Kommunales

Ein Kreisverkehr, den fast jeder Krimifilmfan kennt: Der Eberhofer-Kreisel mit einem Aufsteller der beiden Hauptdarsteller Sebastian Bezzel (Franz Eberhofer, links) und Simon Schwarz (Rudi Birkenberger). (Foto: Bäumel-Schachtner)

04.11.2022

Wie sich Kommunen als Filmkulisse profilieren

Frontenhausen alias Niederkaltenkirchen kannte außerhalb Niederbayerns kaum jemand – doch dann kam Kino-Kommissar Franz Eberhofer

Wer hätte das gedacht, dass einen ganz banalen Kreisverkehr mitten in der niederbayerischen Prärie einmal jeder in Deutschland kennen würde? Die Eberhofer-Filme haben den Kreisel in Frontenhausen weit über die Grenzen Bayerns hinweg berühmt gemacht – oder sollte man besser sagen, den Kreisel in Niederkaltenkirchen, dem fiktiven Handlungsort der Krimis? Egal, wie man sie nennt: Die Gemeinde Frontenhausen im Landkreis Dingolfing-Landau (das erfundene Niederkaltenkirchen liegt im Landkreis Landshut) profitiert vom Filmtourismus – auch, wenn nicht nur ihre Schokoladenseite in den Rita-Falk-Verfilmungen ins Rampenlicht gerückt wird.

Frontenhausen ist ein Beispiel, wie gut Niederbayern als Drehkulisse von Filmen und Serien wirken kann. Dass dahinter auch ein enormes wirtschaftliches Potenzial steckt – von denen die Kommunen profitieren können –, hat eine Veranstaltung des Niederbayern- Forums auf der Burg Trausnitz deutlich gemacht. Geboten wurden informative Vorträge und ein Gesprächsaustausch zum Thema „Niederbayern – ein Ort für Film und Fernsehen!?“

Da, wo Frontenhausen schon ist, könnte ein anderer kleiner Ort im Bezirk auch hinkommen – und das ist Viechtach. Als bei Bürgermeister Franz Wittmann (CSU) eines Tages das Telefon klingelte und der Motivscout und Aufnahmeleiter Andreas Wanner bei ihm anfragte, ob es möglich sei, in der Stadt Filmaufnahmen zu machen – da war das Stadtoberhaupt sofort mit Feuer und Flamme dabei.

Die Kino-Crew braucht einen Ansprechpartner

Monika Häuslmeier, Marketing- und Tourismusleiterin der Stadt, organisierte die entsprechenden Rahmenbedingungen, damit Teile der mittlerweile vielfach ausgezeichneten vierteiligen Miniserie Das Verschwinden mit Julia Jentsch in der Stadt gedreht werden konnte. „Ich hab bei der Anfrage sofort gemerkt: Ich muss mir ein kleines Netzwerk aufbauen“, blickt Häuslmeier zurück. Sie habe sich ein Team zusammengestellt, um die Fragen der Filmleute beantworten zu können – zum Beispiel: Wo findet man die richtige Kreuzung, bei der die Verkehrsschilder günstig für die Aufnahmen stehen? „Man kennt immer jemanden. Wichtig ist es, die Leute ins Boot zu holen und gleichzeitig einen zentralen Ansprechpartner zu haben. Die kurzen Wege in einer kleinen Gemeinde, das sind die Vorteile.“

Das unterstreicht auch Scout Andreas Wanner: „Schnelle Entscheidungen und der kurze Draht – das schätzen wir sehr. Und auch, wenn wir vor Ort wichtige Kooperationspartner wie Schreiner, Elektriker und Komparsen finden.“ Was für Tourismuschefin Häuslmeier auch wichtig ist: Die Zusammenarbeit mit der Lokalzeitung. Wird über die Aufnahmen berichtet und werden zum Beispiel auch die Schauspieler*innen portraitiert, „dann sind die Bürger stolz, dass in ihrer Stadt gedreht wird. Und die Menschen kommen damit zurecht, dass eben auch mal nachts gefilmt werden muss oder ein Parkplatz gesperrt wird.“

Im Thriller Das Verschwinden ist die Stadt Viechtach ein Fantasieort, wird also namentlich nicht genannt. Deshalb wird laut Marketingchefin „zwar nicht unmittelbar der Tourismus angekurbelt, doch die Stadt hat dennoch enorm profitiert: So ein Team lässt sehr viel Geld in Hotels und Gastronomie da. Allein das ist schon Gold wert.“

Ein Krimi aus Passau

Anders als Viechtach, wird die Stadt Passau in dem mehrteiligen Fernsehfilm Ein Krimi aus Passau schon im Untertitel genannt. Stefan Mang, als Geschäftsführer der Firma Centouris in der Tourismusforschung tätig, nennt die Ergebnisse einer Umfrage unter 2000 Deutschen nach dem 2. Teil des Passau-Krimis. 90 Prozent sagten, ein Film könnte sie inspirieren, in eine touristische Destination zu kommen. 47 Prozent der Zuschauer*innen haben Interesse, die Stadt Passau zu besuchen.

Und Mang hat herausgefunden, welchen monetären Werbeeffekt dieser Film mit 5,8 Millionen Zusehenden der Drei-Flüsse-Stadt gebracht hat: 9,4 Millionen Euro hätte die Kommune für die vergleichbare Werbewirksamkeit ausgeben müssen, die der Film für sie erreicht hat.

