Kultur

Den Terrakottaboden im Cordonhaus bezieht Johanna Strobel bewusst in ihre Arbeiten ein: Aus dem gleichen Material hat sie dieses Mauerfragment errichtet. (Foto: Dominik Bindl)

26.07.2019

Die Wahrheit liegt zwischen den Dingen

Johanna Strobels Werkschau in Cham

Johanna Strobel liebt Bananen, und so ist es nur folgerichtig, dass der erste Buchstabe ihres Vornamens Johanna zur Banane geformt ist. Längst schon in der Kunst verbreitet als Graffito des Bananensprayers Thomas Baumgärtel, ist Strobels Banane Teil ihres Namens sowie Teil ihres Werks, in dem sie mit banalen Alltagsobjekten und Sprachspielereien die vorgegebene Realität kreativ manipuliert.

Die Banane ist nur eines der Versatzstücke, die in Johanna Strobels Werk immer wieder in wechselnden Zusammenhängen auftauchen und mit denen die Künstlerin Wahrnehmung und Bedeutung der Dinge im Allgemeinen und im persönlichen Bezug hinterfragt. Abgeformte Körperteile, in diesem Fall die Hände und Unterarme der Künstlerin, werden in unterschiedlichen Stellungen und Aktionen arrangiert. on hold on, so der Titel der Ausstellung, wird hier mehrfach durchgespielt im Sinn von Innehalten und Überlegen, aber auch von Festhalten. Auf Leinwandbildern erscheinen Arme und Hände in trickreichen Stellungen, greifen ins Leere oder nach vertrackt ineinander verhakten Türklinken.

Die Dinge stehen nicht nur untereinander in Beziehung, sie sind in direkten Bezug gesetzt zu den Räumen der Galerie, deren roter Terrakottaboden schon so manchem Künstler Kopfzerbrechen bereitet hat. Johanna Strobel greift das Material auf und formt daraus Ziegelsteine und Körperteile bewusst für diesen Raum, den sie auch in anderer Hinsicht durch deutliche Eingriffe verändert hat, um die gewohnte Wahrnehmung zu stören. Fenster wurden verdeckt, Gucklöcher eröffnen neue Ausblicke, Türen wurden per Trompe-l’Œil-Malerei hinzu „gebaut“, mit Ziegelsteinmuster bedruckte Stoffe für Vorhang und Sitzpolster eingesetzt. Leichthändig hebelt Johanna Strobel Sehgewohnheiten aus und dreht der ehrwürdigen Kunst eine lange Nase.

Das Motiv der Ziegel hat ein konkretes Vorbild in Strobels New Yorker Wohnung, in der eine Ziegelmauer ein Geheimnis zu bergen scheint, das an Edgar Allan Poes schwarze Katze erinnert.

Ein Ding und sein Abbild

Zudem spielt die Künstlerin mit dem Unterschied zwischen Ding und Abbild – frei nach René Magrittes Statement, ein Bild von etwas sei nicht zu verwechseln mit einer Sache, die man berühren kann. Ambiguität, Mehrdeutigkeit, Wortspielereien wie das einen Pfeiler Dada-nah dekorierende Ohrnament reizen Johanna Strobel zu ausgeklügelten Interpretationen von realen Dingen, Umständen und Verhaltensweisen. Was ist wahr, was erscheint nur so und was passiert, wenn man es spiegelt, in sein Gegenteil verkehrt? Alternative facts?

Die in Regensburg geborene Künstlerin, die in ihrer Heimatstadt, in München und am Hunter College New York City neben Kunst auch Mathematik und Informationswissenschaft studiert hat, traut vermutlich auch einer mathematischen Formel nicht ganz über den Weg. Die Auflösung dieser trickreichen Spiele auf höherer Ebene liegt irgendwo zwischen objektiver Wahrheit und individueller Bedeutung, „in between“. (Ines Kohl)

Information: Bis 11. August. Städtische Galerie im Cordonhaus, Propsteistraße 46,
93413 Cham. Mi. bis So. 14-17 Uhr, Do. 14-19 Uhr.

Kommentare (1)

  1. Galerie Isabelle Lesmeister am 26.07.2019
    Herzlichen Dank für Ihren sehr treffenden Beitrag!

    In der GALERIE ISABELLE LESMEISTER in Regensburg läuft gleichzeitig eine Satellitausstellung der Chamer Ausstellung von Johanna Strobel. Eine Einzelausstellung der Künstlerin mit dem Titel
    IN TURN IN.
    Ausstellungsdauer bis 14. September 2019

    Die GALERIE ISABELLE LESMEISTER macht von 20. bis 31. August eine kleine Sommerpause.
    Von 3. bis 14. September ist die Ausstellung IN TURN IN von Donnerstag (Do-Fr 14-18 Uhr) bis Samstag (12-16 Uhr) zu sehen.

    Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
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