Kommunales

Die Burg Marquartstein stammt aus dem 11. Jahrhundert, ist ein historisches Wahrzeichen der Region. (Foto: Georg Weindl)

05.01.2023

Tragische Verkaufsgeschichte einer Burg

1300 Quadratmeter Wohnfläche, Kino, Weinkeller und acht Bäder mit Blick über die Chiemseeregion – all das reizte bisher niemanden

Mehr als sieben Jahre zieht sich der Verkauf der Burg Marquartstein im Landkreis Traunstein bereits hin – inklusive etlicher unangenehmer Überraschungen im letzten Moment. Nun scheint die Feste, die für die Gemeinde große wirtschaftliche und touristische Bedeutung hat, endlich neue Besitzende zu bekommen.

Das sind die Zutaten, die die Glamourpresse liebt: Eine mittelalterliche Ritterburg in einer Lage am Bergrand mit Chiemseeblick, wie man es besser kaum erfinden könnte. Eigentümer ist einer der bekanntesten und vermutlich auch wohlhabendsten Kunsthändler Deutschlands. Doch dann will sich Besitzer Konrad Bernheimer von seinem, mit reichlich wertvollem Interieur ausgestatteten Landsitz trennen. Seine vier Töchter würden keinen Gefallen an der historischen Immobilie haben – weshalb er das auf superteure Luxusimmobilien spezialisierte Auktionshaus Sotheby’s für den Verkauf engagierte.

Das war im Jahr 2015. Die Burg, die nur wenige Kilometer vom Südwestufer des Chiemsees residiert, sollte – samt der 1300 Quadratmeter Wohnfläche mit 40 Zimmern, Kino, Weinkeller, acht Bädern mit Marmorausstattung und einem Grundstück mit 11 000 Quadratmetern – für stolze 15 Millionen Euro den Besitzer wechseln; Inventar exklusive.
Die Nachfrage hielt sich in Grenzen. Nach vier Jahren vergeblicher Verkaufsbemühungen übernahm den Auftrag ein Münchner Makler, was auch nichts änderte. Dabei wäre das für Makler ein veritables Geschäft bei handelsüblichen drei Prozent Courtage mit 450 000 Euro. Die Jahre vergingen und der Preis wurde einige Jahre später auf acht Millionen Euro gesenkt – umsonst.

 

Auktionshaus Sotheby’s scheiterte mit dem Verkauf


Richtig ungemütlich wurde es 2020, als publik wurde, dass Bernheimers Kunsthandel akute Liquiditätsprobleme hatte und eine Gläubigerbank einen Antrag auf Zwangsversteigerung stellte. Im April 2020 wurde die Burg schließlich beschlagnahmt. Ein Gutachter wurde beauftragte, der einen Verkehrswert von 5,96 Millionen Euro ermittelte. Auch das war wohl noch zu viel. Interesse gab es eher noch für die umliegenden Grundstücksflächen, für die auch die Gemeinde Marquartstein mitbot. Selbige bemühte sich auch um Käufer*innen. Interessenten gab es wohl aus dem arabischen und russischem Raum, was aber mit Ausbruch des Ukrainekriegs hinfällig wurde. Zumindest hörte man bei der anstehenden Versteigerung nichts mehr von ihnen.

Trotzdem kam langsam Leben in die Verkaufsprozedur. Ein Interessent aus der Region bot im Oktober rund 4,2 Millionen Euro, ein Münchner Mediziner und ein weiterer Interessent aus dem Chiemseegebiet steigerten den Preis schließlich auf 4,6 Millionen Euro. Sowohl den Gläubigern als auch dem Schuldner schien dies zu wenig, weshalb die jeweiligen Anwälte Anträge stellten, den Zuschlag vorerst auszusetzen. Das zuständige Amtsgereicht Traunstein kündigte schließlich an, am 11. November mitzuteilen, ob die Burg zu den Konditionen der Versteigerung veräußert werden sollte.

Vorläufig letzter Schritt war nun Ende November, dass die Gläubigerbanken ihre Versteigerungsanträge zurück gezogen haben. Offensichtlich gibt es einen Kauf auf konventionelle Art, scheint ein Vertrag bereits beurkundet, wie man in der Gemeinde Marquartstein erfährt. Wer der Käufer ist und zu welchem Preis man sich geeinigt hat, ist aber nicht bekannt. Nicht ganz auszuschließen, dass es vielleicht doch noch weiter geht.

Für die Gemeinde hat die Burg über den Wert der Immobilie noch sehr viel mehr Bedeutung, besitzt sie doch enorme historische Bedeutung und wirkt als letzte von sechs Burgen im Achental wie ein Wahrzeichen des Ortes. Um 1075 wurde die Burg von einem Grafen aus dem Geschlecht der Sighardinger erbaut. 1259 kaufte sie Herzog Heinrich von Niederbayern verkauft, der sie zum Sitz des Landgerichts Marquartstein machte. Das blieb sie bis 1799, war dann dem Verfall preisgegeben – bis der hohe bayerische Regierungsbeamte Cajetan von Tautphoeus die Burg restaurieren ließ. Mehrere Besitzwechsel, eine Nutzung als Landschulheim folgten, bis der Kunsthändler Konrad Bernheimer das Bauwerk 1988 erwarb. Aber auch er wurde nicht glücklich damit. (Georg Weindl)

 

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