Kommunales

In manchen Gaststätten geht es nicht sehr hygienisch zu. (Foto: Bilderbox)

13.12.2024

Schnelligkeit ist oft wichtiger als Sauberkeit

Die dramatischen Personalprobleme in der Gastronomie haben auch mehr Mängel bei der Hygiene zur Folge

Die Liste liest sich wirklich eindrucksvoll. Da geht es um gebrauchtes Frittierfett, das beim Dönerlokal im Fichtelgebirge wiederverwendet wurde, Mängel bei Betriebs- und Personalhygiene bei der Burgerfiliale in Straubing, abgelaufene Lebensmittel und fehlende Rückverfolgung der Materialien in Lindau. Im Extremfall sorgten Keime in verdorbenen Tortellini im Landkreis Schwandorf für einen Todesfall unter den betroffenen Gästen. Dass verdorbene Lebensmittel und Hygienemängel in der Gastronomie immer wieder Probleme bereiten, ist nicht neu. Aber in diesen Zeiten der akuten Personalprobleme in der Gastronomie haben sich die Rahmenbedingungen offensichtlich deutlich verschlechtert.

Viele auffällig Dönerlokale und asiatische Küchen

Und das hat offensichtlich auch erhebliche Folgen für die hygienischen Zustände. In Bayern liegt dazu die oberste Zuständigkeit beim Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) und nachgeordnet beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Erlangen. Die Regierungen haben die Fachaufsicht und koordinieren die Überwachungsarbeit der Kreisverwaltungsbehörden.

Wollen sich Konsumenten dazu informieren und vor allem praxisnahe Hinweise bekommen, ist das nicht ganz einfach. Auf der Webseite des LGL findet sich eine aktuelle Liste von auffälligen Gastbetrieben in Bayern mit Hygieneproblemen unter der fachlich reichlich verschlüsselten Rubrik „Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB“. Darunter finden sich auffällig viele Döner- und Kebablokale und asiatische Küchen, aber auch Bäckereien und konventionelle Gastbetriebe. Grundsätzlich scheinen sich die Hygieneprobleme aufgrund der Personalprobleme deutlich verschärft zu haben, was in der Öffentlichkeit bislang nur wenig wahrgenommen wurde. Das ergab unsere Umfrage unter einigen Kreisverwaltungsbehörden, die für die Überwachung ja zuständig sind.

Personalprobleme

Bei der Lebensmittelüberwachung im Ordnungsamt der Stadt Nürnberg ist man überzeugt, dass die Personalprobleme in der Gastronomie sich sehr stark auf die Hygiene, Zuverlässigkeit und mangelnden Service auswirken. Das Fachpersonal werde immer stärker durch unausgebildetes, unqualifiziertes Hilfspersonal ersetzt, soweit dies überhaupt zu bekommen ist. „Es wird zum Teil nur mehr oberflächlich gereinigt und turnusmäßige Hygienemaßnahmen wie Grundreinigungen, Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen werden nur noch in längeren Intervallen durchgeführt,“ sagt der zuständige Sachgebietsleiter Josef Gruber. Wegen des gestiegenen Kostendrucks werden professionelle Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen durch Fachfirmen nicht mehr in dem erforderlichen Rahmen veranlasst. Außerdem habe das teilweise schlecht geschulte Aushilfspersonal große Schwierigkeiten, Arbeitsabläufe und einfachste Hygienevorgaben aufgrund nicht vorhandenem Fachwissen und auch wegen Sprachbarrieren umzusetzen. Ähnliche Tendenzen stellt man auch beim Lebensmitteleinzelhandel fest. Die Konsequenzen sind mehr Beschwerden von der Kundschaft und ein erhöhter Aufwand für die zuständigen Behörden mit einer wachsenden Zahl von gebührenpflichtigen Bescheiden, Bußgeld- und Strafverfahren bis zu vermehrten Betriebsschließungen.

Deutlich mehr Arbeit haben auch die zuständigen Behörden im Landkreis München. Wegen der akuten Personalprobleme durch unterbliebene oder unvollständig ausgeführte Reinigungsarbeiten führt das bei den Kontrollen zu einem größeren zeitlichen Aufwand, da hier eine Mehrzahl an Mängeln aufzunehmen und zu dokumentieren ist. Die Überwachung wird deutlich aufwendiger, weil auch mehr Nachkontrollen erforderlich sind. In den vergangen Jahren ist auch eine steigende Anzahl an Warenrückrufen, Schnellwarnungen und Verbraucherbeschwerden zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu sind die Stellen im Bereich der Lebensmittelüberwachung des Landratsamts München seit Jahren unverändert und werden dem Aufgabenzuwachs kaum noch gerecht. „Insgesamt sind mit den Plankontrollen, planmäßigen Zulassungskontrollen, Rückrufen und Schnellwarnungen, Verbraucherbeschwerden und Nachkontrollen rund 5180 Kontrollen erforderlich. Um die Kontrollaufgaben vollumfänglich zu bewältigen, wären neun weitere Vollzeitstellen erforderlich“, so Franziska Herr, Sprecherin des Landratsamts. Da Kontrollen anhand der Risikobeurteilung nicht mehr innerhalb der errechneten Überwachungsintervalle realisiert werden können, wurden die Prüfintervalle in verschiedenen Bereichen erhöht.

Hygieneaufgaben werden vernachlässigt

Auch in touristisch geprägten Regionen kennt man das Problem nur zu gut. Zum Beispiel in Garmisch-Partenkirchen. Hygieneaufgaben im Küchenbereich sind oft für den Kunden nicht sichtbar und werden von diesem nicht unmittelbar nachgefragt, sodass diese insbesondere bei hohem Arbeitsaufkommen vernachlässigt werden, hat man beim Landratsamt Garmisch-Partenkirchen festgestellt. Unter Stress geschieht es häufiger, dass Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter Hygienepraktiken wie regelmäßiges Händewaschen oder das Tragen von Schutzausrüstung vernachlässigen.

„Schnelligkeit ist oft wichtiger als Qualität,“ sagt Stephan Schwarz, Pressesprecher des Landratsamts, „in einem überlasteten Umfeld liegt der Fokus oft mehr auf der Geschwindigkeit der Lebensmittelzubereitung als auf der Einhaltung hygienischer Standards.“ Gastronomiebetriebe müssten Strategien entwickeln, um die Rekrutierung und auch die Schulung ihrer Mitarbeiter zu verbessern und gleichzeitig ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen, das Hygienestandards fördert. Dabei seien bereits einige Familien-Betriebe und Unternehmen erfolgreich, deren Philosophie nicht ausschließlich auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist.

Foodwatch fordert „Smiley“-System

Zu dieser Problematik gibt es beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Erlangen erstaunlich wenig Auskunft. Man habe zu dieser Fragestellung keine Informationen vorliegen, heißt es bei der Pressestelle. Mehr Transparenz, was Kontrollen angeht, braucht es laut Foodwatch e. V. „Wir fordern schon seit Jahren ein Transparenzsystem nach Vorbild des dänischen „Smiley“-Systems: Alle Kontrollen und alle Ergebnisse sollten öffentlich gemacht werden und zwar im Internet und direkt an der Ladentür. Das würde für Lebensmittelbetriebe einen Anreiz schaffen, sich jeden Tag an die Vorgaben zu halten,“ sagt Foodwatch-Sprecher Andreas Winkler.
(Georg Weindl)

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