Kultur

InterDucks Interpretation von Pieter Bruegels Schlaraffenland: Zu futtern gab’s selbst gebratenes Geflügel. (Fotos: interDuck)

06.08.2021

Geniestreiche aus Entenhausen

Die „Duckomenta“ im Ägyptischen Museum München erzählt die Kunst- und Kulturgeschichte auf etwas andere Art

Was würde wohl Onkel Dagobert dazu sagen? „Schockschwerenot“ wahrscheinlich, denn es ist durchaus möglich, dass man sich totlacht in dieser hochkomischen, hinreißend albernen und liebevoll gestalteten Duckomenta, die im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst zum Durchwatscheln einlädt. Duck in diesem Museum – das kann nur heiter werden, denn hier ist die gesamte Kunst- und Kulturgeschichte in „voll-enteter“ Form zu bewundern: Vom tiefgefrorenen Gletscher-Enterich Dötzi bis zum Gemälde mit kopfstehendem Erpel im Baselitz-Stil ähneln alle Figuren Donald Duck und seiner Sippe.

Faszinierend sind gleich schon die ältesten Enten-Idole, die haargenau der Venus von Willendorf gleichen – nur mit dem Unterschied, dass sie eben einen Schnabel im Gesicht haben. Ägypten spielt dann, beispielsweise mit der Büste der schönen Königin Duckfretete, im Museum Ägyptischer Kunst natürlich eine Hauptrolle. Absolut großartig aber auch die „antiken“ griechischen Vasenmalereien, in denen bürzelschwingende Duck-Figuren mit Hoplitenhelmen sich auf den Dez hauen. Wer immer schon das Gefühl hatte, dass die griechischen Vasenbilder die ersten Comics waren, dürfte sich hier triumphal bestätigt fühlen.

Für Lokalkolorit sorgt ein Münchner Kindl in Entengestalt, und selbstverständlich fehlen Cranachs Luther-Bildnis und Leonardo da Vincis Mona Lisa – jeweils mit Schnabel ausgestattet – ebenso wenig wie eine Kaiserin Sisi und als eindrucksvolles Beispiel der klassischen Moderne der Turm der blauen Enten von Franz Dark.

Fast makaber wird es aber in der Entenfassung des berühmten Bildes vom Schlaraffenland, das Original von Pieter Bruegel d. Ä. hängt in der Münchner Pinakothek: Zu den Leckereien, von denen die drei vollgefressen herumliegenden Erpel genascht haben, gehört nämlich unverkennbar auch gebratenes Geflügel.

Man muss kein Donaldist sein, um zu erkennen: Diese ganze Kultur-Ver-Entung, die seit Anfang der 1980er-Jahre von der Künstlergruppe interDuck betrieben wird, ist ohne die Tradition von Dada und Fluxus undenkbar, schraubt sie aber noch um eine Drehung weiter. Und mit solch konsequenter Fortführung dreht sie sogar dieser Tradition selbst noch eine lange Nase – pardon, einen langen Schnabel natürlich.

Aber schon der berühmte Entenhausener Philosoph Duckistoteles soll ja darauf hingewiesen haben, dass die Parodie des Großen und Anerkannten immer eine Infragestellung geltender Maßstäbe ist. Weil die dem Schöpferischen entgegenstehen, das die Norm durchbricht, scheint es fast eine Bedingung des Fortschritts, alles Kanonisierte durch den Kakao zu ziehen.
Der Geist von Punk und Respektlosigkeit, der sich darin zusätzlich manifestiert, wirkt derzeit wohltuender denn je. (Alexander Altmann)

Information: Bis 11. Januar 2022. Staatliches Museum Ägyptischer Kunst, Gabelsbergerstraße 35, 80333 München. Aktuelle Öffnungszeiten unter www.smaek.de

Abbildungen (von oben):
Duckfretete, eine ausgefallene Schönheit aus dem alten Ägypten. Mit von der Partie in dieser Schau ist auch das Genie Duckstein. (Fotos: interDuck)

 

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