Kommunales

Ein wichtiger Teil der Landschaftspflege ist der Erhalt von Feuchtwiesen. (Foto: dpa/Holger Hollemann)

20.04.2023

Landschaftspflege und Bürgerenergie

Eine auf dezentrale Strukturen ausgerichtete Energiewende entspricht demokratischen, sozialen und ökologischen Werten

Die Pflege der Landschaft war eines der umweltpolitischen Ziele des Försters und CSU-Politikers Josef Göppel und so gründete er 1986 in Mittelfranken einer der ersten Landschaftspflegeverbände. Als einer der Ersten setzt Göppel dabei das Prinzip der freiwilligen und gleichberechtigten Zusammenarbeit von Landwirt*innen, Naturschützer*innen und Kommunalpolitiker*innen innerhalb eines Verbands um.

Die Idee verbreitete sich: 1993 erfolgte die Gründung des Deutschen Verbands für Landschaftspflege (DVL). Er ist der Dachverband der mittlerweile 190 Landschaftspflegeorganisationen in Deutschland, dessen Vorsitzender seit 1993 Josef Göppel war. Mittlerweile wird auch die Europäische Ebene angepeilt, noch in diesem Jahr soll das Projekt eines europäischen Dachverbands „Landcare Europa“ Wirklichkeit werden.

Doch was machen die Landschaftspflegeverbände eigentlich genau? Dem Landschaftspflegeverband München-Land zum Beispiel gehören die Gemeinden im Umfeld der Landeshauptstadt an, darunter Ismaning, Hohenbrunn, Aying oder Planegg. „Wir lieben die Landschaft – das ist das Motto aller deutschen Landschaftspflegeorganisationen“, ist auf der Homepage des Vereins zu lesen, und: „Unser Ziel ist es, die Landschaft in ihrer Vielfalt, Eigenart und Schönheit zu erhalten und nachhaltig aktiv zu gestalten.“

 

Viele Kleingewässer sind bereits verschwunden oder stark gefährdet



Konkret wird das angegangen, indem im Landkreis Mager- und Feuchtwiesen erhalten, Teiche und Tümpel gepflegt oder neu angelegt werden. Viele dieser Kleingewässer sind bereits verschwunden oder stark gefährdet. Außer durch menschliche Aktivitäten wie Verfüllen oder Trockenlegungen sind sie auch durch natürliche Prozesse wie die Verlandung gefährdet."

Auch Hecken und Feldgehölze werden angelegt („In ihrem Schutz können Vögel brüten und Wildtiere wandern. Fledermäuse benutzen sie als Leitlinien zur Orientierung und als Jagdgebiet“). In der konkreten Umsetzung arbeitet der Verein eng mit den Maschinenringen aus der Region und ortsansässigen, auf Pflegearbeiten spezialisierten Landwirten und Naturschutzverbänden zusammen. Er wickelt die organisatorischen Arbeiten ab, beantragt Fördermittel, sorgt für die Abrechnungen und kontrolliert den ökologischen Erfolg.

Seit 2017 widmete sich Josef Göppel ehrenamtlich der Entwicklungsarbeit in Afrika. Zusammen mit der früheren Bundestagsabgeordneten Bärbel Höhn (Grüne) war er als Energiebeauftragter des Bundesentwicklungsministeriums unterwegs, er sah dezentrale Anlagen mit erneuerbaren Energien als den Schlüssel zu einer nachhaltigen Entwicklung der ländlichen Räume – Stichwort grüne Bürgerenergie. Auf dem Symposium gab Bärbel Höhn Beispiele: Genossenschaften, die mithilfe des Solarstroms von Photovoltaikanlagen jetzt ihre Kaffeebohnen trocknen konnten; Dorfplätze, die in der Nacht erleuchtet sind; Kühltruhen, in denen Frauen als kleine Selbstständige ihre Fruchtsäfte vor dem Verkauf kühlen können.


Im Kleinbauernland südlich des Kilimandscharo


2019 unternahm Josef Göppel eine Reise nach Tansania und berichtete darüber: „Im Kleinbauernland südlich des Kilimandscharo gibt es die Tradition der Furchenbewässerung. Mit der Hacke zogen die Bauern kleine Gräben von den Wasserläufen zu ihren Feldern. Das erforderte auch eine gemeinsame Organisation und so entstanden Genossenschaften, die über lange Zeit das gemeinwohlorientierte Wirtschaften in der Dorfgemarkung sicherten.“

Allerdings stellten in Trockenzeiten die Bauern die Bewirtschaftung ihrer Felder ein. 2011 gab es in zwei Dörfern, die an das Stromnetz angeschlossen waren, ein Pilotprojekt der Regionalregierung zur Bohrlochbewässerung. Mit der Zeit aber stieg der Strompreis so stark an, dass die Mehrheit der Bauern das Projekt verließen. Andere verpachteten ihre Äcker an wohlhabende Stadtbürger außerhalb der Dörfer für einen sehr niedrigen Preis. Bei einem Besuch von Göppel und Höhn im Frühling 2018 fanden diese folgende Situation vor: Obwohl die Böden fruchtbar waren, verhinderte die Trockenzeit Lieferverträge mit Lebensmittelmärkten, weil die durchgehende Lieferung nicht garantiert werden konnte.

Gerade in der Trockenzeit können aber auf den Märkten erheblich höhere Preise erreicht werden als zur Regenzeit.  Die Lösung: Den Einsatz von Solarstrom mit dem Aufbau verlässlicher Wertschöpfungsketten zu verbinden. Nach der Überwindung bürokratischer Hindernisse wurde das Projekt inzwischen in drei Dörfern in Angriff genommen.

Die Idee regionaler Anlagen in Bürgerhand gewinnt mittlerweile in Deutschland immer mehr Freunde. „Bürgerenergie steht für eine erneuerbare und auf dezentrale Strukturen ausgerichtete Energiewende, die demokratischen, sozialen und ökologischen Werten entspricht“, so das Bündnis Bürgerenergie in Berlin. Das Prinzip: Bürger*innen schließen sich zusammen und produzieren regional Energie, etwa durch Photovoltaikanlagen. „Die Verantwortlichen müssen die Bürgerenergie ernst nehmen“, so Katharina Habersbrunner vom Bündnis auf dem Symposium, inzwischen gibt es mehr als 600 Energiegenossenschaften in Deutschland. (Rudolf Stumberger)

 

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