Kommunales

Sollen die Surfer am Eisbach ausgesperrt werden? Fakt ist: Das Surfen dort ist illegal. (Foto: Patrik Stäbler)

04.04.2025

Gefährdete Brandung - Zoff ums Wellenreiten in München

In der Landshauptstadt eskaliert ein Streit zwischen Surfern und Anwohnern – was wiegt mehr: das Recht auf Ruhe der Nachbarn oder die Interessen der – illegalen – Wellenreiter ?

An der kleinen Eisbachwelle in München ist der Streit zwischen Surfern und Anwohnern eskaliert. Letztere klagen über Lärm, Müll und nächtliches Scheinwerferlicht, weshalb sie einen Zaun versetzt haben, um die Wassersportler auszusperren. Im Rathaus bemüht man sich um eine Lösung – und plant zugleich weitere Surfwellen.

Es ist ein nasskalter Vormittag mit einem eisigem Wind, der hier in München über die bekannte Eisbachwelle am Rande des Englischen Gartens pfeift. Ein Wetter also, das einerseits stellvertretend für die frostige Stimmung unweit von hier steht, wo Surfer und Anwohner im Clinch liegen – das andererseits aber so gar nicht zur sonnigen Laune von Daniel passt.

Der 28-Jährige, der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen will, trägt im Gesicht ein Lächeln und unterm Arm ein Surfbrett, mit dem er gerade jene stehende Welle geritten ist, die als weltweit größte und beste ihrer Art gilt – und als Sehenswürdigkeit in keinem München-Reiseführer fehlt. Sogar heute trotzen einige Touristen dem widrigen Wetter und knipsen Fotos von Daniel, der im Homeoffice arbeitet und in seiner Mittagspause hierher zum Surfen gekommen ist, wie er erzählt.

Neben ihm sind nur eine Handvoll weitere Brettsportler zugegen, doch insgesamt habe der Andrang an der Eisbachwelle zugenommen, versichert er. Ein Grund dafür dürfte der Zwist zwischen Surfern und Anwohnern sein, der circa 700 Meter weiter nördlich eskaliert ist. So hat an der dortigen „kleinen Eisbachwelle“ eine Eigentümergemeinschaft auf ihrem Grundstück, das an den Englischen Garten grenzt, einen Zaun versetzt, um den Brettsportlern den Weg aufs Wasser zu versperren.

Anlass hierfür waren „massiv angestiegene Belästigungen durch Lärm, Unrat, nächtliche Ausleuchtung und vor allem wiederholte Beschädigung an der Grundstückseinfriedung, teilen die Anwohner über ihre Hausverwaltung mit. Ihnen zufolge „lärmen, rufen, klopfen und schreien“ Surfer und deren Zuschauer von früh morgens bis spät in die Nacht – „und das an fast 365 Tagen im Jahr“. Um das zu unterbinden, habe die Eigentümergemeinschaft mehrheitlich beschlossen, den Zaun zu versetzen. Und das wiederum hat einen Aufschrei in der Surf-Community ausgelöst. 

Denn anders als bisher könne man jetzt nicht mehr von der Ufermauer anlaufen und ins Wasser springen, bedauert die Interessengemeinschaft Surfen in München (IGSM) in einem Statement. Zwar würden Geübte durch Anpaddeln oder Entlanghangeln am Zaun weiterhin auf die Welle gelangen. Für die meisten jedoch sei das Surfen der sogenannten E2-Welle „deutlich erschwert und auch gefährlicher geworden“, warnt die IGSM. Sie weist auch darauf hin, dass die Brettsportler „nicht unwesentlich zur Sicherheit“ am Eisbach beitragen. Denn: „Im Sommer werden regelmäßig Schwimmer von Surfern gerettet.“

Doch nicht nur die geschätzten 3000 bis 4000 Surferinnen und Surfer in München hat die Zaunversetzung alarmiert, sondern auch die Stadtpolitik. Schließlich ist man im Rathaus stolz auf den Ruf als Surf-Metropole und plant daher weitere Wellen – doch dazu später. Zunächst zum Streit an der sogenannten Dianabadschwelle am Eisbach, in den sich sowohl die CSU per Stadtratsantrag als auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) eingeschaltet haben. Er nannte es bei Instagram „sehr schade“, dass an der E2-Welle nicht mehr gesurft werden kann, und versprach, sich des Themas anzunehmen.

