Kommunales

17.01.2025

Gastro-Krise in München: „Die Kosten fressen viele auf“

Ein Dutzend Münchner Cafés und Restaurants – darunter alteingesessene – mussten zuletzt schließen

Das Ehepaar kommt gerade vom Museum Brandhorst, wo es die Werke von Andy Warhol und Keith Haring bestaunt hat. Nun wollen die beiden einen Kaffee in der „Brasserie Tresznjewski“ trinken, wo sie bei ihren Besuchen im Münchner Kunstareal regelmäßig eingekehrt seien, erzählt der Mann, der lieber anonym bleiben möchte. Doch nicht so dieses Mal.

Denn an dem 125 Jahre alten Eckbau in der Theresienstraße mit seinen auffälligen Terrakottaplatten stehen die beiden vor verschlossenen Türen. Der Grund: Das Tresznjewski, das eine Institution in der Maxvorstadt war, hat kürzlich dauerhaft geschlossen. „Die Rahmenbedingungen haben uns zu diesem sehr schweren Entschluss gebracht, unseren Mietvertrag nicht mehr zu verlängern“, heißt es auf einem Aushang neben dem Eingang. Personalmangel und steigende Kosten hätten dem Betrieb zugesetzt. „So können wir das Tresznjewski leider nicht rentabel führen.“

Das Aus für die Brasserie nach mehr als 32 Jahren reiht sich ein in eine Schließungswelle, die in den vergangenen Wochen über Münchens Gastro-Landschaft geschwappt ist. So haben in Schwabing das „Oskar“ und das „Occam Deli“ zum Jahreswechsel ihre Türen zugesperrt – wobei Zweiteres sich „den neuen Hauseigentümern beugen muss“, heißt es auf der Webseite. Im Gärtnerplatzviertel hat die „Königsquelle“ auf unbestimmte Zeit geschlossen; einen kurzen Fußmarsch entfernt hat das „Pasta e basta“ in der Fraunhoferstraße nach fast 20 Jahren ebenfalls einen Schlussstrich gezogen.

Und damit nicht genug: Die „Taverne Lucullus“ in Untergiesing, die sich über die Jahre den Ruf eines „Kult-Griechen“ erarbeitet hat, ist ebenso Geschichte wie die Giesinger Filiale von „Emmi’s Kitchen“. Aufgeben musste auch Münchens erster Bagelshop, der 1998 eröffnete „Fresh Bagels & Muffins“ in der Barer Straße. Überdies ist zum Jahreswechsel das „Gasthaus Siebenbrunn“ nahe dem Tierpark Hellabrunn von der Gastro-Landkarte verschwunden. Nach zwölf Jahren müsse er schließen, schreibt Wirt Martin Osterrieder in einem emotionalen Brief auf der Webseite des Lokals. „Die Zeit in Siebenbrunn wird mir, dank Ihnen, noch viele Jahre in Erinnerung bleiben, und ich werde wahrscheinlich täglich davon zehren.“

Bereits vor einigen Wochen hat das traditionsreiche „Stadtcafé“ am Sankt-Jakobs-Platz die Segel gestrichen – „nach 36 bewegten und bewegenden Jahren“, wie es in einer Mitteilung hieß. Fast genauso lange, nämlich seit 26 Jahren, gibt es in der Klenzestraße das „Sushi + Soul“, dessen Tage ebenfalls bald gezählt sind: Ende Januar werden dort letztmals Nigiri, Maki und Co serviert.

Gastronomen hoffen auf die Politik

Die genauen Gründe für die Schließungen sind so vielfältig wie die Gerichte, die in all den Lokalen serviert wurden. Und doch zieht sich eines wie ein roter Faden durch die Abschiedserklärungen – nämlich der Dreiklang aus gestiegenen Kosten, Nachwehen der Corona- und Energiekrise sowie der wieder angehobene Mehrwertsteuersatz. Und all das vor dem Hintergrund eines anhaltenden Fachkräftemangels und stagnierender, wenn nicht gar sinkender Umsätze.

„Die Kosten fressen viele auf“, weiß Christian Schottenhamel. Der 62-Jährige ist nicht nur Wiesn-Wirt und Chef des „Paulaner am Nockherberg“, sondern auch Münchens Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) und bestens vernetzt in der Szene. Neben den gestiegenen Kosten machten vielen Betrieben sinkende Pro-Kopf-Umsätze zu schaffen, weiß Schottenhamel. „Die Leute sind durch die Inflation preissensibler geworden. Viele teilen sich eine Vorspeise, verzichten aufs Dessert und trinken das letzte Bier zu Hause.“ Dies mache vor allem reinen Speiselokalen zu schaffen, die kein zweites Standbein in Form von Catering oder Veranstaltungen haben.

Hinzu kommt laut Schottenhamel der Fachkräftemangel, vor allem bei Köchen. Und dann seien da noch die Ausgaben fürs Personal: „Seit Corona hatten wir in der Gastronomie bayernweit Lohnsteigerungen von 21 Prozent“, betont der Dehoga-Kreisvorsitzende.
Er hofft nun auf Maßnahmen der Politik. Konkret fordert Schottenhamel die Rückkehr zum siebenprozentigen Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie. „Das wäre die Rettung für die Branche.

Und die ist dringend notwendig“, betont der Nockherberg-Chef. Vorerst aber rechnet er damit, dass sich die gastronomische Landschaft in München weiter ausdünnen wird. „Das Weihnachtsgeschäft hilft den Betrieben, aber so ab Februar, März dürfte es bei vielen eng werden“, schätzt Christian Schottenhamel. „Und dann wird es sicher noch mal Bewegung in der Branche geben.“ (Patrik Stäbler)
 

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