Der Herzog von Leuchtenberg, Eugène de Beauharnais, war der Stiefsohn Napoleons und hatte die älteste Wittelsbacher Prinzessin, Auguste Amalie, heiraten müssen. Aber es war eine glückliche Ehe – bis zu seinem frühen Tod. Die Witwe hielt sein Andenken in Ehren – auch, um Ansprüche ihrer Kinder abzusichern. Eine Tagung in München brachte Neues ans Licht.
Am 21. Februar 1824 starb in München Eugène de Beauharnais, Herzog von Leuchtenberg, im Alter von 42 Jahren, tief betrauert von seiner Witwe Auguste Amalie, einer geborenen Prinzessin von Bayern. Denn obwohl die Ehe mit dem Stiefsohn Napoleons aus politischen Gründen arrangiert worden war, entwickelte sie sich glücklich. Doch nun war die Witwe allein mit sechs Kindern, die älteste Tochter war allerdings schon verheiratet.
Idealisiertes Vorbild
Spätestens von da an machte es sich Auguste Amalie zur Lebensaufgabe, nicht nur das geistige Erbe Eugènes zu bewahren, sondern auch den Rang ihrer gemeinsamen Nachkommen zu fördern und zu sichern. Das bereits zu Lebzeiten tugendreiche Bild Eugènes idealisierte sie nach dessen frühem Tod und erhob ihn zum Vorbild für ihre Kinder. Bis zu ihrem Lebensende 1851 (im Alter von nicht ganz 63 Jahren) wurde sie nicht müde, das Leitbild eines vorbildhaften Vaters zu vermitteln.
Gleichzeitig war die französische Abstammung und Verwandtschaft mit dem ehemaligen Kaiserhaus Teil des immateriellen Erbes Eugènes. Doch dies erwies sich ab 1825, in der Regierungszeit ihres Bruders, Bayerns König Ludwig I., der bekanntermaßen kein Freund Napoleons war, zunehmend als Problem. Keines ihrer Kinder blieb schließlich dauerhaft in Bayern. Sie heirateten in verschiedene Herrscherhäuser ein.
Eifrige Archivarin
Auguste Amalie als die eigentliche „Trägerin der Erinnerung“ gab ihnen nicht nur ihre Prinzipien mit auf den Weg, sondern auch jede Menge Souvenirs, darunter kunstvoll gestaltete Alben, in denen auf detailreichen Aquarellen unter anderem die Interieurs des Palais Leuchtenberg festgehalten waren. An ihrem zentralen Münchner Familiensitz, dem Palais am Odeonsplatz (heute Sitz des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat), sorgte sie für die sichere Aufbewahrung der Familienunterlagen. Das Leuchtenberg-Archiv (heute Bayerisches Hauptstaatsarchiv) wurde deshalb ebenso ein Hort der Erinnerungskultur an Eugène und die französischen Wurzeln seines Hauses, wie etwa die bis heute zu besichtigenden Räume in ihrem Sommerschloss in Ismaning.
Aus Anlass des 200. Todestags von Eugène de Beauharnais wurde vor Kurzem im Bayerischen Nationalmuseum eine internationale Tagung unter dem Titel „Die Herzen der Leuchtenberg. Erinnerungskultur(en) einer europäischen Adelsfamilie im 19. Jahrhundert“ in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Forum für Kunstgeschichte Paris und dem Freundeskreis Leuchtenberg e. V. veranstaltet.
Schätze in Stockholm
Es ging um viele Aspekte und man erfuhr von manch verborgenem Schatz, der ans Tageslicht befördert wurde: besonders in Stockholm, wo als letztes der Leuchtenberg-Kinder 1876 die Tochter Josephine verstarb. Sie hatte 1823 den späteren König Oscar I. von Schweden und Norwegen geheiratet. Josephine pflegte nicht nur die ihr von der Mutter überlassenen Souvenirs und Porträtgemälde; im Laufe der Zeit hatte sie weitere Erinnerungsstücke und Dokumente der Familie Leuchtenberg von ihren Geschwistern geerbt.
Ein für München äußerst interessanter Aspekt waren die Ausstattungsstücke aus dem Palais Leuchtenberg, zum Teil Erinnerungsstücke, die bereits von Eugènes Mutter Joséphine de Beauharnais, der Ehefrau Napoleons, stammten. Sie war zehn Jahre vor ihrem Sohn in ihrem Schloss Malmaison westlich von Paris gestorben. 1828 verkaufte Auguste Amalie dieses Schloss, verbrachte aber zahlreiche Ausstattungsstücke ins Münchner Leuchtenberg-Palais: darunter Möbel, Familienporträts, Dokumente sowie kleinere Gegenstände des Lebensumfelds.
Im Vorfeld der Tagung wurde dem Schicksal der Ausstattungsstücke und dem reichen Gemäldebestand des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Palais Leuchtenbergs anhand historischer Zeichnungen und Fotos sowie Inventarnummern nachgegangen. Über 300 Teile befinden sich heute in der Sammlung des Wittelsbacher Ausgleichsfonds (WAF), die meisten davon in Schloss Nymphenburg. Die wertvollsten dienen heute der Einrichtung der Repräsentationsräume von Herzog Franz von Bayern. Dazu zählt auch das 31-teilige Sitzmöbelensemble mit Stickereien à l’égyptienne.
Was diese Sitzmöbel angeht, musste mit einer Wittelsbacher Hauslegende aufgeräumt werden. Lange Zeit war man überzeugt, Kaiserin Joséphine und ihre Hofdamen hätten die aufwendigen Stickereien sogar eigenhändig ausgeführt. Dem war aber nicht so. Die Stühle, Sessel und das Kanapee mit den nach Napoleons Ägypten-Feldzug (an dem auch Eugène de Beauharnais teilgenommen hat) in Mode gekommenen ägyptischen Motiven wurden nachgewiesenermaßen von einem Pariser Schreiner mit Stickereien aus der Manufaktur von Mademoiselle Dubuquoy-Lalouette erst in den Jahren 1820/21 gefertigt – also zu einer Zeit, als Joséphine bereits mehrere Jahre zuvor verstorben war. (Cornelia Oelwein)
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