Die Inflation bringt auch Theater in die Bredouille. Denn von allgemeinen Kostensteigerungen sind auch sie betroffen. Heizkosten, Löhne der Beschäftigten, Mieten – alles wird teurer. Ohnehin erwirtschaften Theater keine Gewinne, sondern sind im Gegenteil auf öffentliche Zuschüsse angewiesen. Oder auf Sponsoring – doch auch da sitzt das Geld nicht mehr so locker.
BSZ: Frau Stolz, vor welchen Herausforderungen steht das Stadttheater Fürth?
Silvia Stolz: Wir haben finanzielle Herausforderungen, das Publikum wird immer diverser und wir arbeiten immer mehr, als unser Personalstamm hergibt.
BSZ: Wie sehen die finanziellen Herausforderungen aus?
Stolz: Das Theater ist seit Jahren in den Miesen. Das Jahresergebnis 2023 belief sich auf ein Minus von rund 740 000 Euro. Aktuell beläuft sich der gesamte Schuldenstand auf circa 3,8 Millionen Euro.
BSZ: Könnten Sie diese Summe abbauen?
Stolz: Das schaffen wir nicht. Allein die Inflation und die allgemeinen Kostensteigerungen schlagen derart ins Kontor, dass wir keine Chance haben.
BSZ: Sie meinen also Energiepreise, Personalkosten und so weiter?
Stolz: Ja, aber auch die Gastspielhonorare und Materialkosten steigen. Doch auf Gastspiele und auf Eigenproduktionen können wir nicht verzichten, denn davon lebt unser Haus. Unser Publikum fragt nach beidem.
BSZ: Leidet auch das Stadttheater Fürth an Publikumsschwund?
Stolz: Zum Glück nicht – bei uns ist das Gegenteil der Fall. Wir haben steigende Besucher- und Abozahlen.
BSZ: Woran liegt das?
Stolz: Am vielfältigen Programm und am Intendantenwechsel. Viele Menschen wollen eben sehen, was die Neue so anders macht. Und wir haben die Abostruktur verändert.
BSZ: Das heißt?
Stolz: Wir haben gemischte Abos aufgelegt, sodass die Zuschauer aus allen Sparten etwas haben. Und um der fränkischen Volksseele Tribut zu zollen, haben wir das Bassd-scho-Abo etabliert. Darin sind die Highlights der Saison enthalten.
BSZ: Woher kommen die Zuschauer?
Stolz: Vor allem aus Fürth, der Metropolregion Nürnberg, aber auch von weiter her. Bei international renommierten Tanztheaterveranstaltungen oder bei den Musical-Eigenproduktionen kommen die Zuschauer sogar aus Hamburg oder München zu uns.
BSZ: Was ja für die Qualität Ihres Spielplans spricht.
Stolz: Den können wir zum Glück noch ohne externe Einflussnahme gestalten.
BSZ: Wie meinen Sie das?
Stolz: Wenn ich so manche Kollegen im Osten Deutschlands höre, dann gibt es dort angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen zumindest schon Versuche der inhaltlichen Einflussnahme.
BSZ: Sie denken an das Erstarken der AfD in Sachsen und Thüringen?
Stolz: Ja, genau. Aber Theater muss gerade in einer Zeit, in der die Gesellschaft immer weiter auseinanderdriftet, ein Ort der Begegnung und Diskussion sein. In Zeiten der Umwälzung, des Einsatzes von künstlicher Intelligenz und des immer stärkeren Einflusses von sozialen Medien ist das Theater umso wichtiger. Durch das Unmittelbare, das Reale, das auf der Bühne stattfindet, sind die Menschen gefordert, sich damit auseinanderzusetzen, darüber zu sprechen.
BSZ: Sie finden also, Theater stärkt die Demokratie?
Stolz: Zweifellos. Gerade der Diskurs kommt angesichts der vielen virtuellen Möglichkeiten immer mehr zu kurz.
BSZ: Was bietet das Stadttheater an Diskussionsmöglichkeiten für die Zuschauer?
Stolz: Wir bieten Theatergespräche unmittelbar nach der Aufführung, Matineen, Premierenfeiern, Einführungen, Workshops und nicht zuletzt unser großes Community-Projekt, den „Brückenbau“. Das ist ein Mitmachprojekt für alle.
BSZ: Die öffentlichen Haushalte sind wegen der wirtschaftlichen Negativentwicklung hierzulande sehr angespannt. Sind Sparvorhaben im Bereich der Kultur dann Demontageprogramme für die Demokratie?
Stolz: Solche Sparvorschläge sind sicher der Demokratie und der Diskussionskultur nicht förderlich. Sie spielen radikalen Kräften an den politischen Rändern in die Hände.
BSZ: Und schon sind wir wieder bei den Finanzen. Wie viel trägt der Kartenverkauf zur Deckung der Kosten des Stadttheaters Fürth bei?
Stolz: Das Einspielergebnis in deutschen Theatern liegt im Durchschnitt bei 16 Prozent. In Fürth liegt es zwischen 28 und 29 Prozent.
BSZ: Um kostendeckend arbeiten zu können, müssten Sie also die Eintrittspreise drastisch erhöhen, was natürlich nicht geht, weil dann das Publikum ausbleibt.
Stolz: So sieht es aus.
BSZ: Erhalten Sie ausreichend Zuschüsse vom Freistaat?
Stolz: In Bayern gibt es ja viele Theater. Aber wir hier in Fürth erhalten mit 680 000 Euro mit am wenigsten.
BSZ: Das Stadttheater lebt auch von Zuwendungen der Fürther Unternehmerschaft. Fließt noch Geld, oder reduzieren die Firmen wegen der wirtschaftlichen Situation ihr Engagement?
Stolz: Eine Firma hat ihren Sponsorenvertrag gekündigt. Alle anderen sind uns nach wie vor treu.
BSZ: Viele Theater müssen saniert werden. Wie ist das mit dem Stadttheater Fürth?
Stolz: Eine Großsanierung steht zum Glück nicht an. Aber die Umstellung auf LED-Beleuchtung und ein neuer Bühnenboden sind fällig. Auch die Sandsteinfassade des Hauses muss saniert werden.
BSZ: Wie sehen Sie allgemein die Zukunft des Theaters? Manche Branchenkenner gehen davon aus, dass man so große Häuser gar nicht mehr braucht.
Stolz: Dieser Meinung bin ich nicht. Theater muss sein. Und unser Haus mit seiner Kapazität für 700 Zuschauer ist gerade richtig. Denn Theater finden sich zu 90 Prozent in Metropolen. Aber 70 Prozent der Bevölkerung leben auf dem Land. Also müssen die Häuser in den Städten auch das Umland bedienen.
BSZ: Das klappt in Fürth besonders gut, weil die Anfangszeiten der Vorstellungen unter Ihrem Vorgänger von den üblichen 20 Uhr auf 19.30 Uhr vorverlegt wurden.
Stolz: Damit hatte man sich am Fahrplan der Busse und Bahnen orientiert. Die Menschen sollen ja auch wieder problemlos nach Hause kommen können. Aber es klappt auch deswegen gut, weil unser Programm sehr vielfältig ist.
(Interview: Ralph Schweinfurth)
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