Kultur

„Pferdemarkt vor der Stadtmauer“ (Ausschnitt) von Wilhelm Velten; der zwar in St. Petersburg geboren war, aber in München seinen künstlerischen Lebensmittelpunkt gefunden hatte. (Foto: Andreas Brücklmair)

18.03.2016

Faible für die Münchner Schule

Im Augsburger Schaezlerpalais sind Gemälde-Raritäten des "Wollkönigs" Hermann Hugo Neithold zu sehen

Man kann sie schon als kleine Sensation bezeichnen: die Sonderausstellung einer Privatkollektion im Augsburger Schaezlerpalais. Erstmals werden dort 36 Gemälde und Zeichnungen aus der über 50 Werke umfassenden Sammlung von Hermann Hugo Neithold (1862 bis 1939) präsentiert. Bislang waren sie der Öffentlichkeit und auch dem Fachpublikum nahezu vollkommen unbekannt. Sie sind ein Leckerbissen für Liebhaber der Münchner Schule. Der in Leipzig geborene Sammler hatte es im Laufe seiner glänzenden Berufskarriere als Einkaufsleiter einer sächsischen Kammgarnspinnerei, die ihm das achtungsvolle Prädikat „Wollkönig“ einbrachte, zu Wohlstand und Vermögen gebracht. Die zweijährigen Forschungsarbeiten zu seiner Sammlung ergaben unter anderem, dass er etwa ein Drittel seines Guthabens für Kunstwerke ausgegeben hatte. Dies allerdings nicht nur, um einem ideellen ästhetischen Genuss zu frönen, sondern durchaus auch, um sein soziales Prestige auszubauen und nicht zuletzt als spekulative Geldanlage.

Landschaft im Fokus

Ab 1815, bereits als Privatier, widmete sich Neithold intensiv der Erweiterung seiner Sammlung zunächst mit eindeutiger Präferenz für konventionelle, naturalistische Gemälde von vornehmlich in München ausgebildeten und tätigen Malern. Dazu pflegte er in der Residenzstadt Dresden, seinem neuen Wohnsitz, engen Kontakt mit arrivierten Kunsthändlern und Galeristen vor Ort. So mit dem bedeutenden Kunstsalon Ernst Arnold, der auch in München Kunstausstellungen ausrichtete, wo Neithold häufiger die international renommierte Galerie David Heinemann zu Ausstellungen und Erwerbszwecken aufsuchte, mit dem bekannten Berliner Verleger und Kunsthändler Paul Cassirer und nicht zuletzt mit dem Frankfurter Kunsthändler Prestel. Die Landschaftsgemälde bilden thematisch eindeutig den Schwerpunkt der Sammlung. Im mehr konventionellen Bereich dieses Sujets begegnet man Carl Spitzweg mit seinen beiden Malerfreunden Eduard Schleich d. Ä. und Friedrich Voltz sowie Josef Willroider, aus dem Dachauer Künstlerkreis, dem Leibl-Freund August Splitgerber, Hugo König, Toni von Stadler sowie Wilhelm Velten. Dessen Münchner Lehrer Wilhelm von Diez wird in der Genregattung mit dem Gemälde Überfall seinem Ruf als „Maler der Landsknechte und Marodeure“ gerecht, den ihm der Redakteur der Münchner Zeitschrift Jugend, Fritz von Ostini, einst verpasste.

Modernes im Blick

Mit zu den Glanzpunkten der Ausstellung zählen die Landschaftsbilder von Max Liebermann und Wilhelm Trübner, das Stillleben von Lovis Corinth wie auch der lange in München arbeitende Schramm-Zittau mit seinem lichtdurchfluteten Biergarten. Mit dem Erwerb dieser stilistisch moderneren Werke wollte der Sammler auch seine fortschrittliche Einstellung im Hinblick auf Entwicklungen in der Kunstszene demonstrieren. Es ist überliefert, dass Hermann Hugo Neithold mit seinen Bildern lebte, sie nicht musealisiert präsentierte, sondern sie funktional verteilt in seinen Wohnräumen hängen hatte. Die Präsentation dieser privaten Kunstsammlung im Schaezlerpalais bietet eine gute Gelegenheit, den Kunstgeschmack eines typischen Vertreters des Großbürgertums in der Zeit nach der Jahrhundertwende kennenzulernen. (Reiner Oelwein) Information: Bis 5. Juni, Schaetzlerpalais, Maximilianstr. 46, 86150 Augsburg, Di. bis So. 10-17 Uhr.
www.kunstsammlungen-museen-augsburg.de

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