Kommunales

Bisher ist das kommunale Wahlrecht in Deutschland auf Menschen aus Mitgliedsländern der Europäischen Union begrenzt. (Foto: dpa/Arne Dedert )

19.09.2023

Wahlrecht für Flüchtlinge: "Als ob Handballer den Fußballvorstand wählen"

Widerstand der Kommunen gegen Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) – aufgrund ihrer Weigerung, die deutschen Staatsgrenzen vor ungeregelter Migration zu schützen und Asylbewerber*innen mit geringer Anerkennungsperspektive zurückzuweisen derzeit ohnehin heftig in der Kritik stehend –, hatte einen Plan: Aus ihrem hessischen Landesverband – die Ressortchefin bewirbt sich bei der Landtagswahl am 8. Oktober 2023 um den Posten der Ministerpräsidenten – wurde ein Papier bekannt, wonach Flüchtlinge mit unbefristetem Aufenthaltstitel künftig bereits nach sechs Monaten in Deutschland das kommunale Wahlrecht zuerkannt werden soll. Nach massiven Protesten hieß es seitens des SPD-Landesverbands, ein bedauerlicher redaktioneller Fehler sei beim Abfassen des Papiers aufgetreten: Vielmehr habe man an einen Zeitraum von sechs Jahren gedacht.

Von den Kommunalen Spitzenverbänden im Freistaat erfolgte auf Nachfrage umgehend eine eindeutige Ablehnung. „Das Wahlrecht ist geregelt“, meint etwa Bernd Buckenhofer, der Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags. „Bei Bundestagswahlen und bei Landtagswahlen dürfen nur Deutsche wählen und bei Kommunalwahlen auch EU-Bürger, wenn sie seit mindestens zwei Monaten vor der Wahl in der Kommune leben. Ich sehe hier keinen Änderungsbedarf.“

Und sein Kollege Franz Dirnberger vom Bayerischen Gemeindetag befindet: „Wir halten das für problematisch, weil damit das an sich an die Staatsangehörigkeit geknüpfte Wahlrecht, das durch EU-Bürger ohnehin aufgeweitet ist, noch stärker ausgedehnt wird. Damit wird die Einbürgerung tendenziell entwertet. Und damit letztlich auch eine gelungene Integration.“
Thomas Karmasin, Präsident des Bayerischen Landkreistags, urteilt regelrecht sarkastisch: „Wahlrecht ist der Wesenskern der Mitbestimmung in einer demokratischen Gemeinschaft. Es ist absurd, es Menschen zuzugestehen, die dieser Gemeinschaft nicht dauerhaft angehören. Ebenso könnte man den Vorstand eines Fußballvereins von Handballern wählen lassen, die zufällig in der Vereinsgaststätte zu Gast sind.“

Natürlich kann man die Erklärung des hessischen SPD-Landesverbands mit dem redaktionellen Fehler akzeptieren; das kann selbstverständlich passieren. Doch gab es in der Vergangenheit eben schon wiederholt Versuche der Sozialdemokraten wie der Grünen, das kommunale Wahlrecht für Ausländer über Bürger*innen von EU-Staaten hinaus auszuweiten. „Es gibt keinen wirklichen Grund, warum das kommunale Wahlrecht nur auf EU-Bürger beschränkt ist“, fordert etwa Dominik Krause, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Münchner Stadtrat. Ins gleiche Horn bläst auch Arif Tasdelen, integrationspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.


Geld nach Hause schicken, Essen bei den Tafeln holen

 

Derweil gewinnt auch eine andere Diskussion an Fahrt: Soll man Flüchtlingen künftig zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts nur noch Sachleistungen statt Bargeld zur Verfügung stellen? Erwiesen ist, dass eben dieses Bargeld von vielen – nach Deutschland schaffen es meist junge Männer mit dem Auftrag ihrer Familien, diese möglichst nachzuholen oder wenigstens daheim zu unterstützen – ins Herkunftsland zu überweisen. Die notwendigen Lebensmittel besorgen sie sich dann alternativ bei den Tafeln, die allen Menschen offen stehen. Der Deutsche Landkreistag macht sich dafür stark.

Bundesweiter Vorreiter dieser Regelung war im Freistaat der Landkreis Altötting – und zwar schon während des ersten großen Flüchtlingsansturms. Landrat Erwin Schneider (CSU) führte 2017 die sogenannte Refugee-Card ein. Mit dieser Einkaufskarte konnten die Asylbewerber*innen im ausgewählten Einzelhandel rund um die Gemeinschaftsunterkunft Waren des täglichen Bedarfs erwerben. Aufgrund einer Dezentralisierung bei der Unterkunft der Flüchtlinge habe man das Modell aber nicht beibehalten können, berichtet auf Nachfrage ein Sprecher von Landrat Schneider. Allerdings war der Kommunalpolitiker für dieses Konzept sowohl von den Grünen im örtlichen Kreistag wie auch von der Landtagsfraktion kritisiert worden. (André Paul)

 

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