Kultur

Edmund Hellmer konnte mit seinem Modell eines Denkmals, das Mozart in einem antiken Rundtempel zeigt, die Wiener Wettbewerbsjury nicht überzeugen. (Foto: Dita Vollmond)

28.05.2021

Auf den Sockel gehoben

Die Ausstellung „Imagine Mozart“ im Würzburger Kulturspeicher zeigt, wie Kunstschaffende das Musikgenie interpretiert haben

Mozart hat in den bildenden Künsten mehr Spuren hinterlassen als andere Komponisten. Das führt die Ausstellung Imagine Mozart im Würzburger Kulturspeicher mit rund 70 Beispielen von 36 internationalen Leihgebern eindrucksvoll vor Augen. Die ungewöhnliche Schau dokumentiert, wie sich in über 250 Jahren Nachgeborene auf visuellem Weg dem Musikgenie nähern – im Spiegel des jeweiligen Zeitgeists.

Wie sah Mozart wirklich aus? Diese Frage beantwortet auch nicht das am meisten publizierte Porträt des Genies, das Barbara Krafft (1764 bis 1825) erst 28 Jahre nach seinem Tod malte. Authentisch ist wahrscheinlich sein Aussehen auf dem unvollständig wirkenden Ölbild von 1789, gemalt von seinem Schwager Joseph Lange. Daran orientierten sich weitere Bildnisse.

Eindeutig weiß man jedoch, wie Mozart geschrieben hat: Ein Original in der Ausstellung ist der Brief von Amadeus an seine Frau Constanze vom September 1790, in dem er über seine Kaffeepause in Würzburg berichtet und schwärmt: „eine schöne, prächtige Stadt“. Notenblätter von seiner Hand zur Zauberflöte, zum Requiem sowie zu Änderungen am zweiten Finale der Così fan tutte verraten viel über Mozarts sehr bewusste Schaffensweise.

Verehrung als Mythos

Nach diesem „Präludium“ befasst sich die Ausstellung im Kapitel „Mozartiana“ mit der Verehrung des Komponisten geradezu als Mythos. Leonhard Posch (1750 bis 1831) verbreitete mit seinem Porträt-Medaillon Mozarts schon 1788 das Bild des Komponisten – Arnulf Rainer übermalte 1991 auf einer Radierung diese Profilansicht, sodass sie fast unkenntlich wird.

Mozart wurde schon bald nach seinem Tod in Gestik, Blick und Haltung deutlich idealisiert dargestellt, wofür ein großes Ölgemälde aus dem Jahr 1850 von Christian Bode als Beispiel steht. Bald sollten in Salzburg und Wien Mozart-Denkmäler errichtet werden. Für Salzburg reichte Ludwig Schwanthaler Entwürfe und ein Modell für ein repräsentatives Standbild ein. In Wien gab es um 1890 Streit beim Wettbewerb: Das groß dimensionierte Modell von Edmund Hellmer, das Mozart in einem antiken Rundtempel im Moment der Inspiration zeigen soll, wurde nicht angenommen; den Preis gewann stattdessen Viktor Oskar Tilgner mit dem Modell einer Standfigur. Karikaturisten machten sich über den erbitterten Streit lustig.

Erfrischend lebendig ist das Präsentationsmodell des geigespielenden jungen Mozart für ein Denkmal in London durch Philip Jackson 1991. Hübsch ist die Bronzefigur, die Louis-Ernest Barrias um 1880 schuf und das Kind Amadeus zeigt, das gerade seine Violine stimmt. Mozart wurde schon zu Lebzeiten als Wunderkind vermarktet, auch mit einem Kupferstich als Werbung für die Paris-Reise 1794 mit Vater Leopold und Schwester Nannerl.

Ab 1852 hat Mozarts Begabung und Schöpfertum bis hin zur Apotheose bildlichen Niederschlag gefunden und wurde bei Anton Romako 1877 zur fantastischen Verklärung: Der Komponist sitzt versunken am Clavichord, Frau Musica inspiriert und neckische Musik-Engelchen umschweben ihn. Das prachtvolle Gemälde von Giacomo Montegazza aus dem Jahr 1891 erinnerte daran, als der kleine Mozart 1784 vor dem Hof des englischen Königs Georg III. in Buckingham House auf dem Cembalo spielte.

