Kultur

In außergewöhnlicher Zwiesprache über rund 2000 Jahre hinweg begegnen sich Fritz Koenigs Bronzeskulptur "Großer Rossmensch" und der Barberinische Faun aus Marmor. (Foto: Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München)

13.12.2024

Faszinierende Begegnung

In der Münchner Glyptothek treffen Fritz Koenigs moderne Skulpturen auf Figuren der Antike

Es wirkt fast, als wären sie füreinander geschaffen worden, über die Jahrtausende hinweg: die griechische Jünglingsstatue aus der archaischen Periode und die Bronzefigur des Pferdemenschen von Fritz Koenig (1924 bis 2017). So wie sich die beiden jetzt in der Münchner Glyptothek direkt gegenüberstehen, mutet ihre Begegnung völlig selbstverständlich und folgerichtig an – aber eben darin liegt ob ihrer äußerlichen Verschiedenheit etwas Verblüffendes. Gemeinsam ist dem Pferdemenschen und dem Jüngling indes die statuarische, fast erratische Wucht ihrer Körperhaftigkeit, ihr unbewegtes Dasein.

In beiden Werken öffnet sich die plastische Form mit einer solchen Unmittelbarkeit in den Raum hinein, dass uns diese dritte Dimension selbst geradezu anzuspringen scheint, als würden wir ihrer eben erst gewahr. Was also immer auch Albert Einsteins Erkenntnis genau bedeuten mag, derzufolge Massen den Raum um sich herum krümmen – an großen plastischen Kunstwerken jedenfalls war immer schon eine andere Art von Gravitationsfeld spürbar, eine nicht nur auratische, sondern ganz körperlich-materielle Präsenz, die den Raum unserer Wahrnehmung nicht krümmt, sondern erst öffnet.

Alte und neue Kunst

Mythos & Moderne heißt die Ausstellung in der Glyptothek, die zum 100. Geburtstag Fritz Koenigs seine Arbeiten in einen Dialog mit der griechischen Antike bringt. Obwohl dabei zwar naheliegenderweise meist Werke mit mythologischen Sujets wie Ikarus, Janus oder eben Mischwesen aus Pferd und Mensch ausgewählt wurden, ist natürlich gerade auch das Wechselspiel der ästhetischen Kontraste und Übereinstimmungen besonders spannend, die sich zwischen alter und neuer Bildhauerkunst zeigen.

Aber es geht in der Schau nicht nur so ernst und gravitätisch zu wie im Saal der archaischen Jünglinge, die auf den Pferdemenschen treffen. Da, wo die griechischen Statuen bewegter, lebendiger, „menschlicher“ werden, sind auch dynamischere Plastiken Koenigs platziert, was teils sogar einen Schuss Komik in die ehrwürdigen Säle bringt: Nachgerade zum Wiehern ist etwa die Pferdefrau, die auf ihren Knicksbeinen tänzelt, während ausgerechnet die beiden starr vorstehenden Brustzylinder das einzig Statische an ihr zu sein scheinen.

Neben den Rossmenschen sind auch Klein- und Kleinstplastiken Koenigs gut vertreten, die antike Wagengespanne (Biga oder Quadriga, also Zwei- oder Vierspänner) darstellen. Aber es ist kein Wunder, dass diese Ausstellung uns quasi die Story vom Pferd erzählt; schließlich war der weltberühmte Bildhauer Koenig zugleich ein leidenschaftlicher Pferdeliebhaber, der an seinem niederbayerischen Wohnort bei Landshut ein angesehenes Gestüt betrieb.

Mahnmal an 9/11

Und keinesfalls fehlen darf beim Thema Mythos und Moderne ein Werk, das durch schreckliche Umstände selbst inzwischen fast zum Mythos geworden ist: die Große Kugelkaryatide, die vor dem World Trade Center in New York stand und, bei den Anschlägen 9/11 nur teilweise beschädigt, inzwischen als Mahnmal nahe dem früheren Ort wieder aufgestellt wurde. Zu sehen ist in der Glyptothek eine der zahllosen kleineren Vorarbeiten des 7 Meter hohen Werkes, in denen Koenig sich allmählich der endgültigen Gestalt annäherte. Aber ist nicht gerade das eine wunderbare Metapher für das Leben, in dem wir ja alle versuchen, unserer eigentlichen Gestalt allmählich näherzukommen? Nur meist mit deutlich mäßigerem Erfolg als Fritz Koenig in seiner Kunst. (Alexander Altmann)

Information: Bis 30. März. Glyptothek, Königsplatz 3, 80333 München. www.antike-am-koenigsplatz.mwn.de

 

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