Kultur

Marek Egert, Alina Rank und Jeremias Beckford agieren zwischen Rot und Grau. (Foto: Martin Kaufhold)

22.03.2024

Die Kunst, Schiller zu sprechen

Das Bamberger E.T.A. Hoffmann Theater inszenierte Schillers „Maria Stuart“

Die Bühne ist leer, man sieht nur Wände, die sich manchmal drehen und die eine oder andere der beiden Frauenfiguren in den Vordergrund rücken: Maria Stuart und Elisabeth. In ihren sehr weiten, an der Taille eng gefassten Roben erscheinen sie bisweilen wie Puppen, da sich nur Arme und Köpfe bewegen. Elisabeth, Königin von England, trägt ein knallrotes Staatsgewand, das von Maria Stuart, der Königin von Schottland, ist aschgrau. Rot und grau erscheinen auch die hohen, oft düster beleuchteten Wände.

Im E.T.A. Hoffmann Theater am Bamberger Schillerplatz hat man jetzt die Tragödie Maria Stuart des Weimarer Goethe-Freundes aus dem Jahre 1800 inszeniert, die vielen bereits aus dem Deutschunterricht geläufig ist. Die Handlung dürfte also bekannt sein: Die anglikanische, sehr mächtige englische Königin Elisabeth I., nach der einmal ein ganzes Zeitalter benannt werden sollte, ließ nach längerem Zögern ihre Verwandte und Konkurrentin Maria Stuart, die katholische Königin von Schottland, hinrichten. Das erregte in ganz Europa und bis heute Aufsehen, weil hier ein „gesalbtes Haupt“ auf den Richtblock kam.

Mehrere Anklagepunkte

Anklagepunkte gab es mehrere: Mittäterschaft an der Ermordung ihres zweiten Gemahls Lord Darnley, Anzetteln von Intrigen gegen die englische Königin und sogar Planung eines Attentats. Inwieweit das beweisbar war, stand weniger zur Diskussion. Ihr eigentliches Vergehen war die Gefährdung von Elisabeths Machtposition durch einen im Hintergrund stehenden Anspruch auf den englischen Thron.

Das konnte eine im Handwerk des Herrschens so versierte Frau wie Elisabeth nicht dulden. Sie sah die Schönheit der schottischen Königin, welche Londoner Höflinge auf ihre Seite zu ziehen vermochte, zumal sie selbst als weniger reizvoll galt und sich zeitlebens nicht mit einem Ehegemahl verbinden oder sich diesem gar unterwerfen wollte.

In der Bamberger Aufführung glänzte die Schönheit der Elisabeth, dargestellt von Alina Rank, jedoch nicht weniger als die der Gegenspielerin und Titelfigur Maria, die Ewa Rataj verkörpert. Hier konnte das Publikum im Grunde keinen Unterschied erkennen. Auch eine machtbewusste Herzlosigkeit, die ja am Ende zum Tod Marias führte, ließ sich bei Elisabeth so gut wie nicht wahrnehmen – genauso wenig wie ein mitleiderregender Charakter bei Maria. Der Unterschied lag hauptsächlich in der Farbe ihrer Kleidung und im Inhalt ihrer Worte, der ihre jeweiligen Rollen kennzeichnete.

Diese Worte erschienen weniger vom inhaltlichen Ausdruck her dramatisch als aufgrund der Art, wie sie artikuliert wurden: Maria und Elisabeth wurden oft laut, ja sie schrieen geradezu. So gelang es kaum, den Höhepunkt auszumachen, den Schiller in der Begegnung der Königinnen gestaltet hatte. Insofern erklangen die Männerstimmen fast wie eine Erholung, als etwa Daniel Seniuk in der Rolle des königstreuen, staatstragenden Burleigh am englischen Hof seine Argumente vortrug.
Eine besondere schauspielerische Leistung darf man Leon Tölle zuschreiben, dem das Kunststück gelang, mit Mortimer einen scheinbaren Gefolgsmann Elisabeths zu verkörpern, der aber in Maria verliebt ist und konkrete Befreiungspläne hegt. Beide beherrschten sie noch mit am besten, die viel zitierte und hohe Kunst, Schiller zu sprechen. (Andreas Reuß)

 

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