Kultur

Helena wird von ihrem verheirateten Liebhaber per SMS mal wieder versetzt. (Foto: Franz Kimmel)

22.07.2016

Brillantes Spiel zu zweit

Premiere von "Eine Sommernacht" im Münchner Hofspielhaus

An einem verregneten Mittsommer-Wochenende begegnen sich in einer Weinbar in Edinburgh die erfolgreiche Scheidungsanwältin Helena und der Kleinkriminelle Bob. Helena wird gerade mal wieder von ihrem verheirateten Liebhaber versetzt. Gleichzeitig wartet Bob auf seinen nächsten Auftrag. Sie sind beide Anfang 30, und so wie es aussieht, halten im Moment das Leben oder auch diese Nacht nicht mehr viel für sie bereit. Kopfüber stürzen sie sich in einen alkoholisierten, wenig geglückten One-Night-Stand. Liebe ist das nicht und daher schickt sie ihn weg. Eigentlich könnte hier die Geschichte schon zu Ende sein, wenn sich Helena und Bob nach ein paar vormittäglichen persönlichen Katastrophen nicht zufällig wieder über den Weg laufen würden, aber unter ganz anderen Vorzeichen: Helena hat gerade die Hochzeit ihrer Schwester gesprengt und Bob trägt eine Tüte mit 15 000 Pfund bei sich, die ihm nicht gehören. Bob überredet Helena, mit ihm die Gunst der Stunde zu nutzen und die kompletten 15 000 Pfund auf den Kopf zu hauen. Eine gemeinsame Reise in und durch die Nacht beginnt. Im Zick-Zack-Kurs durch Edinburgh treffen sie auf skurrile Gestalten, erleben die wahrheitsfördernde Kraft des Japanischen Bondage und teilen ein paar Lebensgeheimnisse miteinander. So unterschiedlich die beiden auch sein mögen, stellen sie sich doch die gleichen existenziellen Fragen: Was habe ich erreicht in meinem Leben? Soll das schon alles gewesen sein? Und obwohl sich nach durchzechtem und -feiertem Wochenende ihre Wege zum zweiten Mal trennen, sind sie sich näher gekommen und ihr Leben hat sich verändert. Während Bob sein Glück auf dem Kontinent als Straßenmusiker versuchen will, fällt es Helena wie Schuppen von den Augen, sie hat sich in die eher unscheinbare, aber liebenswürdige graue Maus Bob verliebt. Zusammen gehen beide aufs Festland, für eine Woche, denn solange hat sich Helena Urlaub genommen. Das ist vielleicht der Anfang einer Liebesgeschichte. Das Stück Eine Sommernacht. Ein Stück mit Musik von David Greig und Gordon McIntyre hatte jetzt im Hofspielhaus, Münchens kleinster Freilichtbühne, Premiere und was für eine. Laura Cuenca Serrano als Helena und Ferdinand Schmidt-Modrow als Bob spielen ihre Charaktere nicht nur gekonnt, sondern brillant. Es ist ein Genuss, ihren Dialogen beziehungsweise Monologen zuzuhören, ihre Mimik und ihr Spiel zu verfolgen. Es gelingt ihnen scheinbar mühelos, diese leichte Sommersatire mit Hang zum Tiefgang über Liebe, Verlangen, Eitelkeit und Bedürfnisse gekonnt umzusetzen und das Publikum zu begeistern. Ab und zu hat man sogar den Verdacht, Serrano und Schmidt-Modrow sind tatsächlich ein unglücklich/glückliches Liebespaar. Unter der Regie von Leni Brem und der musikalischen Leitung von Sascha Fersch laufen die beiden Protagonisten zur Höchstform auf und bescheren dem Publikum einen wunderschönen, wenn auch zum Teil etwas nachdenklichen Theaterabend im Freien. Das Hofspielhaus bietet mit diesem Stück und den beiden Darstellern großes Theater auf kleiner Bühne. Prädikat: absolut sehenswert.
(Friedrich H. Hettler) Hofspielhaus, Falkenturmstraße 8. www.hofspielhaus.de;
Termine: 24.07; 28.07; 29.07; 31.07; 04.08; 05.08; 11.09; 22.09 und 23.09. (Helena und Bob im Regen von Edinburgh - Foto: Franz Kimmel)

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