Milliarden für die kommunalen Kliniken, Straßen, Brücken, Schulen, Kitas und Schulen – Union und SPD wollen Städte, Landkreise und Gemeinden massiv entlasten. Zudem dürften die Kommunen von geplanten Reformen profitieren, etwa bei der Migration sowie der Bildung.
Es ist ein klares Versprechen, dass das künftig wohl regierende schwarz-rote Bündnis in seinem Koalitionsvertrag abgibt. Auf Seite 113 heißt es: „Wir werden die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Kommunen verbessern.“ Denn der funktionierende Staat fange auf kommunaler Ebene an. Aus Sicht der Koalitionäre in spe ist klar: „Wir wollen, dass unsere Kommunen auch in Zukunft lebenswert und leistungsfähig sind.“
Auch erkennen Union und SPD an, dass „die Lage der Kommunen ernst ist und sich finanziell zuspitzt.“ Weiter heißt es, die Kommunen bräuchten Handlungsperspektiven. Kommunalpolitik müsse „schneller, einfacher und unbürokratischer werden können“. In Zeiten einer immer stärker werdenden AfD will Schwarz-Rot „das Vertrauen in den Staat und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken“, indem die Funktionsfähigkeit der Kommunen gewährleistet ist.
Wer bestellt, bezahlt künftig
Mit einem „Zukunftspakt von Bund, Ländern und Kommunen“ werde man im Rahmen des schuldenfinanzierten Infrastrukturpakets die finanzielle „Handlungsfähigkeit stärken.“ Die finanzielle Soforthilfe für Kliniken aus dem Sondervermögen soll ein Ausbluten der medizinischen Versorgung auf dem Land verhindern. Die Furcht vor Letzterem treibt auch viele Landräte um.
Eine alte Forderung der Städte, Gemeinden und Landkreise will die neue Regierung erfüllen – man wolle sich am Grundsatz der Veranlassungskonnexität orientieren – „Wer bestellt, bezahlt“, dieser Grundsatz soll auch für Verwaltungs- und Personalaufwände gelten. Im Vertrag heißt es: „Wer eine Leistung veranlasst oder ausweitet, muss für ihre Finanzierung aufkommen.“ Das bedeute, wenn Bundesgesetze oder andere Maßnahmen des Bundes bei den Ländern und Kommunen zu Mehrausgaben oder Mindereinnahmen führen, müsse sichergestellt werden, „dass die Mittel bei der ausführenden Ebene ankommen“.
Auch der Bereich „Kommunale Einnahmen“ dürfte so manchen Kämmerer freuen. Darin steht: „Es braucht eine grundsätzliche und systematische Verbesserung der Kommunalfinanzen jenseits von Förderprogrammen. Wir wollen eine Verstetigung und Verlässlichkeit der kommunalen Einnahmen und mehr kommunale finanzielle Autonomie und Gestaltungsmöglichkeiten.“ Im Falle einer Weiterentwicklung der Gewerbesteuer würden die Einnahmen der Städte und Gemeinden gesichert.
Um die Ausgaben der Kommunen zu reduzieren, sollten zudem Verwaltungsverfahren verbessert und Bürokratie abgebaut werden. Auch in anderen Kapiteln des Koalitionsvertrags plant Schwarz-Rot Maßnahmen, die den Kostendruck auf Staat und Kommunen senken könnten. Neu ankommende Flüchtlinge aus der Ukraine sollen künftig nicht mehr automatisch einen anerkannten Schutzstatus bekommen und damit Zugang zum Bürgergeld. Sie erhalten künftig die niedrigeren Leistungen für Asylbewerber.
Familiennachzug für Migranten teilweise stoppen
Zudem will Schwarz-Rot den Familiennachzug für Migranten teilweise stoppen, für zunächst zwei Jahre. Zudem sind eine Ausweitung der Grenzkontrollen und Zurückweisungen an den Grenzen geplant – allerdings in Abstimmung mit den EU-Nachbarn, was den Effekt der Maßnahme deutlich abschwächen dürfte.
Die größte Entlastung verspricht sich die GroKo jedoch, indem die Kommunen vom Milliardenpaket für die Infrastruktur massiv profitieren, etwa beim Bau oder der Sanierung von Straßen, Brücken, Hallen, Kitas oder Schulen. Letztere sollen mit einem neuen Digitalpakt und einem Investitionsprogramm für Sanierungen unterstützt werden.