Drei Dinge machten Bayern zu einem attraktiven Filmstandort, skizzierte Anja Metzger vom FilmFernsehFonds (FFF) Bayern, der mit einem Etat von 30 bis 40 Millionen Euro im Jahr Filmprojekte fördert: „Zum einen eine attraktive Filmförderung, eine geeignete Infrastruktur und Studios. Und außerdem nannte Metzger genau das, was auch Monika Häuslmeier beschrieben hatte: „Es braucht kurze Wege und ein gutes Netzwerk.“ Um den Filmschaffenden Bayern als Drehort schmackhaft zu machen, bietet der FFF verschiedene Services: Er führt eine Motiv-Datenbank, in welcher die passende Kulisse zu finden ist; es gibt Location-Touren, um der Crew verschiedene Orte zu zeigen, und es gibt Drehbuchcamps für Autor*innen, damit diese ihre Geschichten verstärkt in Bayern spielen lassen.

Um für Filmaufnahmen geeignet zu sein, müssen verschiedene Faktoren vor Ort vorhanden sein, zeigte Anja Metzger auf: Es braucht Hotels in allen Kategorien, Restaurants, Kneipen und Bars, Parkflächen, Sondergenehmigungen, Dienstleister und Ansprechpartner vor Ort sowie Flexibilität und Toleranz. Ideal sei, wenn eine Region geschlossen auftrete: So gibt es bereits eine Filmregion Tegernsee/Schliersee mit Motivdatenbank, Produktions-Guide und einem Ansprechpartner.

Dass Tristesse gezeigt wird, gefällt nicht allen im Ort

Die Filmregion Berchtesgaden, die es mittlerweile geschafft hat, dass Watzmann ermittelt den Namen des Hausbergs im Titel trägt. In Frontenhausen waren ebenfalls sogenannte Location-Scouts unterwegs, die die Gemeinde zum Eberhofer-Drehort erkoren haben, blickt Sebastian Wimmer zurück – als Sachgebietsleiter am Landratsamt Dingolfing-Landau und gleichzeitig Bürger von Frontenhausen hat er da einen guten Einblick. Wimmer sagt, dass sich die Frontenhausener Bevölkerung nicht immer ganz leicht mit den Eberhofer-Filmen tun: „Gezeigt werden oft bröckelnde Fassaden und Tristesse. Das ist nicht gerade der Ritterschlag für uns.“

Der Ort verstehe aber dennoch, sich zu vermarkten. Der Kreisverkehr heißt seit einigen Jahren Eberhofer-Kreisverkehr und bietet einen Parkplatz, an dem es auch Flyer mit Eberhofer-Orten zum Anschauen gibt. Und die Menschen lassen Geld da: Zum Beispiel verkauft die Bäckerei Schleich Kreisverkehr-Tassen und jetzt, zum neuen Filmstart, spezielle Gugelhupf-Kuchen. „Man könnte das Potenzial aber noch mehr ausschöpfen, vor allem in der Gastronomie“, glaubt Wimmer. „Man könnte zum Beispiel Eberhofer-Gerichte auf die Karte setzen.“ Die Begeisterung des Kommissars für Leberkäs in allen Variationen bietet da sicher diverse Möglichkeiten.

Die Delegation aus Viechtach hörte aufmerksam zu und hofft, selbst auch einmal eine Bühne zu bekommen als Drehort: „So eine Serie mit Lokalkolorit, das wäre schön. Auch bei uns kann man morden und ermitteln“, regte Monika Häuslmeier an.
(Melanie Bäumel-Schachtner)

 

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Große Kreisstädte: Haushalte in einer bedrohlichen Schieflage

„Die Kommunalfinanzen geraten immer mehr in eine bedrohliche Schieflage“. Dieses Fazit zogen übereinstimmend die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister der 29 Großen Kreisstädte in Bayern bei ihrem diesjährigen Treffen in Nördlingen.

Das Lagebild von stagnierenden Steuereinnahmen und stark steigenden Ausgaben trifft auch besonders auf die Großen Kreisstädte zu. Gerade die Entwicklung auf der Ausgabenseite bereitet den Oberbürgermeistern Kopfzerbrechen. Neben den Personalausgaben belasten vor allem die Sozialausgaben die städtischen Haushalte. Dies macht sich besonders bei der Kreisumlage bemerkbar. Die Großen Kreisstädte tragen innerhalb eines Landkreises gewöhnlich die Hauptlast an der Kreisumlage. Der Trend steigender Umlagebelastungen ist leider ungebrochen.

Die Dynamik auf der Ausgabenseite gefährdet den Ausgleich der Verwaltungshaushalte und schränkt die Selbstfinanzierungskraft der Städte massiv ein – mit entsprechenden Folgen für die Investitionen. Fehlende Mittel bedeuten, dass wichtige Investitionen in die städtische Infrastruktur wie beispielsweise in Kitas, Schulen, öffentlicher Nahverkehr, Energieversorgung, Kultur und Sport gestrichen oder geschoben werden müssen. Oder Kommunen müssen sich verschulden. Aber auch hier sind die Grenzen in einigen Städten schon erreicht.

Die Aufstellung von genehmigungsfähigen Haushalten für die kommenden Jahre wird extrem schwierig. Da werden auch freiwillige Angebote auf den Prüfstand kommen müssen, warnen die Oberbürgermeister der Großen Kreisstädte bei ihrer Tagung. (BSZ)

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