Kultur

Sowohl im Gesang als auch in der Darstellung überzeugt Elena Batoukova-Kerl als gedemütigte und von Hass getriebene Elektra. (Foto: Nik Schölzel)

13.10.2023

Tanz in den Tod: Würzburg zeigt "Elektra" als packendes Kammerspiel

Das Mainfranken Theater Würzburg zeigt „Elektra“ von Richard Strauss als packendes Kammerspiel

Vor rot ausgeleuchtetem Hintergrund ein erhöhter, offener weißer Kubus in der Mitte der Bühne als angedeutetes Haus der Atriden, dazu weiß gekleidete Dienerinnen – darunter aber im Dunkel sieht man Müll, einen zerstörten Kronleuchter, und in diesem Gerümpel eine schwarze zerlumpte Frau mit zottigem Haar: Elektra.

So beginnt in der Blauen Halle des Würzburger Mainfranken Theaters die Oper Elektra von Richard Strauss nach dem Libretto von Hugo von Hofmannsthal. Wohin aber mit der gewaltigen Besetzung dieses 1909 uraufgeführten einaktigen Werkes? Mit seiner leicht reduzierten eigenen Fassung gelingt es Dirigent Enrico Calesso, diesen Riesenapparat auf der engen Ausweichspielstätte unterzubringen und trotzdem ein mitreißendes Klanggemälde zu entwerfen: Die Blechbläser samt Wagner-Tuben sind auf der Bühne rund um das Atriden-Haus postiert, das verstärkte Philharmonische Orchester sitzt im Graben und kann bestens das Rauschhafte, Überwältigende und Aufwühlende mit auch lyrisch-romantischen Momenten vermitteln.

Psychotische Fixierung

Die packende Wirkung wird gesteigert durch die geschickte Personenregie von Nina Russi im Verein mit dem Bühnen- und Kostümbild von Julia Katharina Berndt: Es ist eine Konzentration auf wenige entscheidende Mittel wie bei einem Kammerspiel. Der Schwarz-Weiß-Kontrast dominiert, ergänzt durch die Blutfarbe Rot.

Alles ist ausgerichtet auf das Seelenleben von Elektra und deren psychotische Fixierung auf die Rache für den Mord an ihrem Vater Agamemnon durch ihre Mutter Klytämnestra und deren Liebhaber Ägisth. Getrieben von unversöhnlichem Hass vegetiert Elektra dahin, wartet auf ihren Bruder Orest als Vollstrecker der Vergeltungstat. Als diese vollzogen ist, tanzt sie in den Tod.

Diese Elektra ist hier eine zutiefst Gedemütigte, Verstoßene. Sie kriecht auf dem Boden herum, sie bewegt sich in schleppendem Gang in schweren Schuhen, in schmutzig schwarzem Kleid. Sie gestikuliert verzweifelt mit den Armen. Elena Batoukova-Kerl gestaltete bravourös diese Figur sowohl darstellerisch als auch sängerisch. Ihr großer, nie scharfer, dramatischer Sopran vermag alle Facetten ihrer inneren Erregung auszudrücken: vom heftigen Ausbruch mit großer Höhe bis zu fahlen Nuancen und fast gesprochenen Passagen, aber auch mit feinen, leisen Momenten.

Elektras Widerpart ist die elegante, schlanke, geschmeidig sich bewegende Klytämnestra im rot glänzenden Schleppenkleid. Sanja Anastasia verleiht dieser Mörder-Mutter mit ihrem hell-dynamischen, energiegeladenen Mezzosopran die nötige innere Unruhe und kraftvolle Schärfe angesichts der sie schreckenden Albträume.

Margarita Vilsone zeichnet glaubhaft eine mädchenhafte, blonde Chrysothemis im weiß-schwarzen Kleid mit roter Stola, die sich nach einem Leben als Frau in Freiheit sehnt und sich gegen Gewalt sträubt; sie unterstreicht das mit ihrem hellen, fein nuancierten Sopran und viel Elan in der Stimme.

Als Ägisth kann Brad Cooper nur kurzzeitig mit seinem schönen Heldentenor imponieren, denn er wird bald brutal von Orest umgebracht, den Kosma Ranuer Kroon wie starr gesteuert von seiner Schwester Elektra mit trockenem, sicheren Bariton verkörpert. (Renate Freyeisen)

 

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