So angejahrt, ja angestaubt wie Thomas Bernhards Bühnentexte heutzutage zuweilen wirken, so unverwüstlich ist doch ihre Wortgewalt, die sich zwischen Scharfsinn und Blödsinn austobt. Das Theater Erlangen macht aus dieser Not eine Tugend, nimmt den österreichischen Theaterberserker, der im Februar 80 Jahre alt geworden wäre, gleichsam beim Wort und stellt seine Abrechnung mit dem Theater, die 1985 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführte Komödie Der Theatermacher, als bewusst verstaubte Farce auf die Bühne, auf der folgerichtig und symbolträchtig viel echter Staub aufgewirbelt wird.
Dazu stellt Bühnenbildnerin Caroline Mittler auf die Bühne des barocken Markgrafentheaters einen beeindruckend heruntergekommenen Wirtshaussaal, der mit zerfetzten Tapeten, aus den Wänden hängenden Kabeln und vergilbten Bildern (nebst Hitler-Porträt) den Charme einer verschwitzten Turnhalle verbreitet: Passendes Ambiente für die familiäre Tourneetheatergruppe des einstigen Staatsschauspielers Bruscon, der mit seiner Tragödie Das Rad der Geschichte im Wirtshaus „Zum schwarzen Hirsch“ im niederösterreichischen Provinznest Utzbach gastiert.
Die Paraderolle der Titelfigur ist dem Schauspieler Thomas Marx wie auf den Leib geschrieben – und er gibt den in einer endlosen Suada schwadronierenden Bruscon – Theaterdirektor, Autor und Regisseur in einer Person – als nörgelnden, schimpfenden, grantelnden Theatertyrannen, der seine Familientruppe, bestehend aus Ehefrau (Regine Vergeen), Tochter (Linda Foerster) und Sohn (Robert Naumann), mit seinen Sottisen bis aufs Blut schikaniert, drangsaliert und demütigt.
Am schlimmsten aber trifft es den Wirt, den Winfried Wittkopp in seiner fast stummen Rolle zum kopfschüttelnden, weder das Theater noch die Schauspieler ernst nehmenden Stoiker stilisiert.
Dominik von Guntens Regie spitzt den Theatermacher zur bösen Farce zu, übertreibt freilich mit Klamauk und Kalauern, mit Slapsticks, Schweinegrunzen und Sitcom bis hin zum Bauerntheater hart am Rande des Komödiantenstadls, wo dann die Tochter zum Trampel, der Sohn zum Trottel und die Ehefrau als jede Rolle verhustende Heroine zur Lachnummer werden. Thomas Bernhards Theatersatire als Volkstheater: vom hörbar amüsierten Publikum mit kurzem, aber heftigem Beifall bedacht.
(Friedrich J. Bröder)
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