Kommunales

Mancher mag auch nach dem Tode seine Verwandtschaft um sich haben – das wird dann extra teuer. (Foto: dpa)

04.01.2019

Hauptgewinn für die Ewigkeit

Berchtesgaden verloste 2018 seine knappen Friedhofsplätze – doch auch in anderen bayerischen Kommunen herrscht oft große Nachfrage

Auch nach dem Ableben wollen nicht wenige Bayern einen exklusiveren Platz als andere haben. Das zeigt nicht nur die Verlosung von freien Grabstätten in Berchtesgaden im vergangenen Jahr, sondern auch die Nachfrage nach den wenigen Prominenten-Friedhöfen im Freistaat.

Es war eine Verlosung, deren Gewinner ihr Privileg nur indirekt genießen werden. Im vergangenen Sommer sorgte die Marktgemeinde Berchtesgaden mit ihrer Tombola für Schlagzeilen. Im begehrten Alten Friedhof im Zentrum der Kommune am Watzmann standen 140 Grabstätten und 60 Urnenplätze zur Disposition, die aus Gerechtigkeitsgründen verlost werden sollten. Knapp 300 Aspiranten fanden sichan diesem Julimorgen ein, um einen Platz für die letzte Ruhe zu ergattern.

Die Siegchancen standen rein rechnerisch auch nicht schlecht. Wer zuerst gezogen wurde, hatte die bessere Auswahl. Relativ spät gewann Christoph Karbacher eine Grabesstätte, war aber dennoch zufrieden. Der pensionierte Gymnasiallehrer freute sich über die Nähe zur Wasserstelle seines künftigen Grabes und darüber, dass das Grab auch einfach zu gießen sein werde. Der denkmalgeschützte Friedhof im Zentrum von Berchtesgaden gilt auch als Schmuckstück unter den Friedhöfen in der Region, wurde bereits 1685 in Betrieb genommen.

Nah bei Helmut Fischer oder Erich Kästner liegen

Die Verlosung in Berchtesgaden zeigte, dass viele Menschen ein pragmatisches und von lebendigen Kriterien geprägtes Verhältnis zur künftigen Grabstätte haben. Gefragt sind bei der Auswahl die Nähe zur Verwandtschaft oder zu Freunden, aber auch zu prominenten Nachbarn. Und trotz eines allgemeinen Rückgangs der Nachfrage nach Grabstätten wegen zunehmender Urnenbestattungen und anonymer Gräber sind gerade die kleinen und exklusiven Friedhöfe gefragt. Das gilt auch für den Friedhof auf der Fraueninsel im Chiemsee. Die bis zur Säkularisation 1803 dem Kloster vorbehaltene winzige Ruhestätte hat eine für ländliche Verhältnisse illustre Schar an begrabenen Persönlichkeiten aufzuweisen – vom Chiemsee-Maler Max Haushofer aus München über den norddeutschen Dichter Wilhelm Jensen bis zum Bildhauer Heinrich Kirchner, dessen Frau der Insel entstammt. Entsprechend gab es immer eine Nachfrage nach Grabstätten auf dem Friedhof, der wie kaum ein anderer in Oberbayern eine Sehenswürdigkeit ist. Zuletzt ist es etwas ruhiger geworden, aber Voraussetzung ist immer noch, dass man auf der Insel seinen Hauptwohnsitz hat – was aber wegen der wenigen und meist unverkäuflichen Häuser ein sehr selektives Kriterium ist.

Sehr beliebt ist auch der Friedhof bei der St. Laurentiuskirche in Rottach-Egern, nur wenige Schritte vom Seeufer entfernt. Das liegt einerseits an den vielen Zuagroasten und an der verblichenen Prominenz an dem idyllischen kleinen Friedhof. Dort liegen die Schriftsteller Ludwig Thoma und Ludwig Ganghofer, der Sänger Leo Slezak und der Zeichner Olaf Gulbransson, die es alle irgendwann an den schönen Tegernsee gezogen hat. Zuständig ist hier für die Vergabe das Pfarramt St. Laurentius. Eine Grabstätte gibt es dort nur für Menschen mit Hauptwohnsitz in Rottach-Egern.

Strenge Regularien pflegt man auch beim Waldfriedhof in Grünwald. Der Nobelvorort südlich von München ist ebenfalls ein gefragtes Schmuckstück. Vor allem die exklusive Wohnlage und die Nähe zu den Bavaria Filmstudios brachte es mit sich, dass viele Prominente hier begraben sind wie etwa die Schauspieler Luise Ullrich und Joachim Fuchsberger, der Musiker Max Greger oder der Wienerwald-Gründer Friedrich Jahn. Vor allem aus der Stadt und aus den Nachbargemeinden zieht es viele Aspiranten nach Grünwald, um dort die letzte Ruhe zu finden, sagt der zuständige Sachbereichsleiter Karl Schwarz. Begraben wird hier aber nur, wer auch einen Hauptwohnsitz in Grünwald hat. Sonst würde es bald Probleme mit der Fläche geben, so Schwarz.

Wie sehr eine idyllische Lage mit prominenter Nachbarschaft gefragt ist, das zeigt das Beispiel des Bogenhausener Friedhofs in München. Der kleine Friedhof bei der St. Georg Kirche am Isar-Hochufer mit nur 208 Grabplätzen geht bis auf das 9. Jahrhundert zurück und beherbergt viele berühmte Münchner und Wahl-Münchner wie etwa die Schauspieler Liesl Karlstadt, Rolf Boysen, Helmut Fischer und Walter Sedlmayr, die Regisseure Helmut Dietl und Rainer Werner Fassbinder und die Schriftsteller Oskar Maria Graf und Erich Kästner. Für eine Grabstätte gelten hier besonders hohe Anforderungen. Wer hier ewig ruhen will, der muss als Normalbürger wenigstens 30 Jahre in einem der umgebenden Stadtviertel seinen Wohnsitz gehabt haben. Oder man besitzt eine gewisse Berühmtheit, die nach Ermessen der Stadt München für eine Sonderregelung ausreicht.

Wer eine Grabstätte sucht, für den ist die Unterscheidung zwischen kommunalen und kirchlichen Friedhöfen wichtig. Kommunale Friedhöfe sind verpflichtet, den eigenen Bürgern Platz zu bieten. Gibt es freie Kapazitäten, liegt es im Ermessen der Kommune, dies auch Auswärtigen anzubieten. Kirchliche Friedhöfe haben da mehr Freiheiten bei der Auswahl der zu Bestattenden. Ist aber der kirchliche Friedhof der einzige im Ort, spricht man von einem sogenannten Simultanfriedhof und dann gelten für ihn die gleichen Vorschriften wie für kommunale Grabstätten. (Georg Weindl)

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