Kommunales

Im Rathaus von Bad Wörishofen dreht sich das Personalkarussell. (Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand)

04.08.2023

Zutritt zum Rathaus verwehrt

In Bad Wörishofen kommt es zwischen Bürgermeister und Kämmerer zu einer Auseinandersetzung

In der Stadtverwaltung von Bad Wörishofen dreht sich ständig das Personalkarussell. Seit der Erste Bürgermeister Stefan Welzel (CSU) nach seiner Wahl vor drei Jahren auf dem Chefsessel im Rathaus der Stadt im Landkreis Unterallgäu Platz genommen hat, haben knapp 50 Verwaltungsmitarbeitende der Kneippstadt den Rücken gekehrt. Jüngstes Beispiel ist Kämmerer Tim Hentrich.

Am 15. Mai dieses Jahres wurde Hentrich nach dessen eigenen Aussagen vom Ersten Bürgermeister ein Verbot zum Führen der Dienstgeschäfte nach § 39 Beamtenstatusgesetz auferlegt. Zudem seien ihm der Zutritt zum Rathaus verboten, der Dienstlaptop abgenommen und die Schlüssel eingezogen worden. Allerdings weiß Hentrich bis heute nicht, weshalb Welzel dies alles veranlasst hat.

Auf Nachfrage der Staatszeitung erklärt der Erste Bürgermeister: „Eine hohe Fluktuation bei den Mitarbeitenden einer Verwaltung ist neben dem allgemeinen Fachkräftemangel und dem demografischen Wandel ein inzwischen allgemein bekanntes Phänomen, so wie es beispielsweise unlängst auch auf der Tagung des Bayerischen Städtetags ausgeführt wurde.“ Der Arbeitsmarkt sei hart umkämpft und so gebe es eine Vielzahl unterschiedlicher Gründe für diesen Trend. „Wenn der Weg zum Arbeitsplatz woanders kürzer und damit bei teuren Energiekosten günstiger ist (Bad Wörishofen hat einen hohen Anteil von außerhalb wohnenden Mitarbeitern), wenn Landratsämter aufgrund ihres hohen Personalbedarfs Mitarbeiter förmlich absorbieren und wenn die freie Wirtschaft mehr bezahlt, macht das auch nicht vor den Rathäusern halt“, erklärt Welzel.

Verwaltungsimmobilie in Schuss bringen

In Bad Wörishofen komme hinzu, dass eine über Jahrzehnte nicht erneuerte Verwaltungsimmobilie aufwendig erst in Schuss gebracht werden muss. „Darüber hinaus konnten wir erst nach der Pandemie die Organisation der Rathausverwaltung auf das in der alten Wahlperiode verabschiedete,aber unter den Vorgängern nicht umgesetzte Organisationsgutachten ausrichten. Ein bedarfsgerechter Ausbau des Steueramts und der EDV-Abteilung sind nur zwei der vielen Neuausrichtungen seit 2020“, so Welzel.

Mehr Verwaltungsaufgaben und die Schaffung von Redundanzen sorgen bei der schnell wachsenden Stadt für zusätzliche Herausforderungen, betont der Erste Bürgermeister. Dass ausgerechnet in Bad Wörishofen neben mehreren dezentralen Unterkünften eine große Flüchtlings- und Asyl-aufnahmeeinrichtung steht, belaste die Verwaltung zusätzlich in mehrerlei Hinsicht.

„Beim Bürgerbüro haben wir das letzte Dreivierteljahr personell massiv aufgestockt. Hier hat das Ordnungsamt die Aufgabe, die nun acht Mitarbeiterinnen in diesem einzigen Bereich mit Terminwartezeiten bestmöglich einzusetzen“, so der Erste Bürgermeister. Seit dem letzten Jahr habe dieser Bereich massiv damit zu kämpfen, dass in Bad Wörishofen eine sehr hohe Zahl an Geflüchteten und Asylbewerbenden ankommt, wohnt und weiterverlegt wird. „Wir sind durch die Aufstockung der Mitarbeiterzahl positiv gestimmt, dass hier – sobald der große Aufgabenbereich Landtagswahl bewältigt ist – eine deutlich bessere Serviceverfügbarkeit bestehen wird“, erläutert Welzel.

Zusammengefasst sage die kolportierte Zahl an Personalveränderungen nicht viel aus. „Es gab Ruhestandseintritte ebenso wie Schwangerschaften oder private Weiterbildungs- und Veränderungswünsche. Die Bindung zum Arbeitgeber ist nicht mehr so wie früher“, sagt der Erste Bürgermeister. In Zeiten von Quereinsteigern zum Ausgleich des Fachkräftemangels komme es auch zu Vertragsauflösungen in der Probezeit.

Personelle Veränderungen

„Absolute Zahlen, die außerdem noch bis in die alte Wahlperiode zurückgehen, werden eher politisch motiviert gestreut. Zuständig für das Personal ist übrigens immer der Leiter des Hauptamts (zuletzt kommissarisch Herr Hentrich), sodass ich über die personellen Veränderungen in der Regel erst im Nachgang Kenntnis erhalte“, so Welzel.

Die angefragte Sicherheitsmaßnahme (Suspendierung von Kämmerer Hentrich, Anmerkung der Redaktion) sei im Sinne des Erhalts der Funktionsfähigkeit der Verwaltung und des Schutzauftrags für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie in enger Abstimmung mit dem Personalrat erfolgt.

Hentrich betont auf Anfrage der Staatszeitung: „Der Bürgermeister erhebt öffentlich schwere Vorwürfe, die, wären sie stichhaltig, mir oder meinem Anwalt auf Nachfrage hätten mitgeteilt werden können.“ Zudem hätte ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden müssen, was nicht geschehen ist. „Ich werde mich zu internen Vorgängen nicht äußern, da dies nicht zielführend ist und als städtischer Beamter, egal ob aus einer Wahl oder Berufung heraus resultierend, nach Beamtenrecht dies auch nicht zulässig ist“, so Hentrich.

Er sagt: „Die öffentlichen Äußerungen des Ersten Bürgermeisters schockieren mich zutiefst. Dass er als verantwortlicher Verwaltungsleiter nun die Schuld auf mich schieben will, lässt mich nur noch mit dem Kopf schütteln. Der Personalrat hat mir zudem sein Unverständnis über die Äußerungen des Ersten Bürgermeisters signalisiert, womit deutlich wird, dass ich als Sündenbock nicht tauge.“

Hentrich wechselt zum 1. September dieses Jahres zur Regierung von Schwaben.
(Ralph Schweinfurth)

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