Kultur

Starke Frauen, starke Inszenierung: Medea (Susanne Berckhemer), Jason (Gunnar Blume), Chor (Ulrike Requadt). (Foto: Jochen Quast)

27.03.2018

Im Fleischwolf der Leidenschaften

Eine großartige "Medea" von Euripides im Regensburger Theater am Bismarckplatz

Es gibt keinerlei Umschweife: Constanze Kreuschs Inszenierung der "Medea" von Euripides am Theater Regensburg steht von Beginn an mittendrin in Tragik und Unglück. An diesem erstaunlichen, hoch konzentrierten, intensiven und eindringlichen Theaterabend wird spürbar, was das ist, was als Geschick auf dem Menschen lastet: Dieses Unausweichliche, das Euripides in seinem Stück herausgearbeitet hat und in das die Menschen hineingedrückt werden wie in einen Fleischwolf des Daseins, weil sie blind sind und Opfer ihrer Leidenschaften. Es müssen bei "Medea" nicht einmal mehr die Götter verrückt sein, nein: Es reicht, dass der Mann Jason seine Frau Medea zu Gunsten einer besseren Liason abserviert und die sich bitter, wirklich bitter rächt. Wenn der eiserne Vorhang hochfährt, hört man Klagerufe. Schon da ist der Ton gesetzt. Und auch der Anblick. Dieser Bühnenraum (Ausstattung Monika Frenz) ist in sich schon ein Wunder: Hoch ist dieser Raum, der eine Erhabenheit züchtet als Ort für ein Spiel, das diese Erhabenheit permanent prägt und atmet. Der Bühnenboden ist eine spiegelglatte Wasserfläche, in der die Menschen ihre Kreise ziehen, das sie spritzend aufwühlen, das zuletzt aber immer wieder es selbst wird: kühl, glatt und unberührt. Korinth, wo das Stück spielt, ist eben nah am Wasser gebaut.

Jason als kleines, fieses Weichei

Mobile Bauzäune prägen ansonsten das Bühnenbild, weil immer etwas im Weg stehen muss; das menschliche Geschick eben. Auch das Licht (eingerichtet von Martin Stevens) trägt zu dieser Bühnenweihe voll Bühnenwehe mit bei; es kommt mild und magisch von der Seite, bevor noch ein überirdisches Hellblau von hinten das Geschehen in Cinemascope ausweitet. So beleuchtet man Düsteres. In dieser Umgebung dann dieses Drama, das diese Inszenierung aufsperrt und das Publikum direkt hinträgt zu Sprache und Inhalt in all ihrer fast glänzenden, kathartischen Gewalt. In der sehr eleganten Übersetzung von Peter Krumme gelingt es den Spielern, durch Ruhe und Konzentration den Text auf die Bühne zu bringen wie in einem Hochamt, sehr ausgestellt, nie exaltiert. Es erscheinen Wesen durch und durch gespenstergleich gepackt und schlussendlich zerdrückt durch die archaische Handlung. "Medea" wirkt hier auch wie ein sehr zeitloses Stück über die Stellung der Frau, ihr verdammtes Angewiesensein auf den Mann und seinen Schutz, ihr Hintangestelltsein in der Ökonomie des "Hauses", das stets einen Vorsteher zu haben hat. Und dennoch und gerade deshalb kann das Publikum in der Inszenierung von Constanze Kreusch zwei überaus starke Frauen mit großer Wucht bewundern, die menschliche Dimensionen ins Tragische bringen: Ulrike Requadt als der Chor der Frauen und Susanne Berckhemer in der Titelrolle. Eines ihrer Gegenüber ist Gunnar Blume als Jason. Auch das sollte man gesehen haben: Wie er diesen Mann als kleines, fieses Weichei zeichnet: Sternstunde im Regensburger Bismarckplatztheater.
(Christian Muggenthaler)
Die nächsten Aufführungen: 28. März, 3., 21. April, 6., 13., 24. Mai. Kartentelefon: 0941/5072424

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll die tägliche Höchstarbeitszeit flexibilisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.