Kommunales

Beeinträchtige Schüler profitieren oft von einem Schulbegleiter. (Foto: dpa)

26.03.2025

Schulbegleiter-Pooling an Förderschulen: Sparen ohne Schaden für die Kinder

Kultusministerin Stolz und Bezirketagschef Löffler unterzeichnen eine Vereinbarung zum Pooling von Schulbegleitungen an Förderschulen. Das Modell reduziert Kosten und kann helfen, den Mangel an Integrationshelfern zu verringern. Für Regelschulen ist das Modell in der Regel jedoch nicht geeignet

Nach Ansicht von Fachleuten ist es eine Erfolgsgeschichte: Schulbegleiter ermöglichen es Tausenden Kindern mit Beeinträchtigungen, eine Bildungseinrichtung zu besuchen. Sie helfen Kindern mit Behinderungen in zahlreichen Situationen – etwa beim Schreiben oder dem Schieben des Rollstuhls. Integrationshelfer minimieren Konflikte und geben Medikamente, was Lehrkräfte nicht dürfen.

Doch es hakt im System: Zum einen explodieren die Kosten, zum anderen fehlen Bewerber für den schlecht bezahlten Job. So konnten in den vergangenen Jahren Schätzungen zufolge Hunderte Autisten im Freistaat wochen- oder monatelang den Unterricht nicht besuchen, weil ihre Eltern keine Integrationshelfer finden.

Ein Ansatz, um einerseits Geld zu sparen und anderseits die langen Wartezeiten bei den Trägern auf einen Begleiter zu verringern, ist das sogenannte Pooling. Mehrerer Schüler teilen sich demnach einen Schulbegleiter – der Großteil der Fachleute hält dieses Modell an Förderschulen für sinnvoll. 
Vergangene Woche haben sich Kultusministerin Anna Stolz (FW) und Franz Löffler (CSU), Präsident des Bayerischen Bezirketags, auf gemeinsame Empfehlungen zum Pooling von Schulbegleitungen an Förderschulen geeinigt.

Pooling bald als bayernweites Modell?

Das Konzept des Poolings von Schulbegleitungen basiert auf der Idee, anstelle von individuellen 1:1-Begleitungen eine schülerübergreifende Unterstützung anzubieten. „Auf diese Weise lässt sich flexibel und schnell auf die unterschiedlichen individuellen Bedarfe der Schülerinnen und Schüler reagieren, die einen Anspruch auf eine Schulbegleitung haben“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung des Ministeriums und des Bezirketags. Mit dieser zusätzlichen Unterstützung könnten sie „an Schule und Bildung teilhaben und ihre Potenziale entfalten, ohne in eine Sonderstellung zu geraten“.

Zudem trage der Pool dazu bei, die Schulbegleiter besser in die Schulgemeinschaft einzubinden. „Die Schulbegleiter profitieren von einer besseren Anstellungssituation, können flexibler eingesetzt werden und das Zusammenwirken von Schule und Eingliederungshilfe lässt sich besser planen“, betonen Bezirketag und Ministerium unisono.

Stolz betonte bei der Unterzeichnung in der Thea Diem Schule in Unterhaching, dass Pooling künftig „noch deutlich breiter umgesetzt wird“. Durch das Bündeln der Kräfte könne „in enger Zusammenarbeit von Schule, Eingliederungshilfe und Leistungsberechtigten Inklusion noch besser gelingen“. Sie hofft, „dass die Empfehlungen dazu beitragen, dass Pooling in Bayern zur Selbstverständlichkeit wird, und einen Beitrag dazu leisten, unsere Gesellschaft ein weiteres Stück inklusiver zu machen“.

"Win-win-Situation für alle Beteiligten"

Die Ministerin betont: „Mir ist es ganz persönlich ein großes Anliegen, dass Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen und Beeinträchtigungen dieselben Bildungs- und Teilhabechancen haben wie alle anderen.“ Sie dankte den Bezirken für die „konstruktive Zusammenarbeit“.

Aus Sicht von Bezirketags-Chef Löffler bringen Pool-Lösungen nicht nur der Schulfamilie etwas, sondern vor allem auch den betroffenen Schülern. Auch die Träger der Eingliederungshilfe würden profitieren: „Der Einsatz von Schulbegleiterinnen und -begleitern im Pool-Modell bietet eine Win-win-Situation für alle Beteiligten – das haben die verschiedenen Modellprojekte gezeigt“, sagt Löffler.

Rasant gestiegene Kosten

Doch natürlich geht es auch darum, die Kosten für die klammen kommunalen Kassen zu reduzieren. In der Eingliederungshilfe steigen die Ausgaben für die Schulbegleitung seit Jahren an. Im Schuljahr 2021/22 haben die Bezirke für Kinder mit körperlicher oder geistiger Behinderung laut Bezirketag 112 Millionen Euro für rund 5 000 Schulbegleiterinnen und -begleiter an Regel- und Förderschulen ausgegeben. „Für die Bezirke als Kostenträger bieten solche pragmatischen Lösungen eine Möglichkeit, die vorhandenen Mittel möglichst kosteneffizient einzusetzen“, so Löffler. Der Christsoziale wünscht sich, dass Pool-Modelle flächendeckend in ganz Bayern zum Einsatz kommen. „Mit den nun verabschiedeten Handlungsempfehlungen haben wir dafür den Grundstein gelegt.“

Regelschule: Sehr selten mehr als ein Begleiter in der Klasse

Bereits seit 2016 hat sich das Kultusministerium gemeinsam mit dem Bezirk Mittelfranken intensiv an Modellprojekten zum Pooling beteiligt und hat deren wissenschaftliche Evaluation unterstützt. An der Thea Diem Schule in Unterhaching wird das Pooling von Schulbegleitung nach Angaben des Bezirketags „seit einem Jahr erfolgreich umgesetzt“.

An Förderschulen machen Pool-Lösungen definitiv Sinn. Dort sitzen mitunter drei oder vier Integrationshelfer in einer Klasse mit sechs bis zwölf Kindern und zwei Lehrkräften – zugleich finden viele andere Kinder keinen Begleiter.

Autisten brauchen oft eine feste Bezugsperson

An Regelschulen ist die Situation aber eine andere als an Förderschulen: Denn dort sitzen nur selten mehrere Schulbegleiter in einem Klassenzimmer. An weiterführenden Schulen ist dies sogar so gut wie überhaupt nicht der Fall. Zudem werden diese oft von Kindern mit sozial-emotionaler Beeinträchtigung besucht. Und insbesondere Autisten kommen häufig mit wechselnden Bezugspersonen nicht klar. An Förderschulen sind Pool-Modelle dagegen eine gute Lösung.  (Tobias Lill)
 

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