Das Stadt hat hier kaum Handhabe

Wobei Reiter nur zu gut weiß, dass die Stadt hier kaum Handhabe hat. Denn der Englische Garten gehört dem Freistaat, dessen Bayerische Schlösserverwaltung am Westufer der E2-Welle schon vor Jahren einen Metallzaun aufgestellt hat. Dieser soll das Surfen verhindern, da dort ja ebenso wie das Schwimmen im Eisbach offiziell verboten ist – wiewohl die Stadt es duldet. Bisher gelangten die Brettsportler vom anderen Ufer und über ein privates Grundstück auf die E2-Welle. Doch das hat die Eigentümergemeinschaft nun massiv erschwert, wobei der Zaun weiterhin auf ihrem Gelände stehe, wie eine Sprecherin der Schlösserverwaltung mitteilt. „Ein Grenzüberbau auf staatlichen Grund ist somit nicht erfolgt.“

Insofern hat sich die Hoffnung der IGSM zerschlagen, dass die Zaunversetzung illegal gewesen sein könnte. Und so konstatiert ihr Vorsitzender Franz Fasel enttäuscht: „Ich befürchte, dass es jetzt keine schnelle Lösung geben wird.“ Mit Blick auf die Klagen der Anwohner räumt er ein, dass an der E2-Welle auch nachts und bisweilen unter Scheinwerferlicht gesurft werde. Von Müllbergen auf Privatgrund und „nächtlichen Surfpartys“, wie es seitens der Eigentümergemeinschaft heißt, könne aber keine Rede sein, sagt Franz Fasel. „Ich glaube, da werden verschiedene Dinge miteinander vermischt, was die allgemeine Nutzung des Englischen Gartens und die Surf-Community angeht.“ Der IGSM-Chef hofft nun, dass die vom Rathaus anvisierten Gespräche mit den Anwohnern und der Schlösserverwaltung zu einer Lösung führen. 

Unabhängig vom Streit an der Dianabadschwelle plant das Rathaus schon seit Längeren eine weitere Surfmöglichkeit in der Stadt. Sie soll in Form einer dritten Eisbachwelle im neuen Quartier im Tucherpark entstehen, dessen Fertigstellung jedoch erst für 2029 erwartet wird. Derweil hat die SPD/Volt-Fraktion im Stadtrat unlängst eine neue Option ins Spiel gebracht – nämlich eine künstliche Surfwelle auf dem Olympiasee. Ausgerechnet der Koalitionspartner im Rathaus, die Fraktion von Grünen und Rosa Liste, hält davon aber nur wenig. „Eine künstliche Anlage müsste mit viel Aufwand und Energie am Laufen gehalten werden“, sagt Stadtrat Florian Schönemann (Grüne). „Dafür müsste ein Betreiber gefunden werden, der sicherlich hohe Eintrittsgelder verlangen müsste, um alles zu finanzieren.“ 

Vorerst aber wird es – solange der Zaun an der E2-Welle stehen bleibt – nur noch einen einzigen Surfspot in München geben. Und zwar die weithin bekannte Welle am Haus der Kunst, wo sich Daniel nach seiner Mittagspause inzwischen auf den Heimweg macht und sein Brett ans Fahrrad klemmt. Was er vom Streit an der Dianabadschwelle hält? „Ich verstehe das ehrlich gesagt nicht“, sagt der 28-Jährige und zuckt mit den Schultern. „Wir wollen doch nur surfen.“ (Patrik Stäbler)

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