte bräuchte NürnbergBad, um Spitzen abzupuffern. Momentan wurden erst neun Kräfte gefunden. Das liegt laut Werkleiter zum einen am leer gefegten Arbeitsmarkt, aber auch daran, dass die Stadt Nürnberg generell nicht mit Zeitarbeitsfirmen kooperieren möchte. Auf dem Markt der Arbeitnehmerüberlassung gäbe es nämlich durchaus Anbieter, die Schwimmbadpersonal offerieren. Praktische Lösungen werden in der Frankenmetropole also durch ideologische Voreingenommenheit der Politiker blockiert.
Noch sucht man also in Nürnberg. Wobei die Badesaison mit dem „Auswintern“, also dem Wasserablassen und Beckenschrubben, bereits begonnen hat. Gelingt es nicht, noch jemanden zu finden, müssen in der kommenden Freibadsaison an besonders gut besuchten Tagen Mitarbeiter aus den Hallenbädern abgezogen werden. (Pat Christ)
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