Kultur

Sascha Retzlaff und Annette Lauckner geben das unsterbliche Opernpaar Tristan und Isolde. (Foto: Regina Fettköther)

24.07.2015

Aufklärung mit Wagner

Zwischen tieferer Bedeutung und Klamauk: „Tristan oder Isolde“ auf der Studiobühne Bayreuth

Kommt Kevin denn nun endlich bei Chantalle (beide nicht sächsisch sprechend) zu Potte? Drei Versuche am Dachboden, auf ihr zu landen – aber immer liegen da irgendwelche Leichen rum. In Bayreuth können das natürlich nur Wagner-Leichen sein, die Uwe Hoppe in seinem neuen Studiobühnen-Stück im Steingraeber-Haus verstreut: Genau eine Woche vor den Festspielen sind es Tristan, Isolde & Co.
Uwe Hoppe will dem Publikum endlich mal zeigen, wie das bei dem unsterblichen Opernpaar eigentlich war. Bei Wagner erzählen sie’s zwar stundenlang, aber bei Hoppe sieht man, wie Tristan den irischen Riesen Morolt erschlägt und einen fiesen Drachen noch dazu, wie es bei den zahlreichen „Beilagern“ zugeht. Dazu mixt der umtriebige Laienspielerchef brillant den originalen Wagner-Text mit flapsigen Wortkaskaden von heute, mischt Wagner mit Gottfried von Straßburg und anderen Quellen des Stoffs – richtig was für g’studierte Leut’ halt.
Da geht es über zwei Stunden lang germanistisch manchmal direkt interessant, manchmal denn doch allzu gelehrsam zu, dann wieder richtig blöd, und szenisch kommt eine Mischung von Ernst, Satire, Ironie und tieferer Bedeutung samt Comic und Franken-Klamauk heraus.
So bunt gemischt sieht auch die Zirkustruppe aus, die Hoppe am Anfang und am Ende seiner Inszenierung auf die Dachbodenbühne schickt. Von der muss jeder richtig mit anpacken, wenn Michael Bachmann aus Bierbänken und -tischen die Burg Kareol oder den OP-Saal des waidwunden Tristan aufgebaut haben will.

Drastische Vorführung

Und jeder muss in viele Rollen schlüpfen, damit man Tristan auch als Ehemann der Isolde Weißhant und als Koma-Säufer kennenlernen kann oder das Elternpaar Tristans Blanchefleur und Rivalin. Wovon bei Wagner erst im dritten Akt der „Handlung“ die Rede ist, der Tod der Mutter bei Tristans Geburt – hier wird alles drastisch vorgeführt.
Was man schon immer über Tristan und Isolde wissen wollte und sich nie zu fragen traute: War König Marke wirklich schwul, scharf auf den Neffen und mit ihm in der Molle? Wieso war dann Isoldes Kammerfrau Brangäne stellvertretend mit Marke zugange? War Melot eigentlich in den König verliebt oder nur ein schnöder Intrigant? Nichts war zu intim, als dass Uwe Hoppe keine Antwort darauf hätte. Das war streckenweise zum Hammond-Orgel-Gesäusel nach Wagnermotiven (Hans Martin Gräbner) nur manchmal wirklich lustig und eigentlich ein richtiges Jongleur-Kunststück mit ganz viel Textflitter. Mit dem sportiven Tristan von Sascha Retzlaff und Annette Lauckner als stets beischlafbereiter Isolde ist diese Wagner-Aufklärungsstunde (sozusagen „Wagner untold“) noch im Juli und den ganzen August über eine Top-Vorbereitung für die Grande Opéra. (Uwe Mitsching)

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