Kommunales

Die Jachenau zählt zu den vom Fremdenverkehr am meisten frequentierten Regionen des Freistaats. (Foto: Weindl)

25.08.2023

Radl-Drama in der Jachenau

Obwohl immer mehr Menschen in der Urlaubsregion per Bike unterwegs sind, wird den Kommunen aus Umweltschutzgründen ein Radweg verweigert

Es ist gewiss keine Übertreibung, die Jachenau als eine bayerische Idylle zu bezeichnen. Sonnental nennt sich die offiziell kleinste Gemeinde Bayerns mit eigener Verwaltung, die gerade mal etwas mehr als 800 Einwohner*innen hat. Und die Sonne scheint hier auch recht ausführlich auf dem breiten, offenen Talboden an der Südseite von Brauneck und Benediktenwand im Tölzer Land. Stattliche Bauernhöfe mit den für die Region typischen Lüftlmalereien und etliche Gastbetriebe perfektionieren dieses Bild von der heilen und authentischen Welt.

Das gefällt auch den vielen Besucher*innen, die von Lenggries aus in die Jachenau starten und dies mit einem Ausflug an den nahen Walchensee kombinieren. Das tun sie in der jüngsten Vergangenheit nicht nur mit dem Auto, sondern immer mehr mit dem Rad, was auf der gut 12 Kilometer langen Strecke bis zum Dorf Jachenau auch kein großer Aufwand ist. Verständlich, dass die Jachenauer*innen seit Jahren versuchen, entlang der Staatsstraße 2072 einen Radweg zu realisieren. Radfahrer*innen sind eben umweltverträglicher als der Autoverkehr. Doch das ist nicht so selbstverständlich, wie es zunächst den Anschein erweckt.

Immerhin wurde 2019 ein erstes Teilstück von 4 Kilometern Länge zwischen Rehgraben und Raut fertiggestellt. Die gesamte Strecke verläuft auf Lenggrieser und Jachenauer Gemeindegebiet, weswegen sich die beiden Kommunen das Projekt teilen. Die Kosten für Planung und Bau übernimmt der Freistaat. Trotzdem sieht es nicht nach einer schnellen Lösung aus. Oder wie es der Jachenauer Bürgermeister Klaus Rauchenberger bei der Bürgerversammlung Ende März feststellte: „Da geht nichts weiter.“

 

Schuld sind nicht nur störrische Grundbesitzer


Und das liegt nicht nur an störrischen Grundstückbesitzern, wie es oft der Fall ist, sondern vor allem auch am Umweltschutz. Anfangs war geplant, den Radweg an der Jachen entlang zu schaffen, wo der Uferbereich überwiegend den Bayerischen Staatsforsten gehört. Die Flora-Fauna-Habitat (FFH) Verträglichkeitsprüfung ließ sich die Gemeinde 90 000 Euro kosten, dann hieß es aber aus München, es würden nur Radwege entlang von Straßen finanziert. Derzeit macht vor allem der Abschnitt von Höfen bis zur Schule Probleme, wo die Jachen an der Straße verläuft. „Da haben wir einen besonders schützenswerten Auwald, auch wenn nur Fichten und Nussstauden stehen, aber es schreiben die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinien so vor“, so Rauchenberger.

Bei dem äußeren Bauabschnitt ganz im Osten zwischen dem Lenggrieser Ortsteil Leger und Rehgraben, wo der bestehende Radweg beginnt, wurde eine artenschutzrechtliche Prüfung der Vorentwurfsplanung durchgeführt. Demnach sei wegen der Bestände seltener Kriechtiere nahe des Ufers der Jachen mit hohen Auflagen der Naturschutzbehörden zu rechnen. Das Thema Flächenverbrauch wird in Bayern mit mehr Sensibilität gehandhabt, seitdem es 2018 im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern als Aufgabe definiert wurde.



Und von Raut bis Höfen, wo der bestehende Radweg endet, stellten sich Probleme mit einem offenkundig nicht kooperativen Anlieger. Und im letzten Abschnitt zum Dorf Jachenau fehlen noch Tauschflächen für die Eigentümer der notwendigen Grundstücksabschnitte. Aus der Sicht des Freistaats genießen derzeit Radwege mit überwiegend Alltagsverkehr Priorität gegenüber eher touristisch genutzten Wegen. Deshalb hat auch der Abschnitt in der Jachenau, der bei Höfen Neubaugebiet, Schule und Kindergarten verbindet, derzeit Vorrang, wie der zuständige Abteilungsleiter Martin Gerda vom Staatlichen Bauamt in Weilheim erklärt.

 

Deutlich bessere Nachrichten einen Kilometer weiter


 Während die Realisierung des Jachenauer Radwegs wohl noch allerhand Zeit in Anspruch nehmen wird, gibt es einige Kilometer weiter östlich bessere Nachrichten. Zwischen Bad Tölz und Lenggries wird fleißig an einem neuen Radweg gebaut, der direkt neben der Bundesstraße B 13 verläuft. Bereits seit Juni 2022 wird an dem neuen Radweg gebaut, der den bisherigen Radweg entlasten soll und vor allem für den bevorzugten Alltagsverkehr, also für Pendler*innen und Ortsansässige, eine leichtere Alternative sein soll. Der klassische Isarradweg führt von Bad Tölz am Westufer entlang, wechselt dann die Uferseite.

Der neue, asphaltierte Radweg verläuft neben der Bundesstraße. Die Kosten für die 6 Kilometer lange Verbindung in Höhe von 3 Millionen Euro trägt der Bund. In Betrieb gehen soll der Radweg im Herbst 2023. „Das Fahrrad ist für den Tourismus unserer Region von immenser Bedeutung, da das Tölzer Land an der Schnittstelle der drei großen Fernradwege München – Venezia, Bodensee – Königssee sowie Isarradweg liegt“, kommentiert der Tourismusverantwortliche im Tölzer Land, Andreas Wüstenfeld.

Dass dieser Radweg im Vergleich zur Jachenauer Variante deutlich problemloser realisiert werden kann, liegt vor allem daran, dass die erforderlichen Flächen zum Großteil dem Freistaat gehören. „Erfahrungsgemäß ist der Grunderwerb das größte Problem bei der Realisierung von Radwegen“, sagt Michael Meister, Sprecher des Staatlichen Bauamts in Weilheim, das für die Planung dieses Radwegs zuständig ist.

In Abstimmung mit Naturschutzbehörden wurden stationäre Schutzzäune für die Bauphase erreichtet und mit Mobilzäunen ergänzt. Außerdem sorgen Amphibienschutzzäune dafür, dass Zauneidechsen und ähnliche Tierarten nicht in die Bauflächen einwandern und dadurch gefährdet werden. (Georg Weindl)


Bildunterschrift zum Foto im Text:

Jachenaus Bürgermeister Klaus Rauchenberger (FW) ist wütend über den schier endlosen Kampf um einen Radweg in seinem vom Bike-Tourismus massiv frequentierten Ort. (Foto: Weindl)

 

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