Besonders interessierte sich die Nachwelt für das Ableben Mozarts. So schildert Henry Nelson O’Neil mit vielen Details 1849, wie der Komponist im Bett, umringt von Familie und Getreuen, Franz Xaver Süßmayr noch seine letzten Instruktionen zum Requiem KV 626 gibt – Süßmayr vollendete es nach Mozarts Tod. Auf Mihály Munkácsy Gemälde von 1885 sieht man Mozart, der fast wie ein Geist auf einem Stuhl sitzt, wie er die letzten Takte des Requiem anhört.

Nahezu respektlos erscheint Alfred Hrdlickas klumpige Bronze von 2006: Österreich als Kaiserin-Mutter gebiert ein „Wunderkind“. Der herausragende Hingucker dieser Abteilung ist die 314 Kilogramm schwere Mozart-Assemblage (1985) des französisch-amerikanischen Objektkünstlers Arman, in der alle möglichen Instrumente und Mozart-Devotionalien versammelt sind.

Mozart-Themen inspirierten Künstler immer wieder zu bildlichen Darstellungen, so Moritz von Schwind zur Ausmalung von Loggien und Deckenzwickeln in der Wiener Staatsoper 1864. Unter den Opernfiguren reizte vor allem der Don Giovanni: So erfasste Alexandre-Évariste Fragonard 1830/1835 auf seinem Ölgemälde das Verstörende dieser Figur, Adolph Menzel zeigte in seiner Lithografie (1859) den düsteren Verführer und Max Slevogt, ein großer Mozart-Verehrer, nannte sein überlebensgroßes Ölbild Das Champagnerlied (1902): Es zeigt den weiß gekleideten Don Giovanni in Feierlaune. Slevogt gestaltete auch die Wände seines Musikzimmers mit Szenen aus Mozart-Opern aus, wie ein Ölbild (1924) von Emil Orlik zeigt, und schuf Radierfolgen zur Zauberflöte (1920).

Das Laszive des Cherubino aus Mozarts Le nozze di Figaro betont Jacques-Émile Blanche auf seinem stimmungsvollen Ölbild (1903/04). Paul Klees Sängerin der komischen Oper spielt 1925 wohl mit erotischen Assoziationen, während Hannah Höch ihre abstrakten Mozart-Blätter als rhythmisch komponierte Assoziation anlegt.

Bekannte Bühnenbilder

Eine Widmung an den verehrten Musikschöpfer stellt wohl Raoul Dufys Mozart-Orchester von 1951 dar, während Tom Phillips in seiner Collage innerhalb eines beschrifteten Rahmens an Mozart als Billard-Spieler erinnert. Ganz abstrakt wirken die impulsiven Farbströme vor Gelb bei Gerhard Richters Mozart von 1981, während Thomas Grochowiak sein düsteres Informel-Bild nach dem Mozart-Requiem Rex Tremendae benannt hat und Hrdlicka bei seiner Königin der Nacht eher an ein gewalttätiges Monster erinnert.

Die Bühnenwerke Mozarts wurden immer wieder großartig inszeniert und haben zu bekannten Bildern geführt – oft kopiert und abgewandelt ist das Bühnenbild zur Sternenhalle der Königin der Nacht von Friedrich Schinkel zur Berliner Premiere der Zauberflöte 1816. Oskar Kokoschka hat viele der Gestalten aus der Zauberflöte für seine Ausstattungen der Aufführungen mit farbigen Kreiden gezeichnet, so für Genf 1965: Der große Bildteppich in der Ausstellung fasst seine Einfälle zusammen.

Ganz streng, fast abweisend sind dagegen Robert Wilsons Entwürfe für die Zauberflöte in Paris 1991, während Karel Appel für Amsterdam 1995 und Salzburg 2006 in Farben und komischen Figuren schwelgt. Der Würzburger Maler Wolfgang Lenz hat zweimal Bühnenbilder entworfen für Mozart-Opern; sein Schwerpunkt lag auf fantastisch-surrealer Ausstattung, wie Szenenfotos und ein Gemälde zur Gärtnerin aus Liebe belegen. (Renate Freyeisen)

Information: Bis 11. Juli. Museum Kulturspeicher, Oskar-Laredo-Platz 1, 97080 Würzburg. Aktuelle Öffnungszeiten unter www.kulturspeicher.de

 

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