Kultur

Theodor G. Sellner, hier mit einem seiner Kunstwerke, ist tot. Er entwickelte ein eigenes Verfahren, Glas zu bearbeiten. (Foto: W. Zielonkowski)

14.03.2025

Er etablierte Glas in der Kunst

Zum Tod des niederbayerischen Künstlers Theodor G. Sellner

Unterordnen mochte er sich nie, nicht in der Schule, nicht im Studium. Theodor G. Sellner, geboren 1947 in Zwiesel im niederbayerischen Landkreis Regen und jetzt im nahe gelegenen Regenhütte gestorben, ging seinen eigenen Weg, auch wenn der schwerer war als vorgezeichnete Bahnen.

Nachdem er aus dem Passauer Internat geflohen war, absolvierte er die Glasfachschule in Zwiesel und begann 1974, mit Lampenglas erste Glasplastiken zu gestalten. Es entstanden verformte Alltagsgegenstände, wie man sie in der Zeit auch beim Vater der Studioglasbewegung in Deutschland, Erwin Eisch, findet, und neuartige Reliefs sowie vor der Lampe gearbeitete Plastiken mit gesellschaftskritischen Inhalten. Parallel dazu arbeitete er an schlichten Gefäßen mit eingeschmolzenen figürlichen Kompositionen in Graaltechnik.

Durch die Kombination von vor der Lampe gefertigtem und am Ofen frei geformtem Glas mit einer erweiterten, ausgefeilten Graaltechnik – ein Verfahren, für das er lange Zeit ein Patent hielt – erreichte Theodor Sellner eine neue malerische Qualität im Glas. Denn immer schon war da die Idee, mit dem Glas zu malen. Zum einen behandelte er das Glas als Bildträger, zum anderen haben die einfachen Gefäßformen allein schon von Volumen und Gewicht her eine ausgeprägte malerische Qualität.

Ein Gastspiel an der Akademie der Bildenden Künste in München war nur kurz, für ihn gab es dort nichts Neues zu lernen. Seine Devise war „Learning by doing“. Ein zweiter Grundsatz lautete: Immer, wenn man eine Technik beherrscht, muss man weiter fragen und wieder neue Wege suchen.

Zentrum für hochwertiges Glas

So schlägt sein Werk einen weiten Bogen von den Anfängen mit Lampenglas über frei am Ofen geformte Stücke, eindrucksvolle, archaische Arbeiten in Pâte de verre und – folgerichtig – große Installationen und Arbeiten mit Glas und anderen Materialien bis zu völlig freien Figuren, mit denen Sellner im künstlerischen Umgang mit dem Material neue Maßstäbe gesetzt hat.

1998 bot sich ihm die Gelegenheit, den Glashüttengutshof mit der Alten Kirche in Lohberg zu übernehmen. Sellner richtete dort eine Studioglashütte nach seinen Vorstellungen ein, ein Zentrum für hochwertiges, von Hand gefertigtes Glas. Von 1998 an war er dort bis Anfang 2007 vertreten. Für sein Engagement für das Überleben der Handglashütten im Bayerischen Wald und einen sanften Tourismus wurde er 2002 mit dem Glasstraßenpreis geehrt.

Seit 2000 entstanden die Friedenswächter, die überall dort, wo sie stehen, über den Frieden auf der Welt wachen sollen. Wie wir gerade heute wieder sehen, eine Idee von ewiger Aktualität, die als roter Faden sein Werk durchzieht.

Im Zuge der Studioglasbewegung, mit der er groß geworden ist, trug Theodor Sellner dazu bei, das Glas in der Kunst zu etablieren. Er belebte und interpretierte alte Techniken und Traditionen neu und leistete auch hier Wegweisendes. Sein künstlerisches Wollen zeichnete sich aus durch Freiheit und permanenten Wandel. In den letzten Jahren wandte er sich vermehrt der Malerei zu. Der Freigeist und Individualist war auf der Welt zu Hause, ganz bei sich aber im Bayerischen Wald, dort, wo das Glas seine Heimat hat.

Mit seiner Meinung hielt er nie hinter dem Berg, auch wenn das manchmal unbequem war, vor allem für andere. Mit seinem Tod geht ein Ära zu Ende. Die Studioglasbewegung ist nun Geschichte. (Ines Kohl)

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