Kultur

Die Bayreuther Festspiele? Kann man längst auch live vom heimischen Kino aus verfolgen – in ausgezeichneter Bild- und Tonqualität. Viele Kinos setzen auch auf Events. (Foto: dpa/Jörg Carstensen)

10.01.2025

Opernarien und komfortable Sessel

Die Kinos setzen inzwischen auf weit mehr als nur auf gute Filme – die Zukunftsaussichten der Branche sind gar nicht so schlecht

Am 15. Januar schließt sich der Vorhang des altehrwürdigen Münchner Filmtheaters am Sendlinger Tor nach 112 Jahren möglicherweise für immer. Zumindest endet dann nach jahrelangem Rechtsstreit mit dem Vermieter die Ära der Betreiberfamilie Preßmar. Als letzten Film zeigt sie bezeichnenderweise Rama Dama von Joseph Vilsmaier, bevor tatsächlich alles ausgeräumt wird. Schon am 30. Dezember schloss die Filmburg Sonthofen im Oberallgäu – ebenfalls nach mehr als 100 Jahren Kinobetrieb. Immerhin freiwillig: Die Familie Deidl hat das Gebäude an einen Investor verkauft. Ein paar Monate zuvor, im August, gab der Schrobenhausener CinePark bekannt, dass das einzige Kino in der oberbayerischen Stadt nicht mehr öffnen wird. Das Jahrhunderthochwasser war im Juni auch in den CinePark eingedrungen, es hätte Millionen Euro gekostet, es zu erneuern. Das war der Vermieter nicht bereit zu investieren.

Drei Kinos, drei unterschiedliche Gründe, warum es nicht mehr weitergeht. Und doch könnte man den Eindruck gewinnen, dass ihr Ende symptomatisch für den Zustand der Kinolandschaft in Bayern steht – spätestens seit der Corona-Pandemie und den Regelungen für den Kulturbetrieb, der auch für die Kinos Folgen hatte. Etlichen Betrieben stand das Wasser bis zum Hals und darüber hinaus. Zumal nach dem Ende der Beschränkungen das Publikum nur zögerlich zurückkam. Doch tatsächlich gibt es Grund für Zuversicht.

Kinosterben? Weit gefehlt

Ein großes Kinosterben gibt es nach wie vor nicht. Die Zahl der Kinos ist in Bayern stabil bei rund 290 Häusern geblieben. Der Umsatz ging zwar bundesweit zurück, das lag aber laut dem Dachverband der Kinobetreibenden HDF Kino vor allem an den Nachwirkungen des Hollywoodstreiks, infolge dessen zahlreiche Filmprojekte verschoben werden mussten. Für das Jahr 2025 sei man optimistisch, teilt der Verband auf Anfrage der Staatszeitung mit: „Sowohl im internationalen Blockbuster-Segment als auch im deutschen Film stehen nicht nur Fortsetzungen großer Erfolgsgeschichten an, sondern auch zahlreiche neue Produktionen, die frische Impulse setzen und das Kinoangebot weiter bereichern werden.“

Seit einigen Jahren setzen die Kinos auch auf die Übertragung von Events – mit immer größerer Nachfrage. Ein historisches David-Bowie-Konzert, eine Liveübertragung aus der Metropolitan Opera in New York, ein Theaterstück aus dem National Theatre in London: Das alles lässt sich mit gestochen scharfen Bildern und hervorragendem Klang in Kinoatmosphäre erleben. Andere Kinos wandeln sich zu regelrechten Kulturforen. Das vielfach für sein Programm ausgezeichnete Fürther Babylon-Kino bietet etwa regelmäßig Jamsessions, Ausstellungen oder auch mal eine Pop-up-Modenschau an.

Auch in den Programmkinos von Markus Eisele und Christian Pfeil setzt man punktuell auf Aktionen und Events, allerdings eher auf welche, bei denen immer noch der Film im Mittelpunkt steht. Etwa Flatrate-Tarife und regelmäßige Gesprächsabende mit Regisseuren. Besonders ist, dass Eisele und Pfeil als Arthouse-Kinobetreiber auf Expansion setzen: Sie betreiben vier Kinos in München – das Arena-Filmtheater, das Monopol, den Rio-Filmpalast und das Neue Maxim – sowie Kinos in Fürstenfeldbruck und Gera.

Arthouse auf Expansionskurs

Zum Jahreswechsel haben sie ein weiteres renommiertes Filmtheater, das Regina in Regensburg, übernommen. „Wir würden das nicht machen, wenn wir nicht an die Zukunft des Kinos glauben würden“, sagt Eisele. „Wir hatten fast überall deutliche Zuwachsraten und sind fast überall wieder auf Vor-Corona-Niveau.“ Er kenne zwar andere Kinobetreiber, die sich nach wie vor schwertäten. Er wisse aber auch von einigen, die ähnlich gute Zahlen hätten wie sie. Man müsse sich weder ums Mainstreamkino noch ums Arthousekino Sorgen machen. 

„Was mehr denn je zählt, ist, dass man seine Hausaufgaben gemacht hat“, sagt Eisele. Gutes Bild und guter Ton seien seit der Umstellung auf Digitaltechnik überall Standard. „Woran es oft hapert, ist die Aufenthaltsqualität.“ Die Mehrheit findet es nicht kultig, wenn man sich beim Weg durch die dunklen Reihen das Schienbein am nicht mehr hochklappbaren Kinosessel stößt, das Snackangebot beim Supermarkt-Schokoriegel endet, man nur bar bezahlen kann und das einzige Toilettenwaschbecken defekt ist.

Jedes Jahr werde etwas in ihren Häusern erneuert, erklärt Eisele. Vor zwei Jahren erhielt das Rio ein neues Foyer, dazu wurde der Saal 1 des Arena-Filmtheaters im 20er-Jahre-Stil umgebaut. Im Vorjahr gab es in Fürstenfeldbruck eine neue Bestuhlung, inklusive weiterer besonders bequemer Plätze. „Das lohnt sich, die kann man dann ja auch teurer verkaufen“, betont der Kinobetreiber.

Eine Studie der Cineplex-Gruppe bestätigt das. Investitionen in die Modernisierung von Foyers und Sälen führten demnach zu Besuchssteigerungen von bis zu 30 Prozent. Nicht jedes Kino kann sich die Investitionen aber leisten. Der Dachverband HDF Kino appelliert dabei auch an die Politik. „Wir wollen nachhaltiger werden und unserem Publikum eine höhere Aufenthaltsqualität bieten.“ Das könnten die Kinos aber nicht alles aus eigener Kraft stemmen. Dafür brauche es auch eine finanziell gut ausgestattete Investitionsförderung. Immerhin lobte die HDF-Vorstandsvorsitzende Christine Berg jüngst bei der Verleihung der Programmprämien die Unterstützung durch den FilmFernsehFonds Bayern.

1,4 Millionen aus Bayern

Dieser prämierte nicht nur das Programm von 79 Kinos mit 800 000 Euro. Über sein Investitionsförderprogramm werden in diesem Jahr weitere 1,4 Millionen Euro ausgeschüttet. Unter den bezuschussten Projekten findet sich auch ein Kinoneubau: Im schwäbischen Langerringen soll ein Filmhaus mit vier Sälen entstehen. Auch dort glaubt man also an die Zukunft des Kinos. (Thorsten Stark)
 

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