Zudem soll sich etwas tun beim Thema Schulbegleiter. Über die hier massiv gestiegenen Kosten schimpfen Landräte seit Jahren. „Die Unterstützung von Schulen durch multiprofessionelle Teams stärkt die individuelle Förderung des einzelnen Kindes und damit den Schulerfolg. Individuelle Leistungen der Sozialgesetzbücher, die der Förderung in der Schule dienen, werden wir für die Zusammenfassung zu pauschalierten und strukturierten Unterstützungsleistungen an Schulen öffnen“, heißt es im Koalitionsvertrag.
Endlich mehr Sonderpädagogen und Heilerzieher
Klar ist: Bekommen etwa auch Regelschulen endlich mehr Sonderpädagogen und Heilerzieher, um die Inklusion besser zu stemmen, wären weniger Integrationshelfer nötig. Für die Kommunen wäre dies eine Entlastung. Denn anders als bei Schulbegleitern sind für die Finanzierung multiprofessioneller Teams die Länder zuständig. Erhalten diese zweckgebunden Geld vom Bund, könnten sich diese mehr Sonderpädagogen leisten. Bayerns Kommunen begrüßen den Koalitionsvertrag derweil.
In einer ersten Bewertung des Koalitionsvertrags sieht der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Thomas Karmasin (CSU), nach eigener Aussage „mehr Licht als Schatten“. Er lobt, dass sich viele Kernforderungen des Landkreistags im Koalitionsvertrag wiederfinden würden. Dazu zähle auch das Prinzip „Wer anschafft, der zahlt“. Karmasin freut sich: „Endlich sollen diejenigen Ebenen, die neue Leistungen beschließen oder bestehende Leistungen erweitern, auch für deren Finanzierung verantwortlich sein.“ Für ihn ist klar: Wenn Bundesgesetze oder Maßnahmen zu höheren Ausgaben oder geringeren Einnahmen bei den Kommunen führten, müssten die entsprechenden Mittel auch tatsächlich bei den Kommunen ankommen. Bei der konkreten Umsetzung werde sein Verband „dem Bund genau auf die Finger schauen“, so Karmasin.
Auch die Entlastung der Kommunen von überflüssigen Aufgaben und überhöhten Standards sei eine Forderung des Landkreistags gewesen. „Unsere Handlungsfähigkeit hängt entscheidend davon ab, ob wir uns auf unsere Kernaufgaben konzentrieren können“, sagt der Fürstenfeldbrucker Landrat. Komplexe und praxisferne Vorschriften führten zu unnötigem Verwaltungsaufwand. „Besonders erfreulich ist die angekündigte finanzielle Soforthilfe für die Krankenhäuser aus dem Sondervermögen“, sagt Karmasin. Die von den Landkreisen getragenen Krankenhäuser benötigten diese sofortige finanzielle Unterstützung, „um die flächendeckende Versorgung sicherzustellen“.
Langjährige Hilferufe der Kommunen endlich ernstgenommen
Karmasin lobt zudem: „Auch im Bereich der Migration werden die langjährigen Hilferufe der Kommunen endlich ernstgenommen.“ Unter anderem die geplanten Zurückweisungen an der Grenze, der Wegfall des Bürgergelds für Ukrainer, die Aussetzung des Familiennachzugs, Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan seien jedoch „echte Signale für die von uns geforderte Wende in der Migrationspolitik“.
Angesichts der dramatischen finanziellen Lage müssten die Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag jetzt schnell umgesetzt werden, „um zeitnah spürbare Entlastungen für die Kommunen zu erreichen“.
Der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags Markus Pannermayr, lobt ebenfalls: „Der Koalitionsvertrag bietet eine Basis zur Lösung der vielen Herausforderungen der Kommunen.“ Es würden wichtige Ziele in den Blick genommen, wie beispielsweise eine faire Aufgaben- und Finanzierungsverteilung im Rahmen eines Zukunftspakts, Bürokratieabbau oder ein Sondervermögen für Investitionen in die kommunale Infrastruktur, so der CSU-Politiker. Aus Sicht des Straubinger Oberbürgermeisters kommt es nun „auf die rasche und unkomplizierte Umsetzung an“.
Pannermayr sagt: „Das von Union und SPD angestoßene Sondervermögen des Bundes gibt den Kommunen eine Chance zum Investieren in die Infrastruktur.“ Er resümiert. „Die Versprechungen im Koalitionsvertrag stimmen uns vorsichtig positiv. Die Probleme sind erkannt und formuliert, nun geht es an die Lösung.“
(Tobias Lill)
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