Ein klein wenig gruselig sieht sie aus, die „eiserne Hand“ des Ritters Götz von Berlichingen. Und es ist kaum zu glauben, dass man solche Prothesen schon vor fast 500 Jahren fertigen konnte. Die Finger lassen sich in mehreren Gelenken bewegen und können mit Federdruck wieder in die Ausgangslage zurückschnellen, das Handgelenk lässt sich drehen. Der Besitzer dieser „eisernen Hand“ ist noch heute vielen Menschen namentlich bekannt. Das liegt daran, dass ihm Johann Wolfgang Goethe in seinem Schauspiel „Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand“ ein deftiges Zitat in den Mund gelegt hat.
Was war das für einer, dieser Götz? Auch sein Leben lässt die kommende Bayerische Landesausstellung Revue passieren:"Ritter, Bauern, Lutheraner" ist sie überschrieben - Ausstellungsort ab 9. Mai ist diesmal Coburg (Veste und Kirche St. Moritz).
Vom „armen Ritter“ zum Helden Goethes
Hätte Götz in Italien gelebt, man würde ihn einen „Condottiere“ nennen. Er lebte vom Krieg für verschiedene Parteien, er war ein Kriegsunternehmer. Geboren wurde er um 1480 in ein fränkisches Herrengeschlecht, in einer schwierigen Zeit für den Niederadel, der von der Landwirtschaft und dem Waffenhandwerk

lebte. Die großen Zeiten der Ritter waren vorbei. Im Reich galt ab 1495 der „Ewige Landfriede“, Fehden waren verboten. Städtische Kaufleute waren zumeist reicher als die sprichwörtlichen „armen Ritter“. Diese kämpften um ihre Unabhängigkeit, verdingten sich trotzdem nicht selten bei den mächtigen Landesfürsten.
So auch der junge Götz, der zunächst König Maximilian I. auf Feldzügen begleitete und im Jahr 1504 in den Dienst Herzog Albrechts IV. von Bayern-München trat. Für ihn kämpfte er im „Landshuter Erbfolgekrieg“.
Während eines Gefechts auf den Wiesen von Altdorf bei Landshut am 13. Juli 1504 traf Götz eine verirrte Kugel aus den eigenen Reihen. Seine rechte Hand wurde wohl vom zersplitternden Schwertknauf zerschmettert und musste am Handgelenk amputiert werden.
Wie er als alter Ritter in seiner vierzig Jahre später verfassten Lebensbeschreibung im Stil eines Ritterromans berichtet, sei ihm noch auf dem Krankenlager die Idee für die eiserne Hand gekommen. Sie sollte zu seinem Markenzeichen werden. Eine erste Prothese erlaubte es, die Nachbildung der Finger in drei verschiedenen Positionen einrasten zu lassen. Die um 1530 gefertigte zweite Prothese konnte mit Schienen am Unterarmstumpf befestigt werden, wog 1.500 Gramm und soll ihrem Träger auch feinmotorische Tätigkeiten ermöglicht haben. So habe er sowohl Schwert wie Federkiel halten und sogar den Abzug einer Arkebuse betätigen können.
Feldherr im Bauernkrieg
Solche Fertigkeiten brauchte der kriegerische Götz, der selten einem Konflikt aus dem Weg ging. Nach dem Angriff auf einen Warentransport Nürnberger Kaufleute geriet er in Reichsacht. Während des Deutschen Bauernkrieges 1525 war er gezwungen, als Anführer des „Odenwälder Haufens“ der Bauern zu dienen. Später wurde er dafür angeklagt, Burgen und Klöster niedergebrannt zu haben. Götz argumentierte, dass er nur Schlimmeres habe verhindern wollen, wurde freigesprochen und dann doch für eineinhalb Jahre im Augsburger Kreuztorturm eingekerkert. Im Jahr 1540 löste Kaiser Karl V. die Reichsacht; der damals schon 60jährige Ritter unterstützte den Kaiser im Krieg gegen die Türken und gegen Frankreich. 1562 starb Götz friedlich auf seinem Stammsitz, Burg Hornberg, im damals biblischen Alter von über 80 Jahren.
Er hatte ein für seinen Stand und für seine Zeit bezeichnendes Leben geführt, geprägt vom Bedeutungsverlust der Ritter, vom Bauernkrieg, von der Auseinandersetzung altgläubiger und lutherischer Reichsstände. Diese Gleichzeitigkeit von Untergang und Aufbruch war es wohl auch, die den jungen Goethe so fasziniert hatte, dass er ausgerechnet den fränkischen Ritter Götz zum Helden eines nationalen Schauspiels machte – und ihn mit einem Ausspruch, den jeder kennt und niemand komplett zitiert, unsterblich werden ließ. (
HDBG)
Information: Bayerische Landesausstellung "Ritter, Bauern, Lutheraner",Veste Coburg und Kirche St. Moritz in Coburg, 9. Mai bis 5. November, täglich 9-18 Uhr.
www.hdbg.de
Abbildung: Glasgemälde mit dem Porträt des Götz von Berlichingen aus dem Freiherrlich von Berliching´schen Archiv, Jagsthausen. (Foto: Haus der Bayerischen Geschichte/Willi Pfitzinger